Im Zeichen der Menschlichkeit
entflammbare Zelluloid in Bunkern gelagert wurde. Aus dem Feuerlöschteich sprudelt heute eine Fontäne. Der lachsfarbene Neubau verfügt über breite, rollstuhlgerechte Türen und Flure, geräumige Lagerhallen und flexibel umbaubare Produktionsräume. Im Werkstattladen verkaufen die Behinderten selbstgefertigte Keramik, Blumenampeln, Vogelhäuschen und Filzhüte. Und natürlich die Weine der Kollegen von der Mosel.
Mit allen Wassern gewaschen
Bereits in der Kaiserzeit betrieb das Rote Kreuz 451 »Kinderbewahranstalten«, darunter auch die in Swinemünde. Erst als in den siebziger Jahren das Zölibat für die Schwestern fiel und die Sozialarbeit generell einen Aufschwung nahm, konnte diese Tradition in einem ähnlichen Umfang fortgeführt werden. Zunächst oft nur für die Kinder der Mitarbeiter gedacht, öffneten die Kindertagesstätten ihre Türen bald auch für die Nachbarschaft, und heute betreibt das DRK 1300 davon. Seit 1993 verfügt auch die Lübecker Schwesternschaft über eine Kita, die in der Beletage des hochherrschaftlichen Mutterhauses residiert. Die einstigen Schwesternzimmer wurden in einen Bewegungs- und einen Werkraum, ein Traumzimmer mit Matratzenhöhle, einen Krabbelbereich und eine Künstlerstube umfunktioniert. In der Mini-Küche können die Kleinen selber köcheln, Erdbeeren und Kartoffeln kommen aus dem eigenen Garten. Zweimal im Jahr legen sie bei jedem Wetter eine Waldwoche ein. Kinder mit unzureichenden Deutschkenntnissen erhalten gezielte Förderung, aber auch alle anderen werden zweisprachig stimuliert, gibt es doch einen Erzieher, der nur Niederdeutsch mit ihnen spricht. Dass die Einrichtung aufgrund des Schichtdienstes vieler Rotkreuzmitarbeiter von sechs Uhr früh bis neun Uhr abends geöffnet hat, macht sie auch für ähnlich beanspruchte Berufsgruppen attraktiv.
Zum spezifischen Rotkreuzprofil gehören Erste-Hilfe-Spiele. »Der Teddy braucht Hilfe«, heißt das Programm des Jugendrotkreuzes, bei dem die Kinder das Anlegen von Verbänden oder das Absetzen eines Notrufs üben. Mit Wundschminke und Verbänden präpariert, können sie es kaum erwarten, bis die Erzieherin wieder hereinkommt und ganz entsetzt ausruft: »Was ist denn mit unseren Kindern passiert?«
Mit den Helfern der Wasserwacht hat sich eine besondere Zusammenarbeit entwickelt: Sie gewöhnen die Kinder im Therapiebad des benachbarten Krankenhauses ans nasse Element. Im Sommer statten diese den Wasserrettern dann einen Gegenbesuch ab, draußen am Priwall, dem Lido von Lübeck. Der derart weitläufig ist, dass als Rettungsfahrzeug ein Quadbike zum Einsatz kommt. Wo heute die Strandläufer hinüber nach Mecklenburg traben, ohne es recht zu merken, war vierzig Jahre lang die Welt zu Ende: Die innerdeutsche Grenze machte die Halbinsel in der Travemündung faktisch zur Insel. Nachts schallte das Gebell der Kettenhunde herüber, und ab und zu ging eine Mine hoch. Die beiden Wachtürme sind längst verschwunden, der kastenförmige Holzturm der Wasserwacht aber ragt noch immer auf. »Nie wieder geteilt«, prangt auf einem Gedenkstein.
Bei der Wasserwacht ist die Nachwuchsarbeit traditionell stark ausgeprägt. Bei der dienstältesten »Wasserwehr« Deutschlands etwa, die 1883 in Regensburg gegründet wurde, sind siebzig Kinder und Jugendliche aktiv. Zusätzlich zum Schwimmtraining findet alle zwei Wochen eine Gruppenstunde im Lehrzentrum unweit des Westbads statt; die Donau schimmert durchs Fenster. Mal steht Erste Hilfe auf dem Programm, mal Knotenkunde, mal Naturschutz. Mit sechzehn können die Junioren dann in den aktiven Dienst eintreten und die entsprechenden Fachausbildungen machen: Wasserrettung, Sanitätsdienst, Sprechfunk, Rettungstauchen. Im Sommer besetzen die Helfer an den Wochenenden zwei Stationen an der Donau und eine an einem Weiher. Das Spektrum der Notfälle reicht vom Wadenkrampf bis zum Herzinfarkt. Alle paar Monate müssen sie jemanden aus dem Fluss fischen. Die einen fallen vom Fahrgastschiff, die anderen springen von der Steinernen Brücke. Neulich erst wollte eine Spaziergängerin ihren Hund retten und musste dann stark unterkühlt an der Kaimauer geborgen werden.
Auch wenn die Stationen nicht besetzt sind, geht das Boot acht bis zehn Minuten nach einem Notruf vom Steg. Im Winter steht es mit vorgeheiztem Motor bereit. Horst Happach, der Leiter der Ortsgruppe, ist im Büro von einer Batterie von Funkgeräten umgeben, vor der Tür stehen die Rettungsrucksäcke Spalier, prall bepackt mit Medikamenten,
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