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Im Zeichen der Roten Sonne

Im Zeichen der Roten Sonne

Titel: Im Zeichen der Roten Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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glänzenden Gesichter. Der Anführer war noch jung. Er hatte hohe Wangenknochen und eine Adlernase. Eine schlecht verheilte Narbe wölbte sich wie eine Geschwulst dicht unter seinen Lippen.
    Ki-Muns Warnung kam mir in den Sinn; ich verscheuchte sie: Ich war nicht geneigt, die Geldbörse bei diesem Abenteuer zu verlieren und wieder mittellos dazustehen. Geräuschlos zog ich einen Pfeil aus dem Köcher und legte ihn an den Bogen.
    Die Auseinandersetzung wurde immer heftiger. Die Stimme von Piangje, dem Verantwortlichen der Begleitmannschaft, klang nicht mehr drohend, sondern versöhnlich. Auch die Träger waren gewiss nicht gewillt, ihre Haut für eine Fremde aufs Spiel zu setzen.
    Plötzlich schrie der Bandenführer einen Befehl. Augenblicklich flohen die Träger in alle Richtungen. Mit erhobenem Schwert trat der Räuber auf die Sänfte zu, riss die Vorhänge zur Seite. Er zischte einen Fluch, als er den Pfeil auf seine Kehle gerichtet sah. »Schließ den Vorhang und lass mich meine Reise fortsetzen«, sagte ich ungerührt.
    Der Mann starrte mich an. Langsam wich die Verblüffung auf seinem Gesicht einem grausamen Lächeln. »Sieh an!«, rief er mit kehliger Stimme. »Die Wespe zeigt ihren Stachel! Du bist also eine Prinzessin aus Yamatai! Auf Reisen mitten in der Nacht? Ohne Dienerschaft? Ohne Krieger?«
    Seine Sprache war, trotz aller Derbheit, gewählt. Ein verkommener Edelmann, dachte ich verächtlich. Weil ich mein Gesicht im Schatten hielt, hob der Mann den Arm und befahl:
    Â»Kommt mit den Fackeln näher!«
    Niemand rührte sich. Alle standen wie erstarrt. Der Mann beugte sich vor, um besser zu sehen. Mein Pfeil folgte genau seiner Bewegung.
    Â»Bei allen Geistern!«, knurrte der Räuber, »dir fehlt es nicht an Mut!« Ein höhnisches Grinsen verzog seinen Mund. »Nun sag, hübsches Insekt, was bietest du als Gegengabe für dein Leben?«
    Sein Blick fiel auf die »Tamas«, die im Fackelschein an meinen Handgelenken glitzerten. Sein Lachen erlosch. Begierde flammte in seinen Augen auf. »Du gibst vor, von edler Geburt zu sein. Lass sehen, ob dein Geschmeide deiner Herkunft entspricht …«
    Es ging alles sehr schnell: Er beugte sich vor, um mich zu packen. Der Bogen bebte dumpf. Der Pfeil drang über der verschmutzten Rüstung in seine Schulter ein. Der Räuber schrie auf. Sein Schwerthieb traf ins Leere; ich war bereits auf der anderen Seite der Sänfte zu Boden geglitten. Der Mann brach auf den Kissen zusammen. Ich sah die drei anderen Räuber näher kommen. Die Pfeile herausziehen, den Bogen spannen, schießen: Jede Bewegung, tausendfach geübt, vollzog sich wie im Traum. Zwei der Männer rollten fast gleichzeitig vor meine Füße. Der eine war in die Hüfte getroffen, dem anderen steckte ein Pfeil im Schenkel. Ich zielte auf den dritten, der mit erhobener Lanze vor mir stand.
    Â»Wirf deine Waffe zu Boden!«, befahl ich.
    Er gehorchte mit aschfahlem Gesicht. Die Träger kamen einer nach dem anderen aus der Dunkelheit wieder zum Vorschein. Der Anführer der Räuber, der auf der Sänfte lag, bewegte sich stöhnend. Ich verzog das Gesicht. »Befreit mich von diesem Ungeziefer!«
    Piangje zog seinen Dolch, um den Verwundeten zu töten. Ich hielt ihn mit einer Gebärde zurück.
    Â»Ich bin fremd in diesem Land. Es steht mir nicht zu zu richten!«
    Die Männer fassten den bewusstlosen Räuber an den Beinen und ließen ihn in den Sand fallen. Seine Wunde blutete stark, doch war sie nicht lebensgefährlich. Die drei anderen Räuber flehten um Gnade.
    Â»Lasst sie frei«, befahl ich. »Aber nehmt ihnen ihre Waffen ab!«
    Mit Hieben und Stößen wurden die Straßendiebe davongejagt. Humpelnd verschwanden sie in der Dunkelheit, den verwundeten Anführer schleppten sie mit.
    Unter den Männern brach Jubel aus. Piangje, der sich den Schweiß abwischte, verneigte sich und rief: »Wahrhaftig, edle Prinzessin, Ihr seid ebenso tapfer wie großherzig!«
    Â»Wogegen man«, erwiderte ich trocken, »von dir weder das eine noch das andere behaupten kann!« Ich drehte diesen Feiglingen den Rücken zu und stieg in die Sänfte. Von jetzt an verbot ich mir einzuschlafen und behielt meine Waffe in Reichweite.
    Doch der Rest dieser Reise verlief ohne Zwischenfälle. Wir erreichten die Herberge bei Tagesanbruch. Der mächtige Steinbau erhob sich an

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