Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Zeichen der Roten Sonne

Im Zeichen der Roten Sonne

Titel: Im Zeichen der Roten Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
Vom Netzwerk:
glitt wie eine Feder auf dem Wasser. Die Brandung hob mich in schwindelerregende Höhen, bevor sie mich mit gurgelndem Sog in die Tiefe riss. Eisige Finsternis schlug über mir zusammen. Ich hielt den Atem an, bis meine Lunge zu bersten schien und mein Fuß gegen etwas Hartes stieß. Unwillkürlich stemmte ich mich ab, spürte, wie ich durch die tosenden Wassermassen an die Oberfläche zurückschoss. Grüne und gelbe Gestirne flammten vor meinen Augen; es war, als ob meine Lunge zerriss. Ich verlor das Bewusstsein.

17
    G lühendes Licht traf schmerzhaft meine Lider. Ich drehte den Kopf zur Seite. Diese einfache Bewegung ließ mich aufstöhnen. Ein Schatten schob sich vor die gleißende Helligkeit. Etwas Kaltes, Feuchtes legte sich auf meine Stirn. Ich schlug die Augen auf, blinzelte geblendet. Der undeutliche Umriss formte sich zu einem alten, abgezehrten Gesicht. Mit einem Mal kehrte mein Bewusstsein zurück. Dieses Antlitz, das mich mit blutunterlaufenen Augen voller Mitleid und Entsetzen anstarrte, gehörte Nomi, dem »Schicksalshüter«.
    Ich wollte sprechen. Meine Zunge schien geschwollen, meine Lippen trocken und aufgesprungen.
    Â»Wo … wo sind wir?«
    Â»Toyo-Hirume-no-Miko, ich flehe um Vergebung!«, stöhnte der Alte. »Unser Schiff ist auf die Klippen gelaufen …«
    Welches Schiff? Welche Klippen? Mein Kopf war völlig leer. Ich versuchte, mich zu erinnern. Ja, wir waren auf einem Schiff … es herrschte furchtbarer Sturm … Wellen schlugen über Deck zusammen. Und dann nichts mehr. Ein schwarzes Loch. Ich stammelte: »Wo ist Sire Tajigori? Wo sind die anderen?«
    Â»Alle sind umgekommen … alle!«, schluchzte Nomi. »Als das Schiff barst und uns die Sturzsee erfasste, wollten die ehrwürdigen Götter, dass eine Welle Euch zu mir trug und ich Euch an den Strand ziehen konnte. Wir sind die einzigen Überlebenden.«
    Bruchstückweise kehrte meine Erinnerung zurück. Mit einem Mal war ich wieder bei klarem Verstand.
    Â»Schande über dich!«, keuchte ich, aufs Tiefste betroffen. »Du hast deine Pflicht versäumt! Nun droht mein Auftrag zu scheitern!«
    Schluchzend hob der alte Mann beide Hände.
    Â»Habt Mitleid, edle Prinzessin! Schont mein armseliges Leben! Es war mir nicht vergönnt, das Unheil abzuwehren!«
    Ich biss mir auf die Lippen. Dem göttlichen Willen waren die Menschen machtlos ausgeliefert. Außerdem verdankte ich dem »Schicksalshüter« mein Leben.
    Â»Beruhige dich«, sprach ich. »Die Strafe sei dir erlassen.«
    Während sich der Alte unter Dankesbezeugungen und Segenssprüche verneigte, richtete ich mich mühsam auf. Mein ganzer Körper war blutig geschlagen. Jede Bewegung schmerzte, doch schien ich mir nichts gebrochen zu haben.
    Â»Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren. Weißt du, wo wir sind, alter Mann?«
    Der »Schicksalshüter« hob sein sand- und tränenverschmiertes Gesicht. »Diese Küste gehört zum Königreich von Kara. Die Stadt Nimana liegt in Richtung der untergehenden Sonne.«
    Meine Knie zitterten. Ich sah alles wie durch einen Schleier und musste mich auf die dürre Schulter des Alten stützen. Mir kam der Gedanke, dass das unfreiwillige Bad ihn wenigstens von seinem Ungeziefer befreit hatte.
    Die Klippen zogen sich weit ins Meer hinaus. Der Strand war übersät mit angespülten Wrackteilen. Die Wellen hatten einen leblosen Körper in eine Felsspalte getragen. Ich zwang mich, die Augen abzuwenden.
    Was nun? Meine Kleider waren zerfetzt. Ich besaß nur noch den Dolch am Gürtel und die »Tamas« um meine Handgelenke. Taumelnd vor Erschöpfung, durchsuchte ich das Strandgut. Ich fand einen Bogen, der noch brauchbar war, und einen leeren Köcher. Ich beschloss, mir später Pfeile zu schnitzen.
    Oberhalb des Strandes wuchsen Bäume. Ich hoffte, dort Trinkwasser zu finden, und gab dem »Schicksalshüter« ein Zeichen, mir zu folgen. Keuchend schleppten wir uns den Hang hinauf. Seeschwalben, die in den Klippen nisteten, kreisten mit angriffslustigen Schreien dicht über unsere Köpfe hinweg. Ich hatte entsetzlichen Durst. Meine salzverkrusteten Wunden brannten so, dass ich fast verrückt wurde.
    Endlich erreichten wir schattiges Unterholz und fanden wilde Birnen, die unseren Hunger stillten. Aus einiger Entfernung drang das Plätschern einer Quelle an meine Ohren. Das Wasser

Weitere Kostenlose Bücher