Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Zeichen der Roten Sonne

Im Zeichen der Roten Sonne

Titel: Im Zeichen der Roten Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
Vom Netzwerk:
Auftrag, der mich zum Fürsten Iri führte. Cho-She hörte mir aufmerksam zu. Das traurige Schicksal der Königin machte ihn betroffen.
    Â»Man erzählt sich«, sagte ich, »dass ein Arzt am Hof von Nimana großes Wissen besitzt …«
    Cho-She seufzte.
    Â»Ich kenne diesen Arzt. Aber Ihr müsst der Wahrheit ins Auge sehen. Ist das Gift bereits im Blut, kommt jede Hilfe zu spät.«
    Er hatte mich richtig beurteilt und schonte mich nicht. Ich war ihm dankbar für seine Offenheit. Cho-She betrachtete mein unbewegtes Gesicht und fuhr dann fort: »Es ist kaum ein Jahr her, dass unser Herrscher die Nachfolge seines Vaters antrat. Doch wir dürfen ihn nicht nach seiner Jugend beurteilen. Schon heute erfreut er sich größter Wertschätzung. Zudem ist er ehrgeizig« - Cho-She erlaubte sich ein Lächeln - »und klug genug, um die Vorteile eines Bündnisses mit dem ›Land-inmitten-der-Schilfrohrfelder‹ in ihrer ganzen Tragweite zu erkennen.«
    Er musterte mich nachdenklich. Ich verneigte mich stumm. Cho-She nahm sein Schwert auf und steckte es in den Gurt.
    Â»Die Pferde sind gut ausgeruht. Wenn wir scharf reiten, können wir vor Nachteinbruch in Nimana sein. Eine Frage: Vermögt Ihr, Euch im Sattel zu halten?«
    Â»Gewiss, Sire.«
    Â»Gut.«
    Er rief einen der Männer, die draußen warteten, und erteilte seine Befehle. Kurz darauf machten wir uns auf den Weg. Ich hatte den Trägern ihren Lohn gezahlt und sie beauftragt, die Sänfte zurückzugeleiten.
    Cho-Shes Leute warteten vor der Herberge. Ihre Pfeile steckten in Köchern, die über die rechte Schulter hingen. Die Bogen hatten sie unter den linken Arm geklemmt.
    Ein Stallbursche kam auf mich zu. Er führte ein kleines weißes Pferd am Zügel. Sanfte, intelligente Augen blitzten unter seiner Mähne. Es trug einen Harnisch und einen reich mit Kupfer verzierten Sattel. Der Mann hielt das Pferd, als ich aufstieg. Wie üblich bei den Tungusen war nur ein einziger Steigbügel vorhanden, der als Fußstütze beim Aufsitzen diente. Als der Stallbursche mir die Zügel reichte, begann das Pferd zu tänzeln. Ich zog die Zügel leicht an und klopfte ihm beruhigend den Hals. Cho-She, der mich beobachtete, nickte mir anerkennend zu. Dann bestieg er einen prachtvollen Rappen und hob den Arm zum Zeichen des Aufbruchs. Herolde und Bannerträger an der Spitze, setzte sich der Zug in Bewegung. Ich ritt an Cho-Shes Seite. Die übrigen Männer folgten. Die mit Gepäck beladene Dienerschaft hatte sich bereits auf den Weg gemacht, um die Raststätte vorzubereiten.
    Eine Zeit lang ritten wir einen steilen, gewundenen Weg an der Bergseite entlang. Aus den Bambuswäldern erklang das Zwitschern unzähliger Vögel. Eine malvenfarbene Nebeldecke füllte zunächst die Täler, bis sich die Schwaden auflösten und den Blick auf eine grüne Hügellandschaft freigaben. Die Sonne stieg, es wurde schnell heiß. Bald waren die Pferde klebrig vor Schweiß. Auf den Reisfeldern zogen Wasserbüffel ihren hölzernen Pflug. Die Bauern zeigten sich unterwürfiger als bei uns. Alle grüßten, indem sie sich niederwarfen und mit der Stirn den Boden berührten.
    Gegen Mittag hielten wir Rast. Auf einer Lichtung hatte die Dienerschaft bereits ein Zelt aufgestellt. Wir ruhten auf bequemen Kissen, die auf einer Matte ausgebreitet worden waren. Während die Stallknechte die Pferde versorgten, stärkten wir uns mit einer Mahlzeit aus Reis, in Scheiben geschnittenen Eiern, kaltem Gemüse und Tee. Ich fragte Cho-She, ob er noch für den heutigen Abend eine Unterredung mit dem Prinzen erwirken könnte. Der Bevollmächtigte schlürfte seinen Tee.
    Â»Es wird nicht leicht sein«, meinte er. »Unser Fürst liebt es nicht, außerhalb der festgelegten Empfangszeiten gestört zu werden. Gleichwohl will ich meinen Einfluss geltend machen, um Euch diesen Dienst zu erweisen.«
    Als die Mittagshitze nachließ, setzten wir unsere Reise fort. Der Weg wand sich am Ufer eines Bergstromes entlang, der seinen Lauf durch tiefe Schluchten nahm und in dem eine Anzahl schwimmender Reismühlen klapperten. Dann kamen wir durch einem dicht bevölkerten Seidenkultur-Bezirk, in welchem jedes Dorf von Maulbeerbäumen umgeben war. Doch bald führte der Weg in zahlreichen Windungen der Küste entgegen. Schon lagen die östlichen Berghänge im Dunkel, als die

Weitere Kostenlose Bücher