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Im Zeichen der Sechs

Im Zeichen der Sechs

Titel: Im Zeichen der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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seinem Publikum zu geben, was es hören wollte: Holmes, Holmes und noch mehr Holmes. Ohrenbetäubender Applaus. Nachher drängten sich Prominente auf dem Empfang – bei diesen Veranstaltungen tauchten mit deprimierender Regelmäßigkeit immer dieselben Gesichter auf – und drängten einander mit den Ellbogen beiseite, um Doyles Hand zu packen und auf diese eigentümliche amerikanische Art auf und ab zu bewegen wie einen Pumpenschwengel, als erwarteten sie, daß Öl aus seinem Mund sprudeln würde.
    Ein bestürzend großer Teil von ihnen kam mit geschäftlichen Vorschlägen – von einer durch Holmes inspirierten Modekollektion bis zu einem englischen Pub namens ›Sherlock’s Home‹, in dem die Kellner Deerstalker-Mützen und Pelerinen tragen sollten. Ich sollte diese beiden miteinander bekannt machen, dachte Doyle; eine wahrhaft himmlische Verbindung.
    Ein exaltierter, muskulöser junger Mann namens Houdini hinterließ einen unauslöschlichen Eindruck: Eifrig erbot er sich, Doyle vorzuführen, wie er, in eine mit Ketten verschlossene Zwangsjacke gewickelt, aus einem verschlossenen und auf dem Grund eines Flusses deponierten Safe entkommen könne.
    Es würde mich weit mehr interessieren, wenn Sie mir zeigen könnten, wie ich von dieser Party entkommen kann, gestand ihm Doyle.
    Der junge Mann lachte; zumindest hatte er Sinn für Humor.
    Major Pepperman leuchtete wie ein Signalfeuer, als sie die Kassenbelege zusammenrechneten; sein Schiff lag vielleicht noch nicht vor Anker, aber wenn dies irgendein Hinweis darauf wäre, wie die Tournee verlaufen würde, dann war seine Flotte in Sichtweite an den Hafen herangekommen. Nachdem Doyle sich durch das Gedränge zu seiner Droschke durchgekämpft hatte, lehnte er ein weiteres Mal Peppermans Einladung zum Abendessen ab – er enttäusche nur ungern, sei aber dem anstrengenden Programm verpflichtet, etc., etc., so daß Pepperman keinen vernünftigen Einwand erheben konnte –, und er und Innes kehrten zu den hartnäckigeren Sorgen zurück, die sie in seiner Suite im Waldorf erwarteten; Jack, Presto und Lionel Stern waren bereits zusammengekommen, um über die Aktivitäten des Tages Bericht zu erstatten.
    Nachdem Stern bei Rupert Seligs Begräbnis in Brooklyn gewesen war, hatte ihn ein detailliertes Telegramm von Rabbi Issac Brachman aus Chicago erwartet: Jacob Stern sei erst vor vier Tagen bei ihm gewesen. Als er abgereist sei, habe Brachman angenommen, er fahre nach New York zurück, und höre nun zu seinem Schrecken, daß er dort nicht angekommen sei; von einem anderen Ziel sei nicht die Rede gewesen, und leider habe er keine Ahnung, wohin Lionels Vater gefahren sein könne.
    Und Rabbi Brachmans Telegramm brachte eine andere ernste Angelegenheit ans Licht: Das Tikkunei Sohar – das Buch, das Lionel im vergangenen Jahr für Brachmans Studien besorgt hatte – war fünf Wochen zuvor aus dem Archiv seiner Synagoge verschwunden. Brachman führte dies nicht weiter aus, spannte sie allerdings mit dem Hinweis auf die Folter, daß er den Verdacht hege, der Diebstahl hänge irgendwie mit dem Parlament der Religionen zusammen, das 1893 mit der Columbianischen Weltausstellung in Chicago stattgefunden habe; Jacob Stern habe an diesem Kongreß als Vertreter des amerikanischen orthodoxen Judentums teilgenommen.
    Dann berichtete Presto, er sei heute noch einmal in die Raritätenbuchhandlungen gegangen, die er nach seiner Ankunft in New York besucht habe, und der Besitzer eines Ladens in der Lower East Side habe von einer hochinteressanten Begegnung erzählt.
    »Ein sprachgewandter deutscher Gentleman – gutaussehend, groß, von athletischer Gestalt – kam gestern in den Laden dieses Mannes und stellte sich als Agent eines reichen Privatsammlers vor, der daran interessiert sei, seltene religiöse Manuskripte zu erwerben. Wie er höre, seien solche Dokumente über die Maßen schwierig zu beschaffen, da sie sich zumeist in den Händen anerkannter Gelehrter oder Institutionen befänden. Besonders großes Interesse zeigte er am Gerona Sohar, und er wollte wissen, ob der Mann gehört habe, daß das Buch kürzlich ins Land gekommen sei. Und dieser Buchladen …« Presto legte eine wirkungsvolle Pause ein; das Melodrama schien ein unvermeidlicher Teil seiner Natur. »… dieser Buchladen ist keine zwei Häuserblocks von Mr. Sterns Büro entfernt.« »Wieder dieser deutsche Knabe«, bemerkte Innes. »Er hat dem Ladeninhaber erzählt, er sei vor kurzem aus Europa gekommen«, sagte

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