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Im Zeichen der Sechs

Im Zeichen der Sechs

Titel: Im Zeichen der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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finden, atmete tief ein und hob die Kristallkugel über den Kopf.
    Ein jäher Schwindel. Die Anstrengung war zu groß. Ihm wurde alarmierend schwarz vor Augen, er ließ die Kugel sinken, fiel schmerzhaft auf die Knie. Blut und Schweiß strömten ihm übers Gesicht. Er legte die Kugel auf den Boden und wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn.
    Weiteratmen, mein Alter; und wenn es das letzte ist, was du tust – mach, daß dein Leben etwas zahlt, und wische diese abscheuliche Beleidigung der göttlichen Gnade vom Angesicht der Erde.
    Das fürchterliche Zittern des Reverends ließ weiter nach; seine Zunge drang seitlich aus seinem schäumenden Mund. Er stöhnte bewußtlos.
    Bring’s zu Ende, Jacob: Erlöse das elende Vieh aus seinem Jammer.
    Jacob schob sich an den Mann heran und hob noch einmal die Kristallkugel. Er hielt inne und wartete, daß der Reverend den Kopf ruhig hielt, damit er den Briefbeschwerer genau auf die Stirn hinabsausen lassen könnte.
    Die Augen des Reverends klappten auf, hell und wach, und starrten Jacob ins Gesicht, als habe der Mann die ganze Zeit über im Schatten seines Anfalls zugeschaut.
    Jacob wandte den Kopf ab und schlug zu.
    Zu spät. Eine Druckwelle schob seinen Arm leicht zur Seite, und die Kugel schlug in den Teppich, zwei Fingerbreit neben dem Kopf des Reverend.
    Days Hand schoß hoch und packte Jacobs Handgelenk wie eine Schraubzwinge. Der Zeigefinger der anderen Hand wackelte mißbilligend vor Jacobs Gesicht.
    »Ungezogen, ungezogen«, flüsterte Reverend Day bleich und furchtbar anzusehen wie ein Toter. Er machte eine Bewegung, und die Kugel sauste unter Jacobs Hand hervor und krachte gegenüber an die Wand wo sie m einer Explosion von Glas zerbarst.
    Noch eine Geste von Day, und Jacob rollte zurück und fiel gegen den Schreibtisch, und dort schien er hilflos festzukleben und konnte keinen Muskel rühren.
    »Die Hindus haben eine interessante Theorie«, sagte der Reverend und kam auf ihn zu. »Sie glauben, Gott spricht zu ihnen … durch die Augen.«
     
     
15
     
    Zwar war ihr eine strahlende Zukunft bestimmt, wenn erst die Nord-Süd-Strecken im Arizona Territory durch ihren Bahnhof miteinander verbunden wären, aber vorläufig war Prescott, Arizona, noch kaum mehr als eine kleine Provinzstation. Doyles Charterzug war der einzige auf dem Bahnhofsgelände, als sie am späten Nachmittag hier eintrafen.
    Sechs kräftige Pferde und zwei Packmulis erwarteten sie am Frachtdepot, und ebenso die Ausrüstung, die Innes bestellt hatte: Landkarten, Gewehre, Munition, Sanitätsmaterial sowie Proviant und Wasser für eine Woche. Der pensionierte Goldsucher hinter der Theke rüstete seit fünfzehn Jahren Bergbauexpeditionen aus, und hin und wieder waren sogar ein oder zwei Engländer darunter gewesen – der Name Arthur Conan Doyle sagte dem Alten gar nichts; er war kein Leser –, aber einen merkwürdigeren und zugleich zielstrebigeren Haufen als den, mit dem er jetzt seine Geschäfte machte, hatte er noch nie gesehen.
    Ein jüngerer Mann, der neben der Kekstonne saß und an einem Stück Holz herumschnitzte, sah zu, wie sie ihre Transaktionen zu Ende führten; dann stand er auf und ging langsam zum Telegrafenbüro hinüber.
    Als Doyle aus dem Depot kam, sah er Jack und Mary Williams; sie waren wieder die letzten, die aus dem Zug stiegen. Sie schien neue Energie gewonnen zu haben; die Farbe war in ihr Gesicht zurückgekehrt, und sie hatte Reitkleidung und Stiefel angezogen. Jack blickte immer noch ausdruckslos wie eine Wand. Sie ließ ihn draußen vor dem Corral auf einem Stein sitzen, eine Decke fest um die Schultern gewickelt, Edisons Koffer wohlverwahrt zwischen den Knien, während sie sich daran machte, die Pferde aufzuzäumen. Doyle packte die Gelegenheit, allein mit ihr zu sprechen, beim Schopf, stahl sich an ihre Seite und flüsterte:
    »Wie geht’s ihm?«
    »Zu früh, um das zu sagen.« Sie schaute ihn nicht an, sondern schnallte eine Segeltuchtasche an ihren Sattel.
    »Aber Sie glauben, es hat geklappt?«
    »Die Heilung war schwierig.«
    »Das konnte man sehen. Braucht eine Weile, bis man sich davon erholt, was?«
    »Manchmal gibt es keine Erholung.« Sie warf einen Blick zu Jack hinüber, der zusammengekauert unter seiner Decke saß und zu Boden starrte.
    »Wann werden wir es wissen?«
    »Es liegt bei ihm.« Damit war das Thema für sie abgeschlossen.
    »Schrecklich unsicher letzten Endes, nicht wahr, Ihre Medizin?« sagte Doyle mit einem Anflug von Gereiztheit.
    »Auch nicht

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