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Im Zeichen der Sechs

Im Zeichen der Sechs

Titel: Im Zeichen der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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jedenfalls, die er stets zu präsentieren bemüht war, und im richtigen Licht, zum Beispiel in der pechschwarzen Finsternis eines Kohlenschachtes.
    Und schließlich, erinnerte sie sich nachsichtig, bist du auch nur ein Mensch, mein Entchen. Die Einsamkeit schafft seltsame Bettgenossen. Rymers nachfolgende Verführungsversuche waren lächerlich leicht abzuwehren gewesen; er war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um ein nachhaltiges Interesse für einen anderen Menschen aufzubringen -und die gelegentliche Eroberung irgendeiner anbetungsvollen, kuhäugigen Landpomeranze schien auf ihrem Weg nach Westen mehr als ausreichend zu sein, um seine verhältnismäßig – wie sollte sie es freundlich ausdrücken? -mageren männlichen Bedürfnisse zu befriedigen Und was ist mit meinen Bedürfnissen? fragte Eileen sich. Das Bühnenleben blieb so weit zurück hinter dem Land von Milch und Honig, auf das sie während des Heranwachsens stets gehofft hatte. Oh, es hatte ein paar erregende Anfangstage in New York gegeben; jedes funkelnde Licht auf dem Broadway hatte Ruhm, Reichtum und einen endlosen Fundus an sagenhaft attraktiven Männern verheißen. Das hatte ungefähr eine Woche angehalten. Und das Theater war eine harte Herrin, wenn ein Mädchen erst einmal jenseits der Dreißig angelangt war. Dank sei Gott für Make-up, langes, dichtes Haar, einen anständigen Knochenbau und einen Körper, der nicht fett wurde, denn sonst wäre sie schon vor Jahren arbeitslos gewesen. Eileen war widerwillig zur Realistin geworden, im Herzen und im Verstand, eindeutig ein Handicap in einer Branche voller Träumer und Verlierer; in der Realität fielen die besten Rollen meistens an irgendein jüngeres Mädchen mit hungrigen Augen, und die meisten der Freier, die am Bühneneingang lauerten, suchten nichts weiter als einen Wochenendurlaub von ihrer öden Ehe, mit der sie einen dann bei Champagner, der die Eingeweide zerfraß, nur allzu eifrig zu Tode langweilten.
    Gott, was diese amerikanischen Oberklasse-Gattinnen von Sex verstanden, konnte man wirklich einer Mücke auf die Stirn schreiben. Wieso heulten ihre Männer sonst wohl jede Nacht den Mond an? Eileen führte mit peinlicher Sorgfalt Buch über ihre eigenen Unzulänglichkeiten, jedoch, daß sie im Bett lausig war, zählte nicht dazu. Schade nur, daß sie damit nicht ihren Lebensunterhalt verdienen konnte. Nicht, daß sie es nicht schon in Erwägung gezogen hätte – sie hatte durchaus großzügige Angebote bekommen –, aber auch wenn sie gelegentlich so gnädig war, von ihren Bewunderern extravagante Kleinigkeiten entgegenzunehmen, so ließ sie doch nie zu, daß eindeutigere Offerten ihren Stand als begabte und begeisterte Amateurin in Gefahr brachten. Nein, den Sex in ein Geschäft zu verwandeln würde den ganzen Spaß daran verderben, und Spaß gab es in ihrem Leben wenig genug. Auch hatte sie nicht die Absicht, eine dieser rotnasigen Garderoben-Mätressen aus sich zu machen, die halb besäuselt hinter der Bühne herumknarrten und von den guten alten Zeiten brabbelten: wie sie mit dem So-und-so gespielt hatten, und wie prachtvoll ihr Kostüm gewesen war.
    Aber welche Pläne hatte sie für den unausweichlichen Tag, da selbst die Bendigo Rymers dieser Welt sie für eine drittklassige Provinztour mit ›Der Gefangene von Zenda‹ nicht mehr haben wollten? Sie hatte sich im Laufe der Jahre nicht gerade einen fetten Batzen auf die hohe Kante gelegt, angesichts des Aufwandes für eine wohlassortierte Garderobe, mit der man die Gentlemen halbwegs bei der Stange hielt …
    Nicht an die Zukunft denken, Schätzchen: Du mußt den Abend hinter dich bringen; der Morgen soll für sich selber sorgen. Eine weitere Vorstellung in Butte, und dann nach Boise, Idaho. Noch drei Wochen unterwegs, langsam südwärts und in immer tiefere Obskurität. Bendigo hatte gerade eine weitere Stadt in der Nähe von Phoenix hinzugefügt, die sie nicht mal auf der Landkarte finden konnte -irgendeine religiöse Siedlung, sagte er, wie bei den Mormonen in Utah. Ihm doch egal, wen diese Strolche anbeteten, solange sie bar zahlten, um ihren Hintern auf den Sitzen zu parken.
    Erstaunlich, mit was für Enttäuschungen man sich im Leben abfinden kann, dachte sie, als sie sah, wie Bendigo auf und ab ging und seine Arme hin und her schleuderte wie ein Affe. Was hatte er jetzt wieder zu schwadronieren?
    »– hatte keinen legitimen Grund, mich gehen zu lassen Ich war brillant in dieser Rolle! Brillant! Ich habe mein Spiel nach

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