Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Zeichen der Sechs

Im Zeichen der Sechs

Titel: Im Zeichen der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
Vom Netzwerk:
Hand und betrachtete intensiv das Bild.
    »Was ist, Jack?« fragte Doyle leise.
    »Er kennt«, sagte Die Allein Geht.
    »Was kennt er?«
    »Der Mann da ist im Traum.« Sie deutete auf den Handzettel. »Einer der Sechs.«
    Jack hob den Kopf und sah sie an; Zustimmung glänzte in seinen Augen.
    »Dann können wir daraus schließen, daß die Leute hier ihn nach The New City verfolgten, als sie überfallen wurden«, sagte Doyle.
    Jack gab ihm den Steckbrief zurück und lief zielstrebig zu den Pferden zurück.
    »Gehen wir«, sagte Doyle.
    »Wir sollten ihnen vorher eine ordentliche Beerdigung zukommen lassen«, sagte Presto und schaute sich nach den Geiern um, die sich am Rande des Platzes sammelten.
    »Die Wüste wird sich darum kümmern«, sagte Die Allein Geht und ging auf die Öffnung zwischen den Felsen zu.
    »Schlechtes Benehmen, meinen Sie nicht auch?« fragte Presto die Doyles.
    »Doch«, sagte Doyle und folgte ihr.
    »Haben Sie den Burschen denn nicht selbst im Traum gesehen?« fragte Innes ihn.
    »Ich schätze ja, wenn ich es mir recht überlege«, sagte Presto auf seine eigentümlich gleichgültige Art und betrachtete die Zeichnung. »Die Ähnlichkeit ist schließlich nicht sehr groß.«
    »Hoffentlich ist der Knabe mit dem Schwert, das er angeblich mit sich herumträgt, wenigstens halb so gut wie Sie mit dem Degen«, meinte Innes und lief Doyle nach.
    »Hoffentlich ist er auf unserer Seite«, sagte Presto leise. Er bekreuzigte sich, sprach ein stilles Gebet für die Toten und verließ den Schauplatz des Massakers.
    Jack saß schon im Sattel, als die Gruppe zurückkam, und galoppierte, dicht gefolgt von Die Allein Geht, in westlicher Richtung davon, ehe die anderen aufgestiegen waren. Niemand sagte ein Wort, während sie hinter ihm her hasteten, um ihn einzuholen, und das heimliche Entzücken, das Doyle über die Anzeichen der Genesung bei Jack empfand, wurde gedämpft durch den Gedanken an das, was sie in The New City womöglich erwartete.
     
    Die Weißhemden waren ein eigenartiges Publikum, fand Eileen. Aber warum sollten sie ausgerechnet in dieser Hinsicht nicht eigenartig sein? Die Aufmerksamkeit, mit der sie das knallige Melodram aus Ruritanien verfolgten, grenzte an Ehrfurcht. Eine weiße Woge, aus der der Applaus in gleichförmigen Salven hervorbrach, unerwartet wie Donnerschläge. Alle Reaktionen – Lachen, Seufzen, Aufschreien – kamen im Chor, als sei da ein einziger Geist, der ein und demselben Gedanken mit tausend Stimmen Ausdruck gab.
    Rymer hatte am Tag eine irrationale Zufriedenheit mit der glanzlosen Probe gezeigt, und er konnte nicht aufhören, sich für das Theater von The New City zu begeistern. Bildete sie es sich nur ein, oder führte der Mann sich noch überdrehter auf als sonst? Herrgott, er war so aufgeregt, daß man hätte meinen können, der verdammte Edwin Booth wurde heute abend im Publikum sitzen.
    In einem Punkt mußte sie ihm zustimmen: Die Einrichtungen hinter der Bühne wirkten funktional und gut durchdacht, wenn auch ein bißchen primitiv, aber der Zuschauersaal war atemberaubend: so prunkvoll und modisch, wie sie in New York oder London nur irgendeinen gesehen hatte, von den Pferdeopernhäusern, die sie in den letzten sechs Monaten heimgesucht hatten, einmal ganz zu schweigen Vielleicht war Bendigo durch den Anblick dieser samtenen Opulenz in Fieberträume vom Broadway versetzt worden; jedenfalls donnerte er heute abend durch seinen Text, als könne man ihn noch jenseits des Hudson hören.
    Eileen hatte ihre Szenen im ersten Akt hinter sich – beinahe taub von dem furiosen Auftritt, den Rymer sich, zumeist nur eine Handbreit vor ihrem Gesicht, geleistet hatte –, aber statt sich in die Garderobe zurückzuziehen, suchte sie sich ein ungestörtes Plätzchen in der Seitendekoration, wo sie hinausschauen und das Publikum studieren konnte.
    Sie war beunruhigt: Frank war nicht erschienen, um ihr Neuigkeiten von Jacob zu überbringen, aber er hatte ihr gesagt, es könnte bis nach der Vorstellung dauern. Sie versuchte, sich zu beruhigen. Daß Frank McQuethy sein Wort halten würde, darauf konnte sie sich verlassen; dessen war sie sicher. In Gegenwart eines solchen – es gab keinen anderen Ausdruck: eines solchen Mannes wäre unter anderen Umständen sie selbst diejenige gewesen, der sie nicht unbedingt hätte trauen können.
    Wenn Frank nach der Vorstellung mit Jacob zurückkäme, würden sie die Stadt zu dritt verlassen, und sie würde Bendigo Rymer zu den Akten legen,

Weitere Kostenlose Bücher