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Im Zeichen der Sechs

Im Zeichen der Sechs

Titel: Im Zeichen der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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Irische war aus seinem Tonfall verschwunden. »Er war tot, bevor ich etwas Nützliches erfahren konnte.«
    Es war nicht möglich.
    Gütiger Gott. Gütiger Gott, ja, er war es. Er war es.
    Jack Sparks.

Buch Zwei
 
New York

5
     
    23. SEPTEMBER 1894
     
    Es erfordert Diskretion, zu beschreiben, was in den letzten Stunden vorgefallen ist. Man hat ein Hilfersuchen an mich gerichtet. Wie ich den Interessen der Krone schon bei mehr als einer zurückliegenden Gelegenheit gedient habe, bin ich auch fortan stets bereit, jener königlichen Behörde meine Dienste zur Verfügung zu stellen, gleich wie es die Umstände gebieten mögen. Es genüge, wenn ich sage, würde die Königin persönlich mit diesem Ersuchen in meiner Kabine erscheinen, hätte dies keinen größeren Einfluß auf meine Sympathien.
    Der Sachverhalt ist folgender: Ein Buch wurde gestohlen. Ein Buch von enormer Bedeutung für die Kirche von England und infolgedessen auch für die Krone. Die Vulgata, die lateinische Bibel, das älteste Bibelmanuskript der anglikanischen Kirche. Vor sechs Wochen verschwunden aus der Bodleian Library in Oxford. Eine öffentliche Bekanntmachung wurde zurückgehalten; die Vulgata war in einem Tresor verwahrt und nicht öffentlich ausgestellt – die einzigen, die sie bisher vermissen dürften, sind Gelehrte. Man hofft, daß man das Manuskript wiederbeschaffen kann, – bevor eine solche Bekanntmachung erforderlich wird, aber bis jetzt hat man noch keine Lösegeldforderung für seine Rückgabe erhalten. Je mehr Zeit vergeht, desto unwahrscheinlicher ist es, daß die Diebe es auf ein Lösegeld abgesehen haben. Geheime Ermittlungen, die ein Freund von mir namens der Krone anstellt, sind im Gange, seit das Verbrechen geschah, und sie haben ihn auf dieses Schiff geführt, das nun auf dem Weg nach Amerika ist.
    Daß dieses Geschehen im Mittelpunkt der Schwierigkeiten steht, die wir erleben, seit wir an Bord der Elbe sind, ist unverkennbar. An anderer Stelle habe ich die Ereignisse der letzten Tage dargelegt, die sich um Lionel Stern, den versuchten Raub des Buches Sohar und den Mord an Mr. Rupert Selig zugetragen haben. Drei der für diese Verbrechen verantwortlichen Männer sind nun selbst tot; ein vierter hat sich entweder über Bord gestürzt, wie es einer seiner Komplizen getan hat, oder er hält sich immer noch irgendwo an Bord versteckt. In diesem Augenblick ist eine gründliche Suche im Gange. Die Sabotage, die die Männer an den Schiffsmaschinen begangen haben, ist entdeckt – in den Stromgeneratoren war eine Sprengladung detoniert –, und dank des Fleißes und der Sorgfalt der technischen Besatzung ist der Schaden bereits repariert. Wenn wir morgen in New York ankommen, werden wir nur wenige Stunden Verspätung haben, und dies ist auf das rauhe Wetter, durch das wir gekommen sind, ebenso zurückzuführen wie auf die finsteren Bestrebungen dieser Schurken.
    Der Mann, den ich irrtümlich für ihren Rädelsführer hielt, gab sich, wie ich vermutete, als katholischer Priester aus – diese Schlußfolgerung zog ich aus der Beobachtung einer ganzen Sammlung von unbedeutenden, aber störenden Details: merkwürdige Stiefel, ein Rosenkranz, der aus der falschen Tasche hing, ein Ring mit einem Freimaurer-Zeichen –, aber ein Verbrecher ist er auch nicht. Tatsächlich ist er ein Mann, den ich einmal gut kannte und dessen Referenzen als Agent der Krone über jeden Zweifel erhaben sind – oder es doch zumindest einmal waren.
    Wir haben nur kurz miteinander gesprochen, und da ausschließlich über die drängenden Erfordernisse der Situation; mit seinem unerwarteten Erscheinen hatte er einen potentiell tödlichen Angriff gegen mich vereitelt, indem er die Waffe des Meuchelmörders gegen ihn selbst wendete. Es hat sich keine Gelegenheit ergeben, über die Ereignisse zu sprechen, die sich in den zehn fahren, seit wir einander zuletzt sahen, zugetragen haben; ihm war anscheinend nicht daran gelegen, in der kurzen Zeit, die wir zusammen verbringen konnten, irgendwelche Einzelheiten mitzuteilen. Wir sind aber übereingekommen, uns für dieses Gespräch Zeit zu nehmen, wenn das Schiff erst im Hafen liegt. Einstweilen habe ich noch niemandem, nicht einmal Innes, seine wahre Identität anvertraut.
    Die anderen Passagiere ahnen durchweg nichts von den Schwierigkeiten, die wir an Bord der Elbe haben bestehen müssen – teilweise weil sie während des Sturms in den kritischen Stunden in ihre Kabinen verbannt waren, aber nicht zuletzt auch, weil wir

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