Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Zeichen der Sechs

Im Zeichen der Sechs

Titel: Im Zeichen der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
Vom Netzwerk:
Bullen hatten auf beiden Flanken angegriffen, so daß die Hobos in wilder Flucht in die Mitte des Rangiergeländes galoppierten, stürzten und übereinander stolperten, gefangen wie Neunaugen in einem Netz. Die meisten waren klug genug, sich zu Boden zu werfen, ihre Köpfe zu schützen und den größten Ärger mit dem fleischigen Rücken abzufangen. Jeder, der wegzulaufen versuchte, wurde mit einem Schlag vor die Kniescheiben zu Boden gestreckt und auf das Übelste zusammengeschlagen. Kopfhaut platzte auf, Schlüsselbeine brachen, das Blut floß in große Pfützen.
    Denver Bob ließ sich beim ersten Pfiff zu Boden fallen, rollte sich um die Drahttrommel, auf der er gesessen hatte, und wartete darauf, daß die Schläge auf ihn niederprasselten. Er sah sich nach dem Chinamann um und wollte ihm zuschreien, er solle Erde fressen, aber der Mann war verschwunden.
    Ein großer Bahnbulle hob seinen Schlagstock, um auf einen Hobo einzuprügeln, der bei der Draisine stand und sein langes Bündel festhielt. Als der Schlagstock im Bogen auf ihn herabsauste, machte der Tramp eine Bewegung, und der Hieb erreichte nie sein Ziel. Überrascht schaute der Bulle nach unten; er hielt nur noch den Griff seines Schlagstocks in der Hand. Der Knüppel war abrasiert, mit einer sauberen Schnittfläche dicht über seinen Fingerknöcheln. Als er hochblickte, ließ der Tramp seine Arme noch einmal kreisen – ein Chink, um Gottes willen –, und der Bulle spürte, wie in seinem linken Bein etwas aus den Fugen ging. Er wollte einen Schritt machen, und das Bein ging oberhalb des Knies entzwei. Das ganze Bein vom Fuß bis zum Oberschenkel kippte einfach seitwärts weg und plumpste zu Boden; im nächsten Moment verlor der Mann das Gleichgewicht und schlug der Länge nach hin wie eine gefällte Kiefer.
    Das kann doch nicht sein, dachte der Bulle: Der Chink hat ein Schwert in der Hand. Er fühlte noch keine Schmerzen, aber er konnte nicht atmen. Als er hochschaute, sah er, wie die Stiefelsohle des Chinamanns auf sein Gesicht herabfuhr.
    Kanazuchi hatte keine Zeit, um ein Gebet für den toten Wachmann zum Himmel zu schicken, denn da kam ein zweiter mit hoch erhobenem Schlagstock von hinten angestürmt. Er duckte sich weg und trat nach hinten aus; der Wachmann überschlug sich hilflos, flog über ihn hinweg und ging schwer zu Boden. Kanazuchi packte sein Handgelenk und kugelte ihm mit einer einzigen Drehung die Schulter aus dem Gelenk. Ein Schlag mit dem Knüppel des Wachmanns auf seine Nasenwurzel trieb ihm einen Knochensplitter ins Hirn und ließ seine Schreie verstummen.
    Kanazuchi sah sich um und hatte die Szene augenblicklich analysiert: Die Männer im Camp waren zwar weit in der Überzahl, leisteten aber keinen Widerstand. Keiner der übrigen Angreifer hatte bis jetzt Notiz von ihm genommen oder bemerkt, welchen Schaden er angerichtet hatte; sie waren mit ihrer Prügelei beschäftigt. Zwischen den Eisenbahnwagen zu seiner Rechten kamen immer neue hervorgeschossen. Feuer loderte gefährlich vor ihm aus den brennenden Hütten. Hinter ihm der kalte, tückische Fluß.
    In der Falle. Eine Festnahme ob der Überzahl dieser Männer war sehr wahrscheinlich.
    Kanazuchi atmete gleichmäßig, blieb wachsam, wünschte sich nichts, eskortierte mit jedem gemessenen Ausatmen die Angst aus seinem Körper.
    Dort!
    Die Öffnung präsentierte sich. Eine schmale Lücke in der Formation der Angreifer, unter einem Wasserturm, führte zu der Eisenbahnbrücke in Richtung Osten. Er würde sich auf die Dunkelheit und das Chaos im Camp verlassen und den Grasschneider verbergen müssen, um die fünfzig Yards hinter sich zu bringen.
    Wieder rannte ein Wachmann auf ihn zu. Kanazuchi glitt fließend zu Boden, erhob sich unter ihm und schleuderte den Mann unter Ausnutzung seines eigenen Schwungs auf das Dach eines brennenden Verschlags hinauf. Wenige Augenblicke später kam der Mann schreiend aus der Baracke herausgerannt und schlug mit den Armen wie ein Vogel; er war von Flammen eingehüllt. Die Bullen waren abgelenkt und konzentrierten sich auf die brennende Gestalt, und jetzt hatte er seine Gelegenheit: Kanazuchi hielt das Schwert in der Scheide an sein Hosenbein gedrückt und begann den Platz zu überqueren.
    Denver Bob, der sich unter seine Drahttrommel kauerte, war bis jetzt noch nicht gefunden worden, und so war er der einzige im ganzen Camp, der die Aktion des Chinamanns von Anfang bis Ende mitangesehen hatte; in künftigen Tagen würde diese Geschichte sich, selbst in

Weitere Kostenlose Bücher