Im Zeichen der Wikinger
gut dreihundert Meter Wasser unter dem Kiel. Der Rumpf der
Golden Marlin
war so stabil gebaut, dass er dem Wasserdruck in dieser Tiefe standhalten konnte, aber eine Rettung von dort unten war so gut wie ausgeschlossen. Alle starrten auf die Tiefenanzeige, zählten lautlos die Sekunden mit.
Quälend langsam stieg der Meeresboden an. Nur noch dreißig Meter, dann müsste das Boot auftauchen. Alle Mann seufzten erleichtert auf, als sie über den Rand des Kontinentalsockels hinwegfuhren und der Meeresboden bis auf knapp zweihundert Meter anstieg. Das Wasser draußen vor den Bullaugen wurde jetzt heller, dann konnte man bereits die Sonnenstrahlen auf ihm funkeln sehen.
»Tiefe unter dem Rumpf bei hundertfünfzig Meter und steigend«, sang Conrad aus.
Kaum hatte er Meldung gemacht, als das Boot plötzlich von einer heftigen Erschütterung durchgerüttelt wurde. Niemand konnte rechtzeitig reagieren, etwas gegen die Katastrophe unternehmen. Das Boot geriet ins Schlingern, lief völlig aus dem Ruder. Dann blieben die hypermodernen Maschinen stehen, als die See durch die beiden Löcher einbrach, die von Unterwasserbomben aufgerissen worden waren.
Die
Golden Marlin
lag antriebslos da, wiegte sich in der leichten Strömung, aber sie sank auch Meter um Meter tiefer zum Meeresboden. Tonnenschwere Wassermassen drangen in den Rumpf ein, ohne dass die Männer auf der Brücke auch nur eine Ahnung hatten, wo das Boot beschädigt war. Dabei war der funkelnde Meeresspiegel schon so verlockend nah, dass es einem vorkam, als könnte man ihn fast mit der Hand greifen.
Baldwin wusste sofort Bescheid. Sein Boot ging unter. »Rufen Sie im Maschinenraum an und bitten Sie den Chef um eine Schadensfeststellung«, raunzte er seinen Zweiten Offizier an.
Die Rückmeldung kam fast unverzüglich. »Der Chefmaschinist berichtet, dass Wasser in den Maschinenraum eindringt.
Auch der Gepäckraum leckt, aber der Rumpf ist noch intakt. Er sagt, er lässt die Pumpen auf voller Leistung laufen. Außerdem meldet er, dass die Pumpenanlage für die Ballasttanks durch die Explosion im vorderen Bereich des Schiffes beschädigt wurde, sodass durch die Abblasstutzen Wasser in die Tanks eindringt. Seine Leute kämpfen mit aller Kraft dagegen an, aber das Wasser steigt weiter, sodass sie den Maschinenraum möglicherweise räumen müssen. Tut mir Leid, Sir, aber der Chefmaschinist sagt, er kann das Boot nicht mehr lange auf ebenem Kiel halten.«
»O Gott«, murmelte ein junger Offizier, der an der Steuerkonsole stand, »wir sinken.«
Baldwin hatte sich rasch wieder im Griff. »Sagen Sie dem Chef, er soll dort unten sämtliche wasserdichten Schotten schließen und zusehen, dass die Generatoren so lange wie möglich laufen.« Dann wandte er sich an Pitt, blickte ihn schweigend und mit ausdrucksloser Miene an. »Nun, Mister Pitt«, sagte er schließlich, »ich glaube, jetzt können Sie mich darauf hinweisen, dass Sie Recht hatten.«
Pitt wirkte gefasst, eher nachdenklich als angespannt, so als dächte er über sämtliche Mittel und Möglichkeiten nach, mit denen man das Schiff und seine Passagiere vielleicht retten könnte. Giordino hatte diese Miene schon oft gesehen. Langsam schüttelte er den Kopf. »Ich lege keinen Wert auf Rechthaberei.«
»Grund kommt näher.« Conrad, der Erste Offizier, hatte Side-Scan-Sonar und Radarsichtgerät keinen Moment aus den Augen gelassen. Kaum hatte er Meldung gemacht, als die
Golden Marlin
mit einem lauten Ächzen und Knacken auf den Meeresboden stieß, sich mit dem Kiel voran knirschend in den Schlick grub und eine riesige Schlammwolke aufwühlte, die sich vor die Bullaugen legte.
Selbst die Passagiere, die noch nie in einem Katastrophenfilm gewesen waren, begriffen sofort, dass sich ein schweres Unheil anbahnte. Aber da das Wasser noch nicht auf die Kabinendecks vorgedrungen war und die Besatzung sich bislang keinerlei Angst anmerken ließ, kam es zu keiner Panik – zumal alle zum ersten Mal in einem Unterseeboot saßen und sich nicht darüber im Klaren war, wie schlecht es tatsächlich um sie bestellt war.
Kapitän Baldwin meldete sich über die Bordsprechanlage und erklärte, dass die
Golden Marlin
einen Maschinenschaden habe, versicherte aber zugleich, dass in Bälde alles wieder seinen gewohnten Gang ginge. Doch Passagiere und Besatzung glaubten ihm kein Wort, zumal einige bemerkt hatten, dass fast alle Kammern, in denen die Rettungskapseln ruhten, leer waren. Die einen liefen ziellos hin und her. Andere blieben an
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