Im Zeichen der Wikinger
Menschen, der nördlich der mexikanischen Grenze lebt, vorzuschreiben, welchen Treibstoff er kaufen soll, wann er ihn kaufen soll und was er dafür bezahlen muss. Wir werden niemandem gegenüber Rechenschaft ablegen müssen.
Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, werden wir alle Mühen darauf verwenden, die bisherige Regierungsform durch einen nach unternehmerischen Gesichtspunkten organisierten Staat zu ersetzen. Wir dürfen jetzt nicht nachgeben, Sally.«
»Eine Welt ohne Politiker«, murmelte Guy Kruse versonnen.
»Fast zu schön, um wahr zu sein.«
»Im ganzen Land kündigen sich bereits Massenproteste gegen die Einfuhr von ausländischem Öl an«, sagte Sherman. »Noch ein Zwischenfall, dann gerät die Öffentlichkeit außer Rand und Band.«
Zale verzog das Gesicht zu einem füchsischen Grinsen. »Ich bin Ihnen bereits einen Schritt voraus, Rick. Ein derartiger Zwischenfall wird sich in genau drei Tagen zutragen.«
»Ein weiteres Tankerunglück?«
»Weitaus schlimmer.«
»Was kann denn noch schlimmer sein?«, fragte Morales.
»Ein Tankerunglück mit anschließender Explosion«, antwortete Zale.
»Vor der Küste?«
Zale schüttelte den Kopf. »In einem der meist befahrenen Hafen der Welt.«
Eine Zeit lang herrschte Stille, bis sich alle über die ganze Tragweite dieser Aussage klar geworden waren. Dann wandte sich Sandra Delage an Zale und fragte leise: »Darf ich?«
Er nickte ihr wortlos zu.
»Am kommenden Sonnabend, etwa um sechzehn Uhr dreißig nachmittags, wird die
Pacific Chimera
, mit einer Länge von vierhundertneunzig Metern und einer Breite von siebzig Metern der größte Öltanker der Welt, in den Hafen von San Francisco einlaufen. Er wird die Point San Pedro Mooring ansteuern, wo er normalerweise anlegen und seine Fracht löschen sollte. Doch er wird nicht dort Halt machen. Er wird mit voller Fahrt Kurs in Richtung Innenstadt nehmen und beim Ferry Building’s World Trade Center auflaufen. Unseren Schätzungen zufolge dürfte er sich etwa zwei Häuserblocks weit in den City-Bereich pflügen, ehe er zum Stillstand kommt.
Danach werden Sprengladungen gezündet werden, woraufhin die
Pacific Chimera
mitsamt den sechshundertzwanzigtausend Tonnen Öl, die sie geladen hat, in einer gewaltigen Explosion in die Luft fliegen und die ganze Hafengegend von San Francisco verwüsten wird.«
»Oh, mein Gott«, murmelte Sally Morse, die mit einem Mal blass geworden war. »Wie viele Menschenleben wird das kosten?«
»Das könnte in die Tausende gehen, da es während des Berufsverkehrs stattfindet«, antwortete Kruse kaltschnäuzig.
»Was spielt denn das für eine Rolle?«, fragte Zale so desinteressiert wie ein Pathologe, der eine Leiche in den Kühlschrank schiebt. »In sinnlosen Kriegen sind viel mehr Menschen zu Tode gekommen. Diese Sache dient unseren Zwecken, und wir werden letztlich die Nutznießer sein.«
Danach stand er auf. »Ich glaube, für heute haben wir genug besprochen. Morgen früh werden wir fortfahren und unsere Vorgehensweise gegenüber unseren beiden Regierungen absprechen und die Planungen für das kommende Jahr festlegen.«
Daraufhin erhoben sich die mächtigsten Ölmogule der beiden Länder, folgten Zale zu den Aufzügen und fuhren mit ihm nach oben in den Speisesaal, wo die Cocktails warteten.
Nur Sally Morse von Yukon Oil blieb wie gelähmt zurück, hatte all das Grauen vor Augen, das tausende unschuldiger Männer, Frauen und Kinder in San Francisco ereilen sollte.
Während sie allein dasaß, traf sie eine Entscheidung, die sie, wie sie wohl wusste, das Leben kosten konnte. Doch ihr Entschluss stand fest, als sie den Raum verließ.
Der Pilot erwartete sie am Fuße der Einstiegstreppe, als der Fahrer, der sie nach dem Ende der Konferenz mit dem Jeep zum Flugplatz brachte, vor ihrem firmeneigenen Lockheed Jetstar anhielt. »Bereit für den Flug nach Anchorage, Miss Morse?«
»Mir ist etwas dazwischengekommen. Ich muss zu einer weiteren Konferenz nach Washington.«
»Ich lege rasch den neuen Flugplan fest«, sagte der Pilot. »In ein paar Minuten sollten wir startbereit sein.«
Als Sally sich in einen tiefen Ledersessel hinter einem Schreibtisch sinken ließ, auf dem ein Computer, etliche Telefone und ein Faxgerät standen, begriff sie, dass sie sich in eine Lage begeben hatte, in der sie weder ein noch aus wusste.
Noch nie hatte sie eine Entscheidung treffen müssen, bei der es um Menschenleben ging. Sie war eine intelligente Frau, die nach dem Tod ihres Mannes ohne weiteres
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