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Im Zeichen der Wikinger

Im Zeichen der Wikinger

Titel: Im Zeichen der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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verfolgen, wie sich die Flammen die beiden Decks entlangfraßen, auf denen die Rettungsboote in ihren Davits hingen.
    Hinten am Heck warfen etliche Besatzungsmitglieder Behälter mit Rettungsflößen ins Meer, wo sie sich öffneten und automatisch aufbliesen. Ein Anblick, der Dr. Egan vorkam wie eine Szene aus einem Monty-Python-Film. Die Leute bedachten offenbar nicht, dass das Schiff nach wie vor Fahrt machte und die leeren Flöße in kürzester Zeit vom Kielwasser davongetrieben wurden.
    Erschrocken und mit aschgrauem Gesicht wandte er sich an Kelly und herrschte sie an. »Geh runter in das Cafe auf dem B-Deck und warte auf der Veranda auf mich.«
    »Kommst du nicht mit?«, fragte Kelly, die nur ein Trägerhemd und Shorts trug.
    »Ich muss meine Papiere aus der Kabine holen. Geh du schon mal voraus. Ich komme in ein paar Minuten nach.«
    Sämtliche Aufzüge waren besetzt, überladen mit Menschen, die aus den unteren Decks nach oben fuhren. Sie mussten die Treppen hinabsteigen, sich zwischen Scharen verängstigter Passagiere hindurchkämpfen, die zu den Aufgängen und den Fahrstühlen strömten wie ein Termitenvolk, dessen Bau von einem Erdferkel angegriffen wird. Menschen, die bislang stets verantwortungsbewusst und diszipliniert gewesen waren, wurden mit einem Mal zu jämmerlichen Egoisten, die nur noch Angst ums eigene Leben hatten. Andere stolperten blindlings umher, ohne zu wissen, wohin sie sich wenden sollten. Viele wirkten wie benommen, als könnten sie nicht fassen, was ihnen widerfuhr. Die Männer fluchten vor sich hin, die Frauen schrien vor Angst. Die Szenen, die sich hier binnen kürzester Zeit abspielten, erinnerten zusehends an Dantes
Inferno
.
    Die Mannschaften, die Offiziere und das Kabinenpersonal taten ihr Bestes, um das allgemeine Chaos halbwegs in den Griff zu bekommen. Doch sie standen auf verlorenem Posten.
    Da keine Rettungsboote mehr vorhanden waren, blieb ihnen nichts anderes übrig, als den Leuten klar zu machen, dass sie über Bord springen mussten. Sie drängten sich durch die verängstigten Menschenmassen, überprüften, ob die Schwimmwesten richtig angelegt waren, und versicherten den Leuten, dass bereits Rettungsschiffe nahten.
    Ihre Hoffnung war vergebens. Sheffield, der nach wie vor wie gelähmt war, hatte noch nicht einen Notruf ausgesandt.
    Dreimal schon war der Cheffunker aus dem Funkraum gestürmt und hatte ihn gefragt, ob er SOS an sämtliche Schiffe in der Umgebung senden sollte, doch Sheffield hatte nicht reagiert.
    In ein paar Minuten war es zu spät. Die Flammen waren nur mehr fünfzehn Meter vom Funkhaus entfernt.
    Kelly Egan kämpfte sich durch die aufgebrachten Menschenmengen bis zu dem am Heck gelegenen Cafe auf dem B-Deck durch, musste aber feststellen, dass die Veranda bereits voller Passagiere war. Sie wirkten benommen und hoffnungslos, husteten im Rauch, der nach hinten gewirbelt und auf das Achterdeck gedrückt wurde, da das Schiff noch immer vierundzwanzig Knoten Fahrt machte. Hier waren keine Schiffsoffiziere, die für Ruhe sorgten.
    Wie durch ein Wunder waren die meisten Passagiere rechtzeitig aus ihren Kabinen entkommen, bevor die Flammen sie von den Aufgängen und Fahrstühlen abgeschnitten hatten. Zunächst hatten sie den Alarm nicht ernst genommen, doch als sie feststellten, dass sie nicht mehr zu den Rettungsbooten gelangen konnten, hatte sie die Angst gepackt. Die Mannschaften und Offiziere hatten auch in der schlimmsten Feuersbrunst außerordentlichen Mut bewiesen und alle zu den Achterdecks geleitet, wo sie vorübergehend vor den Flammen sicher waren.
    Ganze Familien hielten sich hier auf – Väter, Mütter und Kinder, teils noch im Pyjama. Ein paar Kinder weinten vor Angst, während andere das Ganze genossen und für ein großartiges Spiel hielten, bis sie die bangen Blicke ihrer Eltern sahen. Frauen standen im Bademantel und mit zerzausten Haaren herum, andere wiederum hatten sich erst geschminkt, ordentlich angezogen und ihre Handtaschen mitgenommen.
    Die Männer waren zumeist leger gekleidet. Viele trugen Bermudashorts und hatten sich ein Sportsakko übergezogen.
    Nur ein junges Pärchen war auf den Sprung in die Wogen vorbereitet. Sie trugen Badesachen. Doch Todesangst hatten sie alle.
    Kelly drängte sich bis zur Reling vor und hielt sich daran fest.
    Noch war es dunkel, aber sie konnte das Kielwasser sehen, das die Schrauben aufwirbelten. Zweihundert Meter weit zog sich die weiße Schaumspur dahin, bis das schwarze Meer und der mit Sternen

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