Im Zeichen der Wikinger
Forschungsaufträge und Abenteuer. Nie und nimmer wollte er aufhören, jedenfalls nicht, bevor der Deckel auf seinen Sarg gelegt wurde.
Als er zum letzten Mal aufwachte, landete die Maschine gerade auf der Langley Air Force Base. Draußen war es nass und düster, und Regenschlieren rannen über die Fenster. Der Pilot rollte zum NUMA-Terminal und hielt unmittelbar vor einem offenen Hangar an. Als Pitt auf den Asphalt trat, hielt er inne und warf einen Blick zu dem nahe gelegenen Parkplatz.
Seine Hoffnung war vergebens.
Loren Smith holte ihn diesmal nicht ab.
Giordino begab sich in seine Eigentumswohnung in Alexandria, wo er sich zunächst einmal gründlich duschte und dann seine zahlreichen Freundinnen anrief, um sie wissen zu lassen, dass er wieder im Lande war. Pitt schob die Rückkehr in sein trautes Heim eine Weile hinaus, besorgte sich einen NUMA-Jeep und fuhr zu der auf einem Hügel am Ostufer des Potomac gelegenen Zentrale. Er stellte den Jeep in dem unterirdischen Parkhaus ab und nahm den Aufzug in den zehnten Stock, ins Reich von Hiram Yeager, dem Computergenie der Behörde und Herrn über einen riesigen Rechnerverbund. In Yeagers Datenbank waren sämtliche wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Meeresforschung gespeichert, dazu alle historischen Ereignisse seit Anfang der Geschichtsschreibung und darüber hinaus.
Yeager stammte aus dem Silicon Valley und war seit fast fünfzehn Jahren bei der NUMA. Mit den ergrauenden, zu einem Pferdeschwanz gebundenen Haaren und seiner Alltagskluft, einer Levi’s samt dazugehöriger Jeansjacke und Cowboystiefeln, sah er aus wie ein alter Hippie. Niemand hätte bei seinem Anblick vermutet, dass er ein schickes Haus in einer vornehmen Wohngegend in Maryland besaß, einen BMW 740il fuhr und zwei Töchter hatte, die auf der Schule mit hervorragenden Leistungen glänzten und nebenbei preisgekrönte Turnierreiterinnen waren. Außerdem hatte er einen hypermodernen Computer konstruiert und ein Programm namens Max entwickelt, ein anhand von Fotos seiner Frau geschaffenes Hologramm, das fast menschlich wirkte und sofort auftauchte, wenn er es ansprach.
Yeager wertete gerade die neuesten Erkenntnisse einer NUMA-Expedition aus, die vor der japanischen Küste auf der Suche nach neuen Lebensformen Tiefenbohrungen am Meeresboden vornahm, als Pitt in sein Allerheiligstes kam.
Er blickte auf, erhob sich dann und bot ihm lächelnd die Hand zum Gruß. »So, so, der Schrecken der Tiefe ist also wieder daheim.« Bestürzt musterte er Pitt. Der Leiter für Spezialprojekte der NUMA sah aus wie ein Tippelbruder. Seine Shorts und das geblümte Hemd waren völlig verlottert, die dick bandagierten Füße steckten in Badelatschen. Obwohl er im Flugzeug etliche Stunden geschlafen hatten, wirkten seine Augen müde und verquollen. Das Gesicht war mit Bartstoppeln übersät und sah aus, als hätte er sich seit einer Woche nicht mehr rasiert. Offensichtlich hatte er einiges durchgemacht.
»Für den Mann der Stunde siehst du ziemlich heruntergekommen aus.«
Pitt schüttelte Yeager die Hand. »Ich bin vom Flughafen aus direkt hierher gekommen, um dich ein bisschen zu ärgern.«
»Das glaube ich dir aufs Wort.« Bewundernd blickte er Pitt an. »Ich habe den Bericht über die unglaubliche Rettungsaktion gelesen, die du und die Besatzung der
Deep Encounter
vollbracht haben. Und ich weiß über deinen Kampf mit den Piraten Bescheid. Wieso gerätst du immer wieder in so einen Schlamassel?«
»Es ergibt sich einfach«, erwiderte Pitt und hob beschwichtigend die Hände. »Ganz im Ernst, um die Rettung der Passagiere haben sich vor allem die Männer und Frauen an Bord des Forschungsschiffes verdient gemacht. Die haben geschuftet wie die Wahnsinnigen. Und den Löwenanteil zu ihrer Befreiung hat Giordino beigetragen.«
Yeager wusste nur zu gut, dass Pitt nichts für Lob und Komplimente übrig hatte. Der Kerl ist einfach zu bescheiden, dachte er. Ohne weiter auf die jüngsten Ereignisse einzugehen, winkte er Pitt zu einem Stuhl.
»Hast du den Admiral schon gesprochen? Er hat für dich rund fünfzig Interviews mit Pressevertretern anberaumt.«
»Ich bin noch nicht ganz bereit, mich dem zu stellen. Ich spreche morgen früh mit ihm.«
»Und was führt dich in meine Welt der virtuellen Künste?«
Pitt legte Egans Lederkoffer auf Yeagers Schreibtisch und öffnete ihn. Er wickelte den aus dem Kreuzfahrtschiff geborgenen Klumpen aus und reichte ihn Yeager. »Ich möchte, dass man das untersucht
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