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Im Zeichen des Adlers

Im Zeichen des Adlers

Titel: Im Zeichen des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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zufällig durch das kleine Fenster, und sein Blick fiel auf die gewaltigen Triebwerke.
    »Alles klar?«
    »Si«, murmelte Hidden Moon.
    »Bene«, nickte Gabriel und schloß die Augen.
    *
    Paris
    Strömender Regen spülte das Blut in die klaffenden Lücken des Gassenpflasters. Die Nacht breitete ihr Dunkel barmherzig über die Toten, die schon zu Lebzeiten vom Leben ausgeschlossen waren.
    Vor Hidden Moons Augen jedoch konnte die Nacht nichts verber-gen. Für seinen vampirischen Blick, der selbst geringstes Licht zu nutzen verstand, schien das ganze Szenario wie in Blut gemalt. Und er selbst war der Künstler, der dieses grauenhafte Werk geschaffen hatte .
    »Bist du satt?« kam es fragend aus der Nacht.
    Gabriel hatte sich ein Stück abseits gehalten, während der Vampir weiter in das Gassengewirr nahe der Seine vorgedrungen war, dorthin, wo jene ein Zuhause gefunden hatten, die von der Gesellschaft verstoßen wurden. Clochards wurden sie weithin genannt; doch Gabriel hatte schon in der kurzen Zeit seines Aufenthaltes hier festgestellt, daß ein anderer Ausdruck sie eher bezeichnete - Freaks. Denn es waren beileibe nicht nur gewöhnliche Obdachlose, die sich hierher verkrochen .
    Hidden Moon, wieder in menschliche Gestalt zurückverwandelt, nachdem er als Adler in die Gassen eingefallen war, nickte und erhob sich. Sein Anzug klebte ihm längst am Leibe, klatschnaß nicht mehr allein vom Regen, der ihm das Blut in Schlieren aus dem Gesicht und von den Händen wusch.
    »Was soll mit ihnen geschehen?« fragte der Arapaho durch das Rauschen des Regens und zeigte hinab auf die drei ausgesaugten Leichen. »Wollen wir sie einfach hier liegenlassen?«
    Der Knabe, so trocken, als weigere der Regen sich, ihn zu berühren, trat zu seinem Diener.
    »Natürlich nicht«, antwortete er. »Ich sagte doch - kein Aufsehen. Noch nicht. Noch lange nicht.«
    »Wohin also mit ihnen?«
    »Faß an«, befahl Gabriel.
    Gemeinsam packten sie die Toten und schleiften sie zum nahen Seineufer, das an dieser Stelle vor langer Zeit einmal befestigt gewesen sein mochte. Inzwischen aber waren Stein und Beton weitgehend abgebröckelt oder zumindest brüchig geworden, so daß jeder Schritt zum Risiko geriet.
    »Du willst sie einfach in den Fluß werfen?« wunderte sich Hidden Moon. »Da wird man sie doch finden!«
    »Nicht, wenn ich die Gesetze der Physik ein wenig zu unseren Gunsten beeinflusse«, erklärte Gabriel. »Ich muß nur -«, er wuchtete den ersten Leichnam über den Uferstreifen,»- das Wasser überzeugen, daß der Körper schwer wie Stein ist.«
    Mit lauten Platschen schlug der Tote ins Wasser, das an just dieser Stelle für einen winzigen Moment in glühendem Rot aufleuchtete -und augenblicklich versank der Körper darin, so rasch, als sei er aus Granit gemeißelt!
    Das gleiche Phänomen wiederholte sich auch bei den beiden anderen Toten.
    »Du siehst«, sagte Gabriel, »ein Kinderspiel - wenn man weiß, wie's geht.« Er blinzelte seinem Diener verschwörerisch zu. »Und nun komm mit.«
    Gabriel ging dem Arapaho voraus, führte ihn so sicher durch das Gassenlabyrinth, als kenne er es schon seit langer Zeit. Während der Knabe kaum einen Blick nach links oder rechts warf, ließ Hidden Moon sich immer wieder ablenken von dem, was sich in den Schatten tat. Gefahr indes drohte ihnen zu keiner Sekunde - im Gegenteil, als spürten jene, die dort im Dunkeln hausten, wer oder vielmehr was da kam, zogen sie sich nur noch tiefer zurück, harrten reglos aus, bis der teuflische Knabe und sein Vasall vorübergegangen waren. Ein ums andere Mal meinte der Vampir förmlich zu fühlen, wie Erleichterung sich hinter ihnen breitmachte.
    »Wohin gehen wir?« fragte er nach einer Weile.
    »Hier entlang«, sagte Gabriel knapp und wies in einen besonders schmalen Durchlaß zwischen zwei einsturzgefährdeten Bauten, die seit Jahrzehnten nicht mehr offiziell bewohnt sein konnten.
    Am Ende der engen Sackgasse stießen sie auf ein Loch in der Ziegelmauer, die den Weg dort abriegelte. Gabriel schlüpfte hindurch, Hidden Moon folgte ihm seiner Größe wegen etwas mühevoller nach.
    Sie befanden sich in einem winzigen Raum, dessen einziger Zugang verschüttet war. Nur eine Treppe, schief und wacklig, führte in die Tiefe hinab.
    An ihrem unteren Ende tauchten die beiden in ein regelrechtes Labyrinth aus Gängen und Stollen ein, aber auch hier fand Gabriel mit geradezu traumwandlerischer Sicherheit seinen Weg. Weil von nirgendwoher auch nur der geringste Lichtschimmer

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