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Im Zeichen des Adlers

Im Zeichen des Adlers

Titel: Im Zeichen des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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Simenon und Malet die schönsten Morde geschahen, der sentimentalen Kulisse wegen: schmuddelige Häuser, nasses Kopfsteinpflaster, altmodische Plätze und Restaurants, in denen kleine Leute an engen Tischen Alltägliches bereden. Kurzum: Im 13. Arrondisse-ment entsprach die Stadt noch immer jenem Bild, das Menschen in aller Welt von Paris im Kopf hatten.
    Philemon de Lamaze verzichtete darauf, an der Haustür zu klingeln, zumal er davon ausging, daß die Klingel sowieso nicht funktionierte. Als eine ältere Frau das schmalbrüstige Haus verließ, schlüpfte er durch die Tür, ehe sie ins Schloß fiel, und stieg dann die knarrenden Holzstufen in die zweite Etage hinauf. In den altersschwachen Paternoster setzte er noch weniger Vertrauen als in die Klingel .
    Im Treppenhaus roch es nach Zigaretten- und Pfeifenrauch, nach Fisch- und Gemüsesuppe und nach ein paar Dingen, die nicht einmal Philemons feine Nase zu entschlüsseln wußte. Vor Mimiches Appartementtür konzentrierte sich der Zigarettengeruch, und darunter lag, wenn man exakt zu riechen verstand, der Geruch von Papier und Druckerschwärze. Was - Philemon lächelte - aber auch bloße Einbildung sein konnte .
    Mit den Knöcheln pochte er fest gegen die Tür - die unter der Berührung aufschwang; Ein Stückweit jedenfalls, denn schon wurde sie von einem Zeitungsstapel, die im dahinterliegenden Korridor zu-hauf standen, gebremst.
    Einen Moment lang war Philemon beunruhigt. Offene Türen verhießen selten etwas Gutes.
    Mimiches markante Stimme beruhigte ihn jedoch umgehend wie-der.
    »Komm rein«, rief er, »ich habe dich schon erwartet!«
    Philemon schob sich durch den Türspalt und drückte die Tür hinter sich zu. Wie ein Storch stieg er dann über die Zeitungsstapel im Flur hinweg und erreichte schließlich Mimiches »Allerheiligstes« -eine wohl einzigartige Mischung aus Heimredaktion, Küche, Wohn-und Schlafzimmer. Wozu Mimiche die anderen Zimmer seiner Wohnung nutzte, hatte Philemon nie erfahren; vermutlich als Archiv. Oder er versteckte darin irgendwelche Leichen, die er in der Saure-Gurken-Zeit hervorholte .
    Der Nebel, der über Paris lag, schien einen heimlichen Weg in Mimiches Appartement gefunden zu haben. Graublauer Dunst hing über allem, und der Reporter selbst schien regelrecht zu dampfen, so sehr war er in Zigarettenqualm gehüllt.
    Eines der zahlreichen Telefone, die über den Raum verteilt waren, schlug an. Mimiche streckte sich, nahm den Hörer ab und legte ihn gleich wieder auf.
    »Jetzt nich'«, brummte er.
    »Kannst du hellsehen?« spielte Philemon auf Mimiches Bemerkung an, daß der ihn schon erwartet hätte.
    »Nein, aber aus dem Fenster sehen.« Der Reporter, ein schlaksiger Typ mit markantem Gesicht, das ein klein wenig an den jungen Bel-mondo erinnerte, wies zum Fenster hin, zu dem der Weg einem Hürdenlauf gleichen mußte. »Allerdings habe ich mir ohnehin gedacht, daß du aufkreuzen würdest, nach dem, was da letzte Nacht passiert ist«, fuhr Mimiche dann fort. »Obwohl ich hoffte, dich nie mehr wiedersehen zu müssen.«
    »Und so was nennt sich nun Freund«, meinte Philemon, und er klang ehrlich betroffen.
    »Hab' ich nie getan.«
    »Was?«
    »Behauptet, dein Freund zu sein. Wer Freunde wie dich hat, der braucht keine Feinde mehr.«
    »Davon dürftest du sowieso genug haben. Kommt es da auf einen mehr oder weniger an?« entgegnete Philemon ernst.
    »Bon, mach's kurz«, wechselte Mimiche das Thema. »Was willst du?«
    »Die Leiche.«
    »Du willst - was?« Mimiche schien aus seinem lädierten Schreibtischsessel aufspringen zu wollen, verhielt aber inmitten der Bewegung. »Das kann nicht dein Ernst sein .«
    Philemon winkte lächelnd ab. »Ich will sie nicht haben - nur sehen.«
    Mimiche stieß einen verächtlichen Laut hervor.
    »Willst du dir noch mal bei Tageslicht ansehen, was du in der Nacht angerichtet hast?« fragte er bitter.
    Philemon war nun vollends getroffen, tief ins Mark, und fast hätte er sich gekrümmt unter dem Vorwurf des Reporters. Wenngleich er ihn und seine ablehnende Haltung ja nur zu gut verstand. Vielleicht - ganz bestimmt sogar! - hätte er an Mimiches Stelle nicht anders reagiert. Im Gegenteil, fast bewunderte er den Reporter schon dafür, daß er ihm, de Lamaze, überhaupt Einlaß gewährt hatte .
    »Das war nicht ich«, sagte er nur, weil ihm jedes Wort mit einemmal schwerfiel.
    »Und das soll ich dir glauben?«
    »Habe ich dich schon einmal belogen?«
    »Nun, das nicht«, erwiderte Mimiche gedehnt. »Aber du

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