Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
werden, dass solche Informanten Kriminelle und somit nur begrenzt zuverlässig waren und zu Lüge, Übertreibung oder Erfindung neigten, um die andere Seite zufrieden zu stellen. Und darum musste Schablikow aufpassen, dass er nicht alles glaubte, was man ihm auftischte.
Pawel Petrowitsch Klusow hatte Zweifel, was seine Zusammenarbeit mit diesem korrupten Polizeioberst anging. Schablikow war zwar kein ehemaliger KGBler, aber ein Karrierist und längst nicht so gewitzt, wie er selbst glaubte. Als Strafverfolger hielt er jedenfalls gern die Hand auf oder ließ sich auf inoffizielle Arrangements ein. Wahrscheinlich war er überhaupt nur so auf seinen hohen Posten vorgerückt, dachte Klusow und fragte sich, ob der Oberst nicht womöglich auch ein Devisenkonto irgendwo im Ausland hatte. Es wäre interessant zu erfahren, wo und wie er wohnte, was für einen Wagen er und seine Frau privat fuhren. Wie auch immer, er, Klusow, würde tun, was von ihm verlangt wurde, denn seine eigenen ›gewerblichen‹ Unternehmungen blühten unter Schablikows Schutz. Heute Abend würde er Irina Aganowa zum Essen ausführen, anschließend vielleicht auch mit ihr ins Bett gehen und mit etwas Glück zu hören bekommen, wer von Awseijenkos ehemaligen Angestellten den Tod des Zuhälters besonders tief betrauerte.
»Ja, Genosse Oberstleutnant«, stimmte Klusow zu. »Wie Sie meinen. Ich hoffe, Ihnen morgen schon Genaueres sagen zu können.«
»Wehe, wenn nicht, Pascha«, entgegnete Schablikow wie ein Schulmeister, der von einem minderbegabten Schüler Hausaufgaben einforderte.
»Ist schon unterwegs«, berichtete Zhang seinem Ministerpräsidenten.
»Dass diese Sache nur ja erfolgreich ausgeht und nicht so wie die beiden vertanen Chancen zuvor«, erwiderte der Ministerpräsident trocken. Die Risiken dieser Operation waren unvergleichlich viel größer. Vorausgegangen waren zum einen Japans Versuch, das Kräfteverhältnis im pazifischen Raum zu seinen Gunsten zu verändern, zum anderen die iranischen Ambitionen, aus den Trümmern der Sowjetunion eine neue Nation aufzubauen, und beide Male hatte die Volksrepublik kaum etwas getan – nur zugeguckt und vorsichtig Beifall geklatscht. Diesmal sollte mehr herausspringen. Dafür würde man allerdings auch ein bisschen mehr investieren müssen. Schließlich war nichts umsonst.
»Ich ... wir hatten einfach Pech.«
»Vielleicht.« Der Ministerpräsident nickte beiläufig und schlug eine neue Seite in seinen Unterlagen auf.
Zhang Han San fröstelte ein wenig. Der Ministerpräsident der Volksrepublik war bekannt für seine Emotionslosigkeit, brachte seinem Minister ohne Geschäftsbereich aber immer ein gewisses Maß an Sympathie entgegen. Zhang war einer der wenigen, deren Rat der Ministerpräsident wirklich ernst nahm. So auch heute, wenngleich von Sympathie nicht viel zu spüren war.
»Wir haben nichts riskiert und wir haben nichts verloren«, sagte Zhang.
Der Kopf blieb gesenkt. »Nur, dass jetzt in Taipeh ein amerikanischer Botschafter sitzt.« Und mittlerweile war von einem Verteidigungsbündnis die Rede, dessen einziger Zweck darin bestand, die amerikanische Navy ins Spiel zu bringen und ihr langfristig einen Stützpunkt einzuräumen (finanziert wahrscheinlich allein mit taiwanesischem Geld). Dieser sollte dann, wie die Amerikaner dann ganz unschuldig behaupten würden, nur ein Ersatz für die Subic Bay auf den Philippinen sein. Nach der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen mit den USA hatte die Wirtschaft in Taiwan einen kräftigen Schub erlebt, und aus der ganzen Welt war enorm viel neues Kapital auf die Insel geflossen. Eigentlich hätte ein Großteil des Geldes an die Volksrepublik gehen sollen und müssen , doch Amerika wollte es anders.
Dieser Sinneswandel ging, wie die Geheimdienste behaupteten, ganz allein auf den amerikanischen Präsidenten Ryan zurück und stand im Widerspruch zu den Empfehlungen seiner Ratgeber in Washington. Nur der Außenminister, dieser Adler, habe, wie es hieß, Ryans törichte Entscheidung unterstützt.
Zhangs Körpertemperatur senkte sich um weitere Zehntelgrade. Waren denn nicht beide seiner Pläne ungefähr so aufgegangen wie erwartet? Beide Male hatte sein Land, wie schon gesagt, nichts riskiert und nichts verloren – wenn man einmal absah vom Verlust der ein, zwei Kampfflieger, aber die stürzten ohnehin immer mal wieder ab. Und gerade im Hinblick auf Taiwan hatte sich die Volksrepublik doch sehr verantwortungsbewusst verhalten, ja, sogar
Weitere Kostenlose Bücher