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Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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ersetzt worden, durch junge Soldaten (alle Soldaten waren jung, wie sich Nomuri erinnerte) aus entlegenen Gebieten der Volksrepublik. Die waren noch nicht angesteckt von den Ideen ihrer Altersgenossen, die auf dem Platz demonstrierten, sympathisierten auch nicht mit ihnen und kamen gar nicht erst in Versuchung, sich zu fragen, warum die Regierung, die sie mit Waffen und Uniformen ausstattete, von ihnen verlangte, diesen Leuten weh zu tun, anstatt ihnen zuzuhören … Und so handelten sie wie jene geistlosen Automaten, in die man sie durch Drill verwandelt hatte.
    Dort, ein paar Schritte entfernt, paradierten einige Soldaten der Volksbefreiungsarmee in ihren grünen Uniformen und mit ausdruckslosen, wächsernen Gesichtern, die, so fand Chet, wie geschminkt aussahen. Es reizte ihn, zu ihnen hinzugehen und sich aus der Nähe zu vergewissern, doch dann wandte er sich kopfschüttelnd ab. Dafür war er nicht nach China geflogen. Was er im Auftrag der Nippon Electric Company zu tun hatte, war schwer genug, zumal er noch einer zweiten Beschäftigung nachging. Er war nicht nur Handelsvertreter von NEC, sondern auch Agent der CIA. Um in letzterer Funktion Erfolg zu haben, musste er auch in seinem zivilen Job gut sein und einen japanischen Gehaltsempfänger mimen, der sich mit Haut und Haaren seinem Arbeitgeber verschrieben hatte. Immerhin wurden ihm zwei Gehälter gutgeschrieben, und das aus Japan war nicht schlecht, zumal bei dem zurzeit gültigen Wechselkurs.
    Dass man ihn mit einer so wichtigen Aufgabe betraut hatte, verdankte Nomuri, wie er ahnte, wohl nicht nur seinen anerkannten Fähigkeiten – zuvor hatte er schon in Japan informelle Mitarbeiter für die CIA gewonnen –, sondern nicht zuletzt der Verzweiflung seiner Vorgesetzten. Bislang waren alle Versuche, ein Agentennetz in China zu installieren, kläglich gescheitert. Langley hatte nur wenige amerikanische Chinesen in seinen Reihen, und einer davon saß mittlerweile im Gefängnis, weil er in einen schweren Loyalitätskonflikt geraten war. Dass sich auch innerhalb der CIA rassistische Tendenzen breit machten, war kein Geheimnis mehr, und momentan hatte man es insbesondere auf die chinesischen Mitarbeiter abgesehen. Aber dafür konnte Nomuri nichts. Er konnte sich auch nicht als Chinese ausgeben – allenfalls unter den halbblinden Rassisten des Westens, für die alles, was Schlupflider hatte, gleich aussah, ganz gewiss aber nicht hier in Peking. Hier stach Nomuri als Japaner (südkalifornischen Einschlags) aus der Masse hervor, wie es auch Michael Jordan als schwarzer Riese tun würde. Für einen Geheimagenten ohne diplomatischen Schutz war dieser Umstand nicht gerade beruhigend, zumal das chinesische Ministerium für Staatssicherheit in dem Ruf stand, besonders effizient zu sein. Das MSS war in dieser Stadt mindestens ebenso mächtig wie der sowjetische KGB seinerzeit in Moskau und wahrscheinlich nicht weniger schonungslos. China, so erinnerte sich Nomuri, folterte seine Kriminellen und andere ungeliebte Bürger schon seit Jahrtausenden … und seine ethnische Herkunft würde ihm hier nicht unbedingt zum Vorteil gereichen. Die Chinesen machten Geschäfte mit Japanern, weil es ihnen nutzte beziehungsweise weil sie davon abhängig waren, aber im Grunde konnten sich beide Seiten auf den Tod nicht ausstehen. Japan hatte sich im Zweiten Weltkrieg als bestialischer Schlächter erwiesen, eine Tatsache, an die man sich anderenorts in der Welt kaum erinnerte, es sei denn, um eine rassistische Antipathie zu bedienen, die zurückging bis in die Zeiten Kublai Khans.
    Nomuri war ganz und gar angepasst. Er hatte sich zur CIA gemeldet, um seinem Land zu dienen und um, wie er damals noch glaubte, etwas zu tun, das auch Spaß machte. Dann aber musste er erfahren, dass er als Agent einen todernsten Job machte, der unter anderem darin bestand, Orte aufzusuchen, an denen er eigentlich nichts verloren hatte, Informationen zu beschaffen, die ihn nichts angingen, und diese an Leute weiterzureichen, die von alledem nichts wissen durften. Dass Nomuri an diesem Job festhielt, lag nicht nur an seinem Pflichtgefühl. Es war auch der Kitzel, der Reiz, zu wissen, was andere nicht wussten, und auf fremdem Terrain andere in ihrem eigenen Spiel zu schlagen.
    In Japan hatte er wie jeder andere ausgesehen. Nicht so hier in Peking. Er war auch ein Stück größer als der Durchschnittschinese  – was wohl an seiner Ernährung als Kind und am amerikanischen Mobiliar lag – und in seiner

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