Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
lang standzuhalten, Andruschka?«
»Vielleicht sogar neunzig, Genosse General. Das ist auf jeden Fall besser als fünf Minuten, oder nicht?« Er hielt inne, um einen Schluck Wodka zu nehmen. Beide tranken seit einer halben Stunde. »Mit der 265. müssen wir unverzüglich ein intensives Ausbildungs- und Übungsprogramm beginnen. Ehrlich gesagt, der Divisionskommandeur hat keinen sehr überzeugenden Eindruck gemacht, aber ich schätze, wir müssen ihm eine Chance geben.«
»Er ist schon so lang hier draußen«, bemerkte Bondarenko, »dass er sich vermutlich mit dem Gedanken an chinesisches Essen angefreundet hat.«
»General, ich war schon als Leutnant hier«, sagte Alijew. »Ich weiß noch, wie uns die politischen Offiziere sagten, die Chinesen hätten die Bajonette ihrer AK-47s verlängert, um durch die zusätzliche Fettschicht zu kommen, die wir uns zugelegt hätten, seit wir dem wahren Marxismus-Leninismus abgeschworen haben und zu viel essen.«
»Tatsächlich?«, fragte Bondarenko.
»Es ist die Wahrheit, Gennadi Josifowitsch.«
»Und, was wissen wir über die Volksbefreiungsarmee?«
»Sie ist zahlenmäßig sehr stark, und die Soldaten werden jetzt schon seit vier Jahren einem sehr harten Training unterzogen, das wesentlich intensiver ist als unseres.«
»Die können sich das ja auch leisten«, bemerkte Bondarenko angesäuert. Ein weiterer Punkt war ihm bei seiner Ankunft klar geworden, nämlich, wie wenig Gelder ihm für die Übungsausrüstung zur Verfügung standen. Aber zumindest waren die Kassen nicht ganz leer. Es gab zudem Lebensmittelvorräte, die über drei Generationen angehäuft worden waren. Außerdem buchstäblich Berge von Munition für die 100-mm-Geschütze seiner vielen – und längst überholten – T-54/55-Panzer und ein Meer von Dieseltreibstoff, der in unzähligen unterirdischen Tanks gelagert war. Der Militärbezirk Fernost besaß eine Infrastruktur, die von der Sowjetunion über mehrere Generationen behördlicher Paranoia hinweg geschaffen worden war. Aber das war nicht dasselbe wie eine Armee, die man befehligen konnte.
»Wie sieht es mit den Luftstreitkräften aus?«
»Die meisten Maschinen sind aus dem Verkehr gezogen«, antwortete Alijew düster. »Ersatzteilprobleme. Wir haben so viel in Tschetschenien verheizt, dass es hier an allen Ecken und Enden fehlt, und der Westbezirk hat Vorrang.«
»Ach? Rechnet unsere politische Führung mit einem Einfall der Polen?«
»Das ist die Richtung, in der Deutschland liegt«, bemerkte der G-3.
»Was diesen Punkt angeht, streite ich schon seit drei Jahren mit dem Oberkommando herum«, brummte Bondarenko und dachte dabei an seine Zeit als Oberbefehlshaber der Bodenkampftruppen der ganzen russischen Armee. »Aber diese Leute hören lieber auf sich selbst als auf die vernünftigen Argumente anderer.« Er blickte zu Alijew auf. »Und wenn die Chinesen kommen?«
Der Einsatzoffizier zuckte mit den Achseln. »Dann kriegen wir Probleme.«
Bondarenko dachte an die Landkarte. Es war nicht allzu weit zu den neuen Goldfunden … und die nie rastenden Pioniere bauten bereits die Straßen dorthin …
»Morgen, Andrej Petrowitsch. Morgen fangen wir an, ein Übungsprogramm für den ganzen Kommandobereich zu entwerfen«, sagte der Oberbefehlshaber Fernost zu seinem G-3.
27
TRANSPORT
Diggs gefiel nicht besonders, was er sah, aber es kam nicht ganz unerwartet. Ein Bataillon von Colonel Lisles 2 nd Brigade übte gerade auf dem Truppenübungsgelände – schwerfällig, fand Diggs. Aber natürlich musste er seine Gedanken korrigieren. Hier handelte es sich nicht um das National Training Center von Fort Irwin in Kalifornien, und Lisles 2 nd Brigade war nicht das 11 th Armored Cavalry Regiment, dessen Soldaten praktisch täglich trainierten und deshalb wirklich auf Draht waren. Dagegen war die 1. Panzerdivision seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu einer Garnisonstruppe verkommen, und die vergeudete Zeit in Restjugoslawien, wo sie sich als ›Friedenshüter‹ versuchten, hatte nicht unbedingt dazu beigetragen, ihre militärische Leistungsfähigkeit zu steigern. Friedenshüter war übrigens ein Begriff, den Diggs nicht ausstehen konnte. Sie sollten Soldaten sein, fand er, keine Polizisten im Kampfanzug. Bei dieser Übung hier wurde die Rolle der gegnerischen Kräfte von einer deutschen Brigade gespielt, und wie es aussah, schlugen sie sich mit ihren Leopard-II-Panzern ziemlich gut. Na ja, den Deutschen lag das Soldatsein irgendwie im Blut, aber sie
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