Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
lassen. Das hatte für diese weißen Hinterwäldler das eigentliche Problem dargestellt. Die Schwarzen in einem städtischen Bus fahren zu lassen war keine große Sache, aber wählen bedeutete Macht, reale bürgerliche Macht, also die Möglichkeit, jene Leute zu wählen, die die Gesetze machten, welche für schwarze und weiße Bürger gleichermaßen galten. Das hatte den Hinterwäldlern überhaupt nicht gepasst. Aber die Zeiten hatten sich geändert, und jetzt akzeptierten sie das Unvermeidliche – nachdem es eingetreten war – und sie hatten nicht nur gelernt, damit umzugehen, sondern sie hatten auch gelernt, statt den Demokraten die Republikaner zu wählen. Und das Witzige daran war für Hosiah Jackson, dass sein eigener Sohn Robert konservativer war als all diese gut gekleideten Hinterwäldler, und er hatte es ziemlich weit gebracht für den Sohn eines farbigen Predigers aus dem tiefsten Mississippi. Aber jetzt wurde es Zeit. Wie Jackson hatte auch Patterson einen großen Spiegel an der Tür, damit er auf dem Weg nach draußen noch schnell sein Äußeres überprüfen konnte. Ja, er war bereit. Er sah ernst und feierlich aus, wie es sich für die Stimme Gottes gehörte.
Die Gemeinde sang bereits. Es gab hier eine gute Orgel, eine richtige, nicht so eine elektronische wie in seiner Kirche, aber der Gesang … Nun, sie konnten nichts dafür. Sie sangen wie Weiße, daran ließ sich eben nichts ändern. Ihr Gesang hatte die gebührende Hingabe, aber nicht die überschäumende Leidenschaft, wie er sie aus seiner Kirche kannte … Aber diese Orgel hätte er zu gern gehabt, dachte Hosiah Jackson. Die Kanzel war bestens ausgestattet, mit einer Flasche Eiswasser und einem Mikrophon. Es war von dem CNN-Team aufgestellt worden, das sich diskret im Hintergrund hielt, was für Fernsehleute ungewöhnlich war, fand Reverend Jackson. Sein letzter Gedanke, bevor er begann, war, dass der einzige andere Schwarze, der bis zu diesem Moment auf dieser Kanzel gestanden hatte, der Mann gewesen war, der die Holzverschalung lackiert hatte.
»Guten Morgen, meine Damen und Herren. Ich bin Hosiah Jackson. Sie wissen wahrscheinlich alle, wo meine Kirche ist. Ich bin auf Einladung meines guten Freundes und Kollegen, Ihres Pastors Gerry Patterson, hier.
Gerry Patterson ist heute mir gegenüber insofern im Vorteil, als er im Gegensatz zu mir – und, wie ich glaube, auch jedem anderen der heute hier Anwesenden – den Mann, dessen wir heute gedenken wollen, tatsächlich kannte.
Für mich war Yu Fa An nur ein Brieffreund. Vor einigen Jahren hatten Gerry und ich Gelegenheit, über unser geistliches Amt zu sprechen. Wir trafen uns in der Kapelle des örtlichen Krankenhauses. Wir hatten beide einen schlimmen Tag hinter uns. Wir hatten beide an jenem Tag etwa zur gleichen Zeit liebe Menschen an die gleiche Krankheit verloren, nämlich den Krebs, und beide hatten wir das dringende Bedürfnis, uns in die Krankenhauskapelle zurückzuziehen. Ich glaube, wir mussten Gott dieselbe Frage stellen. Es ist die Frage, die sich jeder von uns schon gestellt hat – warum gibt es so viel Schlechtigkeit auf der Welt, warum lässt ein liebender und gnädiger Gott das zu?
Nun, die Antwort auf diese Frage findet sich in der Heiligen Schrift, und dort wiederum an vielen Stellen. Sogar Jesus selbst beklagte den Verlust unschuldigen Lebens, und eines seiner Wunder bestand darin, Lazarus von den Toten zu erwecken – zum einen, um zu zeigen, dass Er wahrhaftig der Sohn Gottes war, zum anderen aber auch, um Seine Menschlichkeit zu zeigen, um zu zeigen, wie sehr Ihm der Verlust eines guten Menschen zu Herzen ging.
Doch Lazarus war, wie unsere zwei Gemeindemitglieder an jenem Tag im Krankenhaus, an einer Krankheit gestorben, und als Gott die Welt schuf, schuf er sie so, dass gewisse Dinge der Verbesserung bedurften – und auch heute noch bedürfen. Der Herr, unser Gott, trug uns auf, uns die Erde untertan zu machen. Und ein Teil dieses Wunsches Gottes war auch, dass wir Krankheiten heilen, dass wir alle mangelhaften Dinge richten und so die Welt vollkommen machen, auf eben dieselbe Weise, wie wir auch uns selbst vervollkommnen können, wenn wir Gottes Heiliges Wort befolgen.
Gerry Patterson und ich haben uns an jenem Tag sehr gut unterhalten, und dieses Gespräch war der Beginn unserer Freundschaft, da doch alle Diener des Herrn Freunde sein sollten, weil wir dieselbe Lehre desselben Gottes verkünden.
Als wir eine Woche später wieder miteinander sprachen,
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