Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
brauchte diesen Regierungsjob nicht wirklich. Und ihn anzunehmen war außerdem mit erheblichen persönlichen Opfern verbunden gewesen. In Höhe von ein paar Millionen Dollar. Berechtigte ihn das etwa nicht zu sagen, was er wirklich dachte?
»Mr. Xue, Sie beschuldigen uns, Ihre nationale Identität zu verletzen, weil wir gegen die Morde protestieren, die Ihre Regierung – beziehungsweise deren Vertreter – vor laufender Kamera begangen hat. Wir Amerikaner mögen es nicht, wenn jemand willkürlich einen Mord begeht.«
»Diese Leute haben gegen unsere Gesetze verstoßen«, erinnerte Xue ihn.
»Das mag sein. Aber wenn in Amerika jemand gegen das Gesetz verstößt, verhaften wir ihn und machen ihm vor einem Richter und Geschworenen den Prozess. Und um ein faires Verfahren zu garantieren, bekommt er einen Verteidiger. Aber wir schießen jemanden, der ein Neugeborenes in den Händen hält, nicht in den Kopf!«
»Das war bedauerlich«, gab Xue zu, »aber wie gesagt, diese Männer haben gegen das Gesetz verstoßen.«
»Und deshalb sind Ihre Polizisten als Richter, Geschworene und Henker in einem aufgetreten. Mr. Xue, für uns Amerikaner war das ein Akt der Barbarei.«
Das Wort mit B verfehlte seine Wirkung nicht. »So kann Amerika nicht mit China sprechen, Mr. Gant.«
»Hören Sie, Mr. Xue, das hier ist Ihr Land und Sie können Ihr Land so regieren, wie Sie wollen. Wir erklären Ihnen nicht den Krieg wegen etwas, das Sie innerhalb Ihrer Grenzen tun. Aber es gibt auch kein Gesetz, das sagt, dass wir mit Ihnen Geschäfte machen müssen, und deshalb können wir aufhören, Ihre Produkte zu kaufen – und weil wir schon dabei sind: Das amerikanische Volk wird aufhören, Ihren Krempel zu kaufen, wenn Sie in diesem Stil weitermachen.«
»Ihr Volk? Oder Ihre Regierung?«, fragte Xue mit einem wissenden Lächeln.
»Sind Sie wirklich so blöd, Mr. Xue?«, schoss Gant zurück.
»Wie meinen Sie das?« Die letzte Beleidigung war tatsächlich durch den Panzer gedrungen, stellte Gant fest.
»Damit meine ich, Amerika ist eine Demokratie. Amerikaner treffen eine Menge Entscheidungen völlig selbstständig, und eine davon ist, wofür sie ihr Geld ausgeben. Und der Durchschnittsamerikaner wird von einem Barbaren nichts kaufen.« Gant hielt inne. »Schauen Sie, ich bin Jude. Vor etwa sechzig Jahren hat Amerika Mist gebaut. Wir haben gesehen, was Hitler und die Nazis in Deutschland gemacht haben, und wir sind nicht rechtzeitig eingeschritten, um dem ein Ende zu setzen. Da haben wir wirklich etwas versäumt, und viele Leute mussten unnötigerweise sterben. Wir haben darüber seit der Zeit, als ich noch in kurzen Hosen rumlief, viel im Fernsehen gesehen und wir werden nicht zulassen, dass so etwas jemals wieder passiert, solange wir noch irgendetwas zu sagen haben. Wenn deshalb Leute wie Sie Dinge tun, wie wir sie vor kurzem gesehen haben, dann geht in den Köpfen der Amerikaner die Holocaust-Warnlampe an. Kapieren Sie jetzt langsam?«
»So können Sie mit uns nicht reden.«
Schon wieder, wie ein Sprung in der Platte! Die Türen wurden geöffnet. Es wurde Zeit, für die nächste Runde diplomatischen Schlagabtausches ins Haus zu gehen.
»Und wenn Sie weiter unsere nationale Souveränität zu verletzen versuchen, kaufen wir eben anderswo«, gab ihm Xue mit einem gewissen Maß an Genugtuung mit auf den Weg.
»Meinetwegen. Das können wir auch. Bloß brauchen Sie unser Geld wesentlich dringender als wir Ihre Handelsgüter, Mr. Xue.« Irgendwann musste er das doch kapieren, dachte Gant. Tatsächlich zeigten sich plötzlich Emotionen in der Miene des Chinesen. Und auch in seinen Worten.
»Wir werden uns den amerikanischen Angriffen gegen unser Land nie beugen.«
»Wir greifen Ihr Land nicht an, Mr. Xue.«
»Aber Sie bedrohen unsere Wirtschaft«, sagte Xue, als sie die Tür erreichten.
»Wir bedrohen gar nichts. Ich sage Ihnen nur, dass meine Mitbürger keine Produkte eines Landes kaufen werden, das barbarische Akte begeht. Das ist keine Drohung. Das ist eine simple Feststellung.« Und dies war eine noch größere Beleidigung, was Gant jedoch nicht in vollem Umfang bewusst wurde.
»Wenn Amerika uns bestraft, werden wir Amerika bestrafen.«
Jetzt war aber wirklich genug. Gant zog die Tür halb auf, dann hielt er inne, um den Chinesen anzusehen.
»Mr. Xue, Ihre Schwänze sind nicht groß genug, um sich mit uns auf einen Pisswettbewerb einzulassen.« Und damit ging er hinein. Eine halbe Stunde später war er wieder auf dem Weg
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