Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
möglicherweise ein besseres Gespür für Pekings interne politische Abläufe haben als wir«, gab der oberste Marine zu bedenken. »Sie sprechen dieselbe Sprache, haben dieselbe Denkweise und so. Wir sollten uns in dieser Sache Taiwan unbedingt zunutze machen.«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht«, entgegnete Lahr. »Wenn ein Krieg ausbricht, werden sie nicht bloß zum Spaß mitmachen. Klar, sie sind unsere Freunde, aber eigentlich ist die ganze Sache nicht ihr Thema, und das Klügste wäre für sie sicherlich, sich erst mal aus allem rauszuhalten. Sie werden auf höchste Alarmbereitschaft gehen, aber sie werden von sich aus keine Offensivoperationen starten.«
»Werden wir den Russen wirklich helfen, wenn es so weit kommt? Oder genauer, werden die Chinesen diese Möglichkeit in Betracht ziehen?«, fragte der Befehlshaber der Luftstreitkräfte im Pazifik. Verwaltungstechnisch ›gehörten‹ die Flugzeugträger und ihre Fliegergeschwader ihm, und sie auszubilden war seine Aufgabe.
»Ihre Gedanken zu lesen ist Aufgabe der CIA, nicht unsere«, antwortete Lahr. »Außer den abgefangenen Nachrichten, die wir aus Fort Meade bekommen, hat die DIA meines Wissens in Peking keine hochwertigen Quellen. Wenn Sie meine persönliche Meinung hören wollen, also dann müssen wir immer im Auge behalten, dass ihre Analysen der politischen Lage von Mao-Anhängern vorgenommen wurden, die dazu neigen, die Dinge nicht unbedingt von einem, wie wir es bezeichnen würden, objektiven Standpunkt aus betrachten. Kurz gesagt, ich weiß es nicht und kenne auch niemanden, der es weiß, aber grundsätzlich geht aus der Information hervor, dass es den Chinesen sehr ernst ist. Ernst genug, so dass Russland in die NATO aufgenommen wird. Da könnte man durchaus von einer ziemlich verzweifelten Maßnahme zur Abschreckung der Volksrepublik sprechen, Admiral.«
»Demnach betrachteten wir einen Krieg als eine hochgradig wahrscheinliche Möglichkeit?«, fasste Mancuso zusammen.
»Jawohl, Sir«, pflichtete Lahr ihm bei.
»Also gut, meine Herren. Dann verhalten wir uns auch entsprechend. Ich möchte Pläne und Optionen vorgelegt bekommen, wie wir unseren chinesischen Brüdern das Leben schwer machen können. In groben Umrissen bis morgen nach dem Lunch, konkrete Optionen in achtundvierzig Stunden. Noch Fragen?« Es gab keine. »Okay, dann an die Arbeit.«
Al Gregory hatte einen langen Arbeitstag hinter sich. Als Softwareexperte war er es gewohnt, bis spät in die Nacht zu arbeiten, und da bildete dieser Tag keine Ausnahme. Im Moment befand er sich an Bord der USS Gettysburg , eines Lenkwaffenkreuzers der Aegis-Klasse. Das Schiff war nicht im Wasser, sondern lag im Trockendock auf Holzblöcken aufgebockt, weil eine seiner Schrauben ausgetauscht werden musste. Die Gettysburg war mit einer Boje kollidiert, die sich von ihrer Muringskette gelöst hatte und ins Fahrwasser getrieben war. In der Werft ließ man sich Zeit mit dem Austausch, weil die Maschinen des Schiffes ohnehin für eine Generalüberholung fällig waren. Für die Besatzung war das erfreulich. Der Portsmouth Naval Shipyard, Teil der Norfolk Naval Base, war nicht gerade ein beschauliches Fleckchen Erde, aber zumindest lebten dort die Familien der meisten Besatzungsmitglieder, und das machte es reizvoll genug.
Gregory befand sich im CIC des Schiffes, dem Combat Information Center oder der Gefechtszentrale, von dem aus der Kommandant ›kämpfte‹. Sämtliche Gefechts-Waffensysteme wurden von diesem geräumigen Bereich aus gesteuert. Die SPY-Radar-Anzeige fand man auf drei nebeneinander angebrachten Bildschirmen von der Größe eines Großbildfernsehers. Das Problem waren die Computer, die die Waffensysteme betrieben.
»Sie wissen ja sicher«, sagte Gregory zu dem Techniker, der die Systeme wartete, »dass ein alter iMac wesentlich mehr drauf hat als diese Kiste hier?«
»Doc, dieses System ist eine Errungenschaft der 70er Jahre«, entgegnete Senior Chief Leek. »Und eine Lenkwaffe zu orten ist ja nun wirklich nicht so schwierig, oder?«
»Außerdem, Dr. Gregory«, bemerkte Leeks Kollege Matson, »ist dieses Radar immer noch das beste System, das es zur Zeit gibt.«
»Da haben Sie natürlich Recht«, musste Gregory zugeben. Zusammengeschaltet schafften es die Hardwarekomponenten, sechs Megawatt RF-Leistung über einen nur ein Grad breiten Peilstrich zu schicken. Das konnte zum Beispiel zur Folge haben, dass ein Hubschrauberpilot, der davon was abbekam, später KAKs zeugte, wie
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