Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
bitte?«
»Genaueres erzähle ich dir später, Liebling, aber das ist die Kurzfassung.«
»Ein Krieg?«
»Ja. Es ist eine lange Geschichte, und wir hoffen, ihn durch das, was wir heute beschlossen haben, verhindern zu können.«
»Na, wenn du meinst«, bemerkte Cathy Ryan skeptisch.
»Hast du jemanden kennen gelernt, den du sympathisch fandest?«
»Der französische Präsident ist sehr nett.«
»Ach ja? Bei den Verhandlungen heute ist er mir aber ganz schön auf die Nerven gegangen. Vielleicht will er dir nur an die Wäsche.« Er war über den französischen Präsidenten genauestens im Bilde. Er stand in dem Ruf ›erstaunlicher Vitalität‹, wie man es im Außenministerium elegant ausgedrückt hatte. Na ja, die Franzosen galten schließlich seit jeher als gute Liebhaber.
»Ich bin schon versprochen, Sir John«, rief ihm seine Frau in Erinnerung.
»Und ich auch, meine Teuerste.« Ryan sah auf die Uhr. Wurde langsam Zeit, für heute Schluss zu machen. Bald würde ein Diplomat eine diskrete Ankündigung verlauten lassen, die den Abend beendete. Ryan hatte noch nicht mit Cathy getanzt. Die traurige Wahrheit war, dass er, sehr zum Leidwesen seiner Frau, absolut nicht tanzen konnte, aber er hatte sich fest vorgenommen, dieses Manko eines Tages zu beheben … vielleicht.
Die Feier endete kurz darauf. Die Botschaft verfügte über komfortable Unterbringungsmöglichkeiten, und Ryan fand den Weg zu dem großen Doppelbett, das für ihn und seine Frau reserviert worden war.
Bondarenkos offizielle Unterkunft in Tschabarsowil war sehr komfortabel und der Unterbringung eines Vier-Sterne-Generals und seiner Familie durchaus angemessen. Aber seiner Frau gefiel es dort nicht. Ostsibirien konnte nicht mit dem gesellschaftlichen Leben von Moskau aufwarten, und außerdem war eine ihrer Töchter im neunten Monat schwanger, weshalb seine Frau nach St. Petersburg gereist war, um dabei zu sein, wenn das Baby kam. Das Haus lag an einem großen Exerzierplatz. Auf der Rückseite, wo sich sein Schlafzimmer befand, grenzte es an die Fichtenwälder, die den größten Teil dieser Provinz bedeckten. Viele Angestellte nahmen sich Bondarenkos persönlicher Bedürfnisse an. Dazu gehörten ein außergewöhnlich guter Koch und Fachleute im Kommunikationsbereich. Einer von Letzteren war es, der um drei Uhr morgens Ortszeit an seine Schlafzimmertür klopfte.
»Ja, was ist?«
»Eine wichtige Nachricht für Sie, Genosse General«, antwortete eine Stimme.
»Einen Augenblick.« Gennadi Josifowitsch stand auf, schlüpfte in einen Bademantel und knipste eine Lampe an, bevor er zur Tür ging. Wie jeder Mensch, der um seinen Schlaf gebracht wurde, war er etwas brummig, aber für einen General gehörte so etwas zur Tagesordnung. Deshalb öffnete er die Tür, ohne den Unteroffizier anzufauchen, der ihm das Fernschreiben überbrachte.
»Eine dringende Nachricht, aus Moskau«, sagte der Mann.
»Da, spasiba «, antwortete der General und kehrte zum Bett zurück. Er setzte sich auf den bequemen Stuhl, über den er normalerweise seine Uniformjacke hängte, und griff nach der Lesebrille, die er eigentlich nicht brauchte, die ihm aber im Halbdunkel das Lesen erleichterte. Es war also dringend – jedenfalls dringend genug, um ihn mitten in der Nacht …
»Mein Gott«, hauchte der Oberbefehlshaber der Streitkräfte Fernost, als er die erste Seite etwa zur Hälfte gelesen hatte. Dann drehte er das Blatt um, um die Zusammenfassung auf der Rückseite zu überfliegen.
In Amerika hätte man so etwas eine Special National Intelligence Estimate genannt, eine besondere nationale Geheimdiensteinschätzung. Bondarenko hatte ähnliche Schriftstücke schon gesehen, hatte sogar geholfen, sie aufzusetzen, aber so etwas war ihm noch nie untergekommen.
Es besteht Grund zu der Annahme, dass ein Krieg zwischen Russland und der Volksrepublik China droht. Das Ziel der chinesischen Offensivoperationen wird sein, durch einen raschen, westlich von Chabarowsk erfolgenden Vorstoß von Infanteriekräften die vor kurzem entdeckten Gold- und Ölvorkommen in Ostsibirien in ihren Besitz zu bringen. Die erste Angriffswelle wird unter anderem die 34. Stoßarmee, eine Armee der Kategorie A …
Die Zuverlässigkeit dieser Lagebeurteilung, die auf Erkenntnissen nationaler Geheimdienstmitarbeiter mit Zugang zu politischen Führern der Volksrepublik China basiert, wird mit 1A eingestuft , hieß es in dem Bericht weiter. Das bedeutete, der SVR betrachtete seinen Inhalt als
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