Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
so gelernt hatte, und zwar von einem Admiral namens James Greer. Von alten Gewohnheiten trennte man sich nicht gern.
»Ich werde mich mit Sam Sherman von der Atlantic Richfield in Verbindung setzen«, sagte Winston. »Wenn er mit Informationen rausrückt, können wir ruhig Bescheid wissen.«
»Kann man ihm trauen?«
»Ja, Sir, Mr. President, Sir.«
»Verdammt noch mal, George!«
»Okay, Jack, aber wann lernen Sie endlich, Ihren elenden Job ein bisschen entspannter zu nehmen?«, entgegnete der Finanzminister.
»Erst, wenn ich dieses Scheißmausoleum verlassen habe und wieder ein freier Mann bin«, antwortete Ryan und nickte kleinmütig. Winston hatte Recht. Er musste sich mehr Gelassenheit zulegen. Dass ihn das ganze Brimborium seines Amtes so nervös machte, kam weder ihm noch seinem Land zugute. Damit gab er sich eine Blöße, die Leute wie George Winston mit Wonne ausnutzten. Vielleicht können sie sich auf diese Weise besonders gut entspannen, dachte Ryan. »George, wieso meinen Sie eigentlich, ich müsste mich in diesem Job entspannen?«
»Weil Sie ihn gut machen müssen, und verkrampft zu sein hindert Sie nur daran. Das Beste wäre, Sie könnten zumindest an einzelnen Aspekten Ihres Amtes Gefallen entwickeln.«
»An welchen zum Beispiel?«
Winston zuckte mit den Achseln und nickte dann in Richtung Vorzimmer. »Es gibt da draußen viele niedliche Praktikantinnen.«
»Jetzt reicht’s aber«, blaffte Ryan. Dann aber gelang ihm ein kleines Lächeln. »Außerdem bin ich mit einer Chirurgin verheiratet. Ein kleiner Fehltritt, und es könnte sein, dass ich mit einem Manko aufwache.«
»Ich stelle mir gerade die Schlagzeilen vor. Als Präsident hätten Sie jedenfalls ausgedient.« Winston stand auf. »Ich muss wieder rüber auf die andere Straßenseite und mir ein paar Wirtschaftsmodelle ansehen.«
»Wie geht’s denn der Wirtschaft?«, fragte der Präsident.
»Für mich und Mark Gant gibt’s keinen Grund zur Klage. Die Zentralbank ist zwar dagegen, aber ich finde, am Diskontsatz könnte wieder mal was gemacht werden. Die Inflation ist niedrig und ein deutlicherer Aufwärtsdruck wäre durchaus günstig.«
»Ben?«
Goodley überflog seine Notizen. Anscheinend hatte er einen Punkt vergessen. »Ach ja. Stellen Sie sich vor, der Vatikan entsendet einen päpstlichen Nuntius nach China.«
»Und was heißt das?«, fragte Winston, der auf halbem Weg zur Tür stehen geblieben war.
»Ein Nuntius ist so etwas wie ein Botschafter. Es wird immer wieder vergessen, dass der Vatikan ein eigenständiger Staat ist und als solcher auch angesehen sein will. Dazu gehört eben auch eine diplomatische Vertretung. Ein Nuntius ist nichts anderes als ein Botschafter – und Spitzel«, fügte Ryan hinzu.
»Meinen Sie das ernst?«, fragte Winston.
»George, der Vatikan hat den ältesten Geheimdienst der Welt. Er hat eine jahrhundertealte Tradition. Ja natürlich, ein Nuntius trägt unter anderem auch Informationen zusammen, die er nach Hause weiterleitet. Und er bringt bestimmt einiges in Erfahrung. Einem Priester vertraut man sich doch gern an, oder nicht? Die sind als Informationsbeschaffer so erfolgreich, dass unsereins schon oft versucht hat, ihren Funkverkehr zu knacken. In den 30er Jahren gab’s einen Spezialisten im State Department, der buchstäblich darüber verzweifelt ist«, erzählte Ryan, in der Mottenkiste wühlend.
»Versuchen wir’s immer noch?« Winston richtete die Frage an Goodley, den Präsidentenberater in Sachen nationale Sicherheit. Goodley warf zuerst einen Blick auf Ryan und nickte dann. »Ja, Sir, Fort Meade ist nach wie vor an deren Funkmeldungen interessiert. Ihre Chiffren sind ein bisschen altmodisch. Die kriegen wir klein.«
»Und wie sieht’s in der Hinsicht bei uns aus?«
»Der zurzeit verwendete Standard nennt sich TAPDANCE. Er basiert auf purem Zufall und ist darum theoretisch unmöglich zu knacken, es sei denn, irgendjemand irrt sich und verwendet ein Segment zum wiederholten Mal, was aber sehr unwahrscheinlich ist bei täglich zirka 647 Millionen Umstellungen auf jeder CD-ROM.«
»Und das Telefon?«
»Das STU?«, fragte Goodley. Ryan signalisierte ihm die Erlaubnis, zu reden. »Ist computergestützt und wird mit einem rechnergenerierten 256-Bit-Schlüssel codiert. Um den zu knacken, braucht man erstens einen Computer, zweitens den richtigen Algorithmus und drittens mindestens zwei Wochen Zeit, und außerdem: Je kürzer die Meldung, desto schwieriger ist es, sie zu entschlüsseln.
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