Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
mir das Geständnis als E-Mail vorliegt.«
»Ist der Datentransfer zuverlässig sicher?«
»Ja, durchaus. Den Code könnten allenfalls die Jungs und Mädels von Fort Meade knacken, und sogar die bräuchten viel Zeit dazu, selbst dann, wenn sie auf Anhieb richtig ahnen würden, wie das System funktioniert. Die Spezialisten in China stünden davor wie die Ochsen vorm Berg. Das Hintertürchen zum Provider ist so clever eingerichtet, dass unser Zugriff kaum auffallen dürfte. Und selbst wenn es auffiele – dass sich eine diplomatische Vertretung in einen Provider einklinkt, heißt noch gar nichts. Über denselben Provider lädt sich ein Botschaftsangestellter regelmäßig Pornos von einer lokalen Web-Site runter, in unserem Auftrag und als Täuschungsmanöver, falls einer von deren Abschirmdienst allzu neugierig wird.« Das alles war enorm gründlich durchdacht. Schade nur, dass die ahnungslose Gegenseite diesen raffinierten Kunstgriff nicht gebührend würdigen konnte.
»Nette Pornos?«, fragte Ed, nur um seine Frau in Verlegenheit zu bringen.
»Wenn dir Unzucht mit Kindern gefällt? Manche der Mädchen auf diese Site wären hierzulande noch nicht stimmberechtigt. Und wenn du sie dir bei uns runterladen würdest, hättest du bald das FBI am Hals.«
»Da drüben scheint tatsächlich der Kapitalismus ausgebrochen zu sein, oder?«
»Jedenfalls finden einige der alten Bonzen offenbar Gefallen daran. Wer als Mann auf die achtzig zugeht, braucht anscheinend drastischere Mittel zur Anregung.« Mary Pat hatte einschlägige Fotos gesehen, und das reichte ihr ein für allemal. Als Mutter musste sie unwillkürlich daran denken, dass diese Mädchen einmal Kinder gewesen waren, ein Gedanke, der den Besuchern solcher Web-Sites wohl nicht in den Sinn kam. Für sie waren diese Mädchen wahrscheinlich geschichtslose Wesen mit bis in alle Ewigkeit gespreizten Beinen und lüstern grinsenden Puppengesichtern. Sei’s drum, dachte die DDO, sie war von ihrer Firma nicht als Moralapostel eingestellt worden. Manchmal kam man an solchen Schweinen beruflich nicht vorbei. Wenn von ihnen interessante Dinge zu erfahren waren, galt es, sie so zu bearbeiten, dass sie die Seite wechselten und zu den Vereinigten Staaten überliefen, wo sie ihren verqueren Neigungen verstärkt nachkommen konnten – oder aber in gebremster Form, um nicht mit den Gesetzen in Konflikt zu kommen. Wie auch immer, wenn MP mit solchen Typen Kontakt hatte, entwickelte sie immer eine ausgeprägte Waschneurose. Aber das brachte ihr Job nun mal mit sich, dass sie auch Leuten die Hand geben musste, die sie sonst nicht einmal mit der Kneifzange anfassen würde. Aber es ging hier nicht um Wohlanständigkeit, sondern darum, an Informationen heranzukommen, die das Land brauchte, um seine strategischen Interessen wahren zu können. Oft genug standen Menschenleben auf dem Spiel, mittelbar oder unmittelbar. Und deshalb versuchte man, mit all denen Kontakt aufzunehmen, die Informationen anzubieten hatten, und das waren beileibe nicht nur Chorknaben.
»Okay, Liebes. Halt mich auf dem Laufenden«, sagte Ed Foley.
»Mach ich, Schnuckel.« Die DDO kehrte in ihr Büro zurück und gab ihre Antwort an Nomuri in den Computer ein: NACHRICHT ERHALTEN. HALTEN SIE UNS ÜBER IHRE FORTSCHRITTE AUF DEM LAUFENDEN. MP.
Nomuri nahm die Antwort mit Erleichterung auf. Er hatte gleich nach dem Aufwachen in seinem elektronischen Briefkasten nachgesehen. Dass er allein aufgewacht war, hatte ihn ein bisschen enttäuscht, aber Ming wäre wohl wirklich schlecht beraten gewesen, hätte sie sich nicht beizeiten in ihr eigenes Bett zurückgezogen. Sie war einfach gegangen, hatte sich nicht einmal von ihm fahren lassen. Sie teilte sich eine Wohnung mit anderen jungen Frauen, und Nomuri konnte nur hoffen, dass sie denen nicht seine Geschenke zeigte und brühwarm erzählte, was sie den Abend über so alles getrieben hatte. Solche Geschichten standen nicht nur bei Frauen hoch im Kurs, sondern auch bei Vertretern des eigenen Geschlechts, wie sich Nomuri erinnerte. Viele seiner College-Freunde hatten sich lang und breit über ihre Eroberungen ausgelassen, was dann häufig so klang, als hätte sie einen Drachen mit einem Lutscherstiel erschlagen. Nomuri war in solchen Dingen immer schon sehr zurückhaltend gewesen, vielleicht weil er damals bereits die Mentalität eines Geheimagenten hatte oder weil ihm beigebracht worden war, dass ein Gentleman genießt und schweigt. Aber wie verhielten sich Frauen in
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