Im Zeichen des Highlanders
überraschte es ihn eher, dass sie überhaupt noch gehen, geschweige denn zusammenhängende Sätze sprechen, sich ankleiden und zu den anderen zurückkehren konnten.
Etwas hatte sich verändert, überlegte er, während er seine Stiefel anzog und sich danach an den Baumstamm lehnte, der der Gartenmauer am nächsten stand. Payton wollte nicht glauben, dass es irgendein sinnlicher Zauber innerhalb dieses lauschigen Ortes war oder etwas in dem Wein, den Kirstie während ihres Gesprächs mit Sir Euan getrunken hatte. Er war überzeugt, dass es tiefer ging. Falls nicht, würde diese neue, freiere Kirstie wieder entschwinden, und das durfte nicht sein. Die Kirstie, die eben mit ihm hier herumgetollt war, hatte sich aus den Fesseln der Schuld, der Beschämung und der Angst gelöst. Payton wollte nicht, dass diese Fesseln wiederkehrten, doch solange er nicht wusste, was sich verändert hatte, was sie endlich befreit hatte, konnte er sie möglicherweise nicht von der Rückkehr zu ihrem alten Wesen abhalten.
Es war höchste Zeit, dass er sie heiratete, aber sie musste erst zur Witwe gemacht werden. Es schien Payton eine gute Sache zu sein, so viele annehmbare Gründe für die Hinrichtung Sir Rodericks zu besitzen, denn allzu leicht hätte er sich sonst den Tod dieses Mannes gewünscht, um Anspruch auf Kirstie erheben zu können. Er wollte sie öffentlich als sein Eigen bezeichnen und ärgerte sich über jede noch so kleine Handlung aus Diskretion. Er wollte ihre Beziehung öffentlich genehmigt sehen, damit sich Kirstie nie wieder über Recht oder Unrecht ihres Liebesspiels Sorgen machen musste und mit solchen Bedenken ihrer Leidenschaft nie wieder etwas von deren Lebendigkeit nehmen konnte.
Payton war nicht dumm genug zu glauben, dass sie immer so schwelgen würden wie hier. Das würden sie niemals überleben. Doch er wollte die gleiche süße Sinnlichkeit, die ihn hier im kühlen Schatten dieses stillen Ortes so herrlich ausgelaugt hatte, auch finden, wenn er nachts in ihre Arme eilte. Eine Ehe würde dies garantieren – dessen war sich Payton sicher.
Ein Rauschen in den Blättern über seinem Kopf zog seine Aufmerksamkeit auf sich und lenkte ihn von seinem versunkenen Nachdenken ab. Gerade als er den Kopf hob, legte sich eine Schlinge um seinen Hals. Payton packte das dicke Seil, doch es zog sich so schnell zusammen, dass er es nicht herunterzerren konnte. Er wurde grob an die Wand gerissen und entdeckte, dass sich sein Peiniger dort aufhielt und nicht im Baum. Während er die Wand hochgezogen wurde, kämpfte er darum, seine Finger unter das Seil zu bekommen und dessen tödlichen Griff abzuschwächen. Dunkelheit breitete sich in seinem Kopf aus. Er rang um Atem – und scheiterte. Oben auf der Mauer fiel sein verschwimmender Blick auf den Baum, und sein letzter Gedanke zielte auf die Frage, warum er glaubte, Callum zu sehen.
Als Payton wieder zu Bewusstsein kam, fand er sich über den Sattel eines eilig dahinlaufenden Pferdes geworfen. In der Sekunde, in der ihm klar wurde, warum er nicht ohne Schmerz atmen konnte, geriet er außer sich vor Wut. Er schwang sich hoch und packte den Reiter. Es war nicht schwer, ihn aus dem Sattel zu stoßen, aber nicht so leicht, sich aufzurichten und §§den Platz des Mannes einzunehmen. Nachdem er dank seiner Beinahe-Strangulierung das Bewusstsein verloren hatte, hatten ihn seine Kidnapper offensichtlich sehr grob behandelt, denn fast jede Stelle seines Körpers tat weh. Er konnte geradezu hören, wie Ian ihn tadelte, weil er handelte, ohne vorher nachzudenken.
Als er aufrecht saß und die Zügel des langsamer werdenden Pferdes in Händen hielt, genoss er einen kurzen Moment den süßen Geschmack des Sieges. Dann jedoch traf etwas mit Wucht seinen Rücken, hoch oben an seiner rechten Schulter. Einen Herzschlag später setzte der Schmerz ein. Das Nächste, was Payton bewusst wurde, war, dass er hart auf dem Boden aufschlug. Es blieb gerade genug Zeit, sich dazu zu beglückwünschen, sich nicht den Hals gebrochen zu haben, als er schon hochgerissen wurde. Der Schmerz, der folgte, als das Messer aus seinem Rücken gezogen wurde, hätte ihn fast in die Knie gezwungen.
»Verdammt noch mal, Wattie, du hättest ihn umbringen können«, beschwerte sich Gib, als er sich zu seinem Freund gesellte und Payton musterte, der schlaff in Watties Armen hing. »Ich denk, das hast du auch.«
»Nein.« Wattie warf Payton wieder auf den Boden und steckte sein Messer in die Scheide. »Und wenn schon? Er
Weitere Kostenlose Bücher