Im Zeichen des Schicksals
teuren Nobelschule ein, nur damit ich nicht hinter meinen Altersgenossen zurückblieb. Hätte ich nicht wegen der ganzen Angelegenheit so ein beschissenes Gefühl gehabt, hätte ich gelacht. Das Einzige, worin ich mittlerweile zurückblieb, war das Backen von Erdbeertörtchen und die Zubereitung von Espressotiramisu!
»Bitte, Celine.« Er wirkte aufgewühlt. Verdammt! Welchen Grund konnte ich für ein Nein anführen? Hoffentlich war ich, lange bevor die Schule begann, fertig mit meiner hiesigen Aufgabe – worin immer sie bestehen mochte –, und die ganze Sache wäre kein Thema mehr.
»Na gut, ich könnte es vielleicht probieren.«
»Großartig!« Verdächtig schnell verwandelte er sich wieder in den grinsenden Josh. »Also, das sind deine Bücher. Uns bleiben zwei Tage, um dich auf den neuesten Stand zu bringen, aber jetzt erst einmal was anderes: Was willst du zum Abendessen?«
Jetzt, da ich zugestimmt hatte, packte mich unwillkürlich eine Welle der Aufregung. Natürlich würde das Ganze nicht lange dauern. Aber Schule! Ich war immer schrecklich gerne hingegangen. Und die Bücher waren alle brandneu!
»Ich zahle dir das Geld zurück. Für die Schule und für diese Bücher.«
Josh machte ein Gesicht, als wolle er protestieren, und ich machte mich bereit, nach Kräften dagegenzuhalten.
»Klar doch.«
»Nein, hör mal, du hast versprochen … Moment. Klar doch?« Er wollte keine Einwände erheben?
Josh zuckte die Achseln. »Ja. Klar. Also, was willst du jetzt zum Abendessen? Ach nein, vergiss es. Wir lassen uns einfach Pizza bringen. Abgesehen davon, dass es das Einzige ist, was man in East Wendell ordern kann, mag jeder Pizza, also ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass du Pizza nicht ausstehen kannst.«
»Du meinst, jeder mag Pizza, so wie jeder Erdnussbutter mag?« Ich konnte mir den Seitenhieb nicht verkneifen. Tatsächlich mochte ich Pizza durchaus, obwohl ich es mittlerweile satthatte, selbst welche zu backen. In Tonys Bäckerei gab es an den Werktagen Pizzastücke, was bedeutete, dass ich von Montag bis Freitag jeden Morgen Pizzateig vorbereiten musste.
»Klar mag jeder Erdnussbutter, du bist einfach nur durcheinander.« Josh durchquerte den Raum und nahm das Telefon von der Ladestation. »Wir fangen mit Analysis an, nur eine Sekunde noch.«
Analysis? Algebra kannte ich. Über Geometrie hatte ich zwei Bücher gelesen. Aber über Analysis wusste ich nichts. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Wie hatte ich nur glauben können, dass mir die Schule Spaß machen würde? Wenn ich nicht bald aus East Wendell wegkam, würden sie mich aus dieser Schule hinauslachen!
Die Sonne
Als ich am nächsten Morgen die Augen öffnete, war es draußen noch dunkel, aber ich wusste, dass alles anders war. An meinen Beinen spürte ich das seidige, weiche Bettlaken, und das Kissen roch nach teurem Weichspüler. Ringsum war alles still. Keine huschenden Ratten über mir. Keine brummenden Ventilatoren. Keine lärmenden Autohupen und keine Müllwagen, die rückwärts durch die Gasse fuhren. Die einzigen Geräusche waren hie und da das Zwitschern eines erwachenden Vogels und das ferne Ticktack der Standuhr unten im Flur.
Ich stand auf, bemüht, nicht viel Lärm zu machen, damit ich Josh im Nebenzimmer nicht weckte. Er war bis spät in die Nacht aufgeblieben und hatte mich in Analysis unterrichtet: Exponenten, Variablen, quadratische Gleichungen, Polynomfunktionen … Dabei hatte er Geduld bewiesen und mir zwischen Pizzastücken und lobenden Bemerkungen das Lösen der Aufgaben beigebracht. »Perfekt, Celine. – Gut gemacht, du hast es raus.«
Niemand hatte mir je zuvor auf eine ähnliche Weise geholfen. Niemand. Ich schaltete das Licht in dem riesigen Badezimmer ein, band mir das Haar hoch und drehte den Wasserhahn auf. Kristallklar strömte mir das Wasser in die Hände. Keine rostigen Rohre, kein braunes Wasser, nicht in diesem Haus. Im Bad standen hübsche Körbe voller handgemachter Seife und kleiner Fläschchen mit teurem Shampoo, Körperlotion und Pflegespülung. In diesem Bad gab es getrennte Marmorbehälter für die Zahnbürste und die Zahnpasta, und das Toilettenpapier roch nach Rosen.
In welchem Paralleluniversum war ich gelandet? Gestern Abend hatte es mir ein wenig Angst gemacht, von so vielen Dingen umgeben zu sein. Diese Dinge jemals zu besitzen – davon konnte ich nicht einmal träumen. Aber heute Morgen wusste ich, dass nichts von alledem mich verändern würde. Ich wusste, dass ich nichts von alledem
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