Im Zeichen des Schicksals
musste ich erst einmal zurück ins Sprechzimmer.
Ich zog den Reißverschluss am Rucksack zu und machte die Tür auf. Ein Mädchen im Minirock hatte den Platz der Krankenschwester vor dem Spiegel eingenommen. Sie beugte sich gerade vor und trug Wimperntusche auf, als sie mich sah.
»He, du hast was fallen lassen.«
Ich drehte mich um und schaute auf die Stelle, auf die das Mädchen deutete. Die Hohepriesterin starrte mir von den blauen Bodenkacheln her entgegen. Wie um alles in der Welt konnte sie herausgefallen sein? Wir beide, das Mädchen und ich, bückten uns im gleichen Moment, um die Karte aufzuheben. Unsere Hände berührten sich kurz.
Die Toilette. Das Mädchen zieht einen roten Lippenstift aus der Handtasche. Die Tür wird geöffnet, und eine blonde Ärztin kommt herein. Das Handy des Mädchens klingelt. »Hallo? Hi, Dad. Nein, es geht ihr so weit gut. Nur eine Erkältung, wir werden bald zu Hause sein.«
Ich wich zurück, mit einem Gefühl, als hätte ich mich verbrannt. Zwei Visionen an einem einzigen Tag? Das Mädchen hielt mir die Karte hin.
»Alles in Ordnung mit dir?«
»Ja, Entschuldigung. Ich meine, danke.« Ich nahm die Karte und stand auf, dann sah ich, wie sie sich wieder dem Spiegel zuwandte.
Sie schob die Hand in ihre Tasche und zog den roten Lippenstift heraus. Das Knarren der Tür machte mich auf die Ankunft der blonden Ärztin aufmerksam.
Ich sah zu, wie das Geschehen seinen Lauf nahm, und verließ das Badezimmer in dem Moment, da das Handy des Mädchens klingelte. Die Tür schloss sich hinter mir, als sie begann, mit ihrem Vater zu sprechen.
Was zum Teufel ging hier vor?
Dr. Deluca saß hinter seinem Schreibtisch, als ich in das Sprechzimmer trat. Der gleiche weiße Kittel, das gleiche Stethoskop um den Hals und der gleiche müde Ausdruck in den hellblauen Augen.
»Da bist du ja!«, sagte Josh und trat neben mich. »Herr Doktor, wenn Sie sich das mal ansehen würden?«
Josh versuchte, mir das Haar aus dem Gesicht zu streichen, doch ich trat beiseite. Sosehr er sich auch um mich sorgen mochte, er hatte kein Recht, mich wie ein kleines Kind zu behandeln!
»Dr. Deluca, das alles tut mir sehr leid. Es geht mir wirklich gut, ich möchte Ihre Zeit nicht beanspruchen.«
Josh warf mir einen frustrierten Blick zu, während der Arzt hinter seinem Schreibtisch hervorkam.
»Bestimmt ist alles in Ordnung mit dir, Celine, aber lass mich trotzdem einen Blick darauf werfen.« Mit einem Lächeln trat er vor mich hin. »Darf ich?«
Ich nickte und ließ den Arzt mein Kinn in die Hand nehmen. Für einen Moment dachte ich, ich würde vielleicht wieder etwas sehen, aber diesmal kam keine Vision. Da war nur die Stille in dem Sprechzimmer, als der Arzt mir das Haar aus der Stirn strich. Und dann lächelte er nicht mehr.
Zum Teufel mit Josh und seinem idiotischen Wunsch, mich hierherzubringen! Das Ganze war für alle Beteiligten reine Zeitverschwendung, und ich hatte das unangenehme Gefühl, dass mir nun eine weitere Standpauke bevorstand.
»Ich erinnere mich, dir geraten zu haben, dich auszuruhen, bis dein Gedächtnis zurückgekehrt ist, Celine. Ist es zurückgekehrt?«, fragte der Arzt und befühlte meine Wange.
Ich zuckte zusammen. »Nein.«
»Aha.« Er zog mein Shirt bis kurz überm Nabel hoch und tastete behutsam die rechte Seite meines Brustkorbs ab. »Ist der Schmerz jetzt schlimmer als zuvor?«
»Nein«, log ich und schaffte es diesmal, meinen Gesichtsausdruck unter Kontrolle zu behalten. Der Schmerz war schlimmer, aber nicht so schlimm, dass ein Schmerzmittel nicht helfen würde. Außerdem wusste ich, dass Josh darauf bestehen würde, dass ich im Krankenhaus blieb, wenn ich jetzt eingestand, Schmerzen zu haben.
Dr. Deluca warf einen erneuten Blick auf mein Gesicht, dann trat er mit einem Seufzer zurück. »Nun ja, es ist nicht gerade hübsch, aber es wird recht schnell abheilen. Ich schreib dir eine Salbe auf, die gegen die Prellung hilft.«
Das war alles? Kein typisch zorniger Männervortrag wie die Standpauken, die Mr. Retter und Josh mir gehalten hatten? Ich begann mich gerade etwas zu entspannen, als die Stimme meines Verderbens ertönte.
»Celine, zeig ihm deine Arme.«
»Es ist wirklich alles bestens!«, protestierte ich, aber der Arzt sah mich jetzt erwartungsvoll an. So ein Mist!
»Na schön!« Ich ärgerte mich darüber, dass ich wie ein bockiges Kind klang, aber es ließ sich einfach nicht ändern. Das Verhalten der beiden war völlig übertrieben. Zumindest was Josh
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