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Im Zeichen des Schicksals

Im Zeichen des Schicksals

Titel: Im Zeichen des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Hepsen
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bist, und doch hast du mich einfach stehen lassen, ohne auch nur Tschüss zu sagen.«
    Das also meinte er? »Ich hab dir zugenickt, oder etwa nicht? Ein Nicken ist praktisch dasselbe wie ein Tschüss.«
    Alle im Raum wurden plötzlich still. Wir schauten beide auf und sahen, wie ein Mann in einem braunen Anzug den Raum betrat. Das musste Mr. Peterson sein.
    »Trotzdem unhöflich. Du schuldest mir eine Entschuldigung«, flüsterte Ian zurück. Er hatte wieder dieses schiefe Grinsen im Gesicht, und allmählich fing ich an, mich wirklich über ihn zu ärgern. Ich hatte genickt, und das war nicht unhöflich, also würde ich auch nicht sagen, dass es mir leidtat!
    »Nein«, zischte ich. Mr. Peterson legte seine lederne Aktentasche auf das Pult und schritt an die weiße Tafel.
    »Doch« , beharrte Ian. »Und mach es schön hübsch, vielleicht mit Blumen.«
    Das musste ja wohl ein Scherz sein! Ich bedachte ihn mit einem »Du bist verrückt«-Blick, doch er zuckte nur die Achseln und lehnte sich auf seinem Sitz zurück.
    »Also, ich sehe, wir haben zwei neue Schüler, Mr. McAlpine und Miss Smith. Willkommen in meinem Kurs. Ich hoffe, Sie können mithalten.«
    Während Mr. Peterson direkt in einen Vortrag über die Geschichte der Literaturwissenschaft einstieg, beugte sich Ian zu mir herüber. »Er ist einer von der freundlichen Sorte.«
    Er sagte das in einem derart trockenen Tonfall, dass ich schmunzeln musste. Peterson mit seinem Glatzkopf und den kleinen Knopfaugen wirkte alles andere als freundlich.
    »Miss Smith, gibt es irgendetwas, was Sie erheitert?«
    Der Englischlehrer fixierte mich, seinen Tafelstift starr in der Hand erhoben. Oh Mann! Erster Schultag und schon in Schwierigkeiten. Ich versuchte, irgendeine Antwort aus dem Ärmel zu schütteln, aber ich konnte einfach nicht denken, solange sich alle erwartungsvoll zu mir umdrehten!
    »Entschuldigen Sie, Mr. Peterson, ich habe Miss Smith abgelenkt«, sagte Ian in die Stille hinein.
    Ich warf ihm einen dankbaren Blick zu, doch Peterson war noch nicht fertig.
    »Vielen Dank, Mr. McAlpine. Doch sollten Sie wissen, dass wir ein solches Benehmen in der Thornton Academy nicht dulden. Was wir dulden, sind Schüler, die Anweisungen befolgen. Sie beide kommen jetzt bitte nach vorn.«
    So viel zum Thema keine Aufmerksamkeit erregen! Ian stand zuerst auf und zwinkerte mir verschmitzt zu, ehe er nach vorn vor die Klasse ging. Wie konnte er in einem solchen Moment grinsen? Unendlich verlegen folgte ich ihm. Peterson bedeutete uns, mit dem Blick zur Klasse vor die weiße Tafel zu treten.
    Sieben fremde Augenpaare, die alle darauf warteten, dass irgendetwas passierte. So hatte ich die Schule nicht in Erinnerung! Zumindest die Mädchen schienen allerdings alle damit beschäftigt, Ian anzustarren. Und er sah nicht danach aus, als störe ihn diese Aufmerksamkeit. Was für ein Idiot.
    »Da Sie beide von anderen Schulen kommen, bietet es sich an, uns einen Moment Zeit zu nehmen, um uns ein Bild von Ihrem Wissensstand zu verschaffen«, sagte Peterson und lehnte sich an seinem Pult zurück. »Also, warum nennen Sie mir nicht ein paar, oh, ich weiß nicht, sagen wir, Marquez-Romane, die Sie gelesen haben?«
    War das ein Test, oder wollte er uns einfach nur bloßstellen? Ich spähte zu Ian hinüber. Er sah mich mit einem Lächeln an. Gab es denn gar nichts, was den Typen aus der Fassung brachte!?
    » Hundert Jahre Einsamkeit «, sagte Ian, dann bedeutete er mir fortzufahren. In Ordnung, dieses Spiel konnte ich spielen. Marquez war einer meiner kolumbianischen Lieblingsautoren.
    » Die Liebe in den Zeiten der Cholera .« Ich sah, dass der Junge mit dem roten Haar in der ersten Reihe auf meine linke Hand starrte, und bemerkte mit Schrecken, dass ich meinen Rock zwischen den Fingern zerknüllt hatte. Beschämt ließ ich los.
    » Unter dem Stern des Bösen «, fuhr Ian fort.
    » Der Herbst des Patriarchen .« Ich wandte meinen Blick ihm zu und versuchte so zu tun, als sei die Klasse gar nicht da.
    » Der General in seinem Labyrinth .« Ian redete nun schneller und verwandelte, was eine peinliche Vorführung hatte werden sollen, in ein Spiel. Und er war schnell! In seinen Augen blitzte es schalkhaft.
    Ich entspannte mich ein wenig. Das schaffte ich! » Chronik eines angekündigten Todes .«
    Ian zog die Stirn kraus. » Erinnerung an meine traurigen Huren .«
    » Laubsturm «, gab ich zurück. Jetzt grinste ich.
    »In Ordnung, genug, genug!« Peterson warf einen stirnrunzelnden Blick über seine

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