Im Zeichen des Schicksals
tätschelte mir die Schulter. »He, so schlimm ist es doch nicht! Vielleicht katapultiert dich die Sache ja nur auf eine neue Stufe der Beliebtheitsskala. Schließlich ist die Hälfte der Mädchen der ganzen Schule in den Typen verknallt.«
Ach ja? Natürlich waren sie in ihn verknallt. Ian war cool, ausgesprochen klug, und er hatte die Neigung, anderen das Leben zu retten … auch wenn Letzteres niemand sonst hier wusste.
»Ich wäre einfach nur froh, wenn die Leute aufhören würden, über mich zu reden.«
»Dann schließ dich nicht mit Mister Dunkel und Gefährlich in ein Zimmer ein«, lachte Melissa.
Ich warf ihr einen verärgerten Blick zu. »Ich habe mich nicht mit ihm eingeschlossen. Ich bin lediglich in den falschen Raum gegangen, und die blöde Tür hat geklemmt.« Ich hatte ein schlechtes Gefühl dabei, Melissa zu belügen, aber ich konnte ihr wohl kaum die Wahrheit sagen.
Sie zuckte die Achseln. »Von mir aus, aber du musst zugeben, die Version, dass ihr zwei euch für ein kleines Rendezvous absichtlich eingeschlossen habt, macht wesentlich mehr her!«
»Melissa!«, beschwerte ich mich, aber sie blickte mich nur belustigt an.
»Warum denn auch nicht? Ich meine, er ist ja wirklich ein scharfer Typ. Außerdem ist er sehr höflich, hat diesen tollen britischen Akzent und gibt jedes Mal eine ganze Stange Trinkgeld, wenn er bei Fred’s isst, und ich muss sagen, das weiß ich ungeheuer zu schätzen. Außerdem habt ihr zwei euch schon von der ersten Stunde an prächtig verstanden, wenn ich mich recht erinnere.«
Es klang, als wäre Melissa selbst ganz gerne mit Ian zusammen. Ich schluckte den in mir aufsteigenden Ärger hinunter. Das war alles so lächerlich. »Ian ist ein guter Kumpel, mehr nicht. Außerdem ist er sowieso nicht an mir interessiert.«
»Entschuldige, aber da bin ich anderer Ansicht. Gerade im Moment sieht er sogar sehr interessiert aus!« Melissa schaute über meine Schulter, und ihre Augen wurden immer größer. Ich drehte mich schnell um und sah Ian direkt auf uns zukommen.
»Mist«, murmelte ich. Ich erkannte den Ausdruck auf seinem Gesicht. Es war der gleiche wie an jenem Tag in der Seitenstraße. »Melissa, du musst mir helfen.« Ich wandte mich wieder zum Tisch um, aber Melissa hatte ihre Bücher bereits zusammengepackt.
»Oh nein, ich lass mich da nicht mit reinziehen.«
»Melissa!«, jammerte ich, aber sie achtete nicht auf mich. Mit einem schnellen Tschüss war sie auch schon verschwunden und ließ mich mit Ians Zorn allein.
»Na, lässt du’s dir schmecken?«, fragte er. Ians Stimme war trügerisch gelassen, als er sich nun auf den Platz setzte, den Melissa eben frei gemacht hatte. Ich schob mir eine Haarsträhne hinters Ohr und wich seinem Blick aus.
»Es ist nicht übel.« Ich hatte mein Sandwich noch gar nicht angerührt. Er sagte weiter nichts – was die Anspannung nur vergrößerte. Ich bemerkte die Blicke der Mädchen am Nachbartisch und beugte mich vor. »Du wirkst verärgert.«
»Sehr scharfsichtig.«
Ich mochte seinen Sarkasmus gar nicht, aber die zahllosen Blicke, die sich förmlich in meinen Kopf bohrten, machten mir noch größere Sorgen. »Gut. Okay, sei sauer, wenn es sein muss, aber können wir woanders reden?«
Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Warum?«
Warum? Konnte er nicht sehen, dass die anderen uns beobachteten? Die Schüler am Tisch direkt neben unserem hatten sogar alle Gespräche eingestellt! Sie versuchten nicht einmal, so zu tun, als hörten sie nicht zu.
»Bitte, Ian, alle starren uns an.«
»Dir ist nicht wohl dabei?« Er zog die Stirn kraus. War das denn nicht offensichtlich? Ich nickte. »Gut. Du solltest dich auch unwohl fühlen! Unter allen idiotischen und schwachsinnigen Dingen, die ich je erlebt habe … Zum Teufel, wieso muss ich dich ständig aus irgendwelchen Schwierigkeiten rausholen!?«
Alles, was ich an Dankbarkeit für ihn verspürt hatte, verpuffte wie heiße Luft. »Ich habe dich nie darum gebeten, mich aus Schwierigkeiten rauszuholen! Du hättest auch einfach weggehen können!«
Er beugte sich vor und packte meinen Arm. »Ich brauch dir ja nur den Rücken zuzudrehen, und schon steckst du wieder in Schwierigkeiten! Ich hab ja gar keine andere Wahl: Ich muss dir einfach helfen!«
Sein Griff war nicht schmerzhaft, aber er ließ mich zurückzucken, da nun Bilder von anderen Händen aufblitzten und durch meinen Kopf tobten. Randy. Der Dieb. Ein Moment der Panik folgte, dann blieb nur
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