Im Zeichen des Schicksals
besser keinen Kaffee trinken. Mein Sohn Alain hat heute Geburtstag. Er hat seine Freunde eingeladen, was bedeutet, dass wir Mamas später Unmengen von Kaffee trinken werden, während wir die Kleinen beaufsichtigen.« Marie lächelte.
Eine Geburtstagsfeier. »Wie alt ist Alain denn?«
»Acht.« Marie strahlte.
»Ein gestandener Mann!«, sagte ich ernsthaft.
Marie lachte, dann schüttelte sie den Kopf und machte sich wieder daran, das Fenster zu putzen. Es war so leicht, sie zum Lachen zu bringen, und es war die geringe Mühe allemal wert. Ich fühlte mich wohler als den ganzen bisherigen Tag, als ich nun ins Haus ging und direkt die Küche ansteuerte. Statt an Kaffee dachte ich an Alain und an die Feier zu seinem achten Geburtstag. Ich hatte den heutigen Tag gehörig verpfuscht, aber aufs Kuchenbacken verstand ich mich. In freudiger Stimmung warf ich meine Schultasche auf einen der Stühle am Küchentisch und stöberte in den Schränken. Gott sei Dank hatte Marie die Kochschokolade ersetzt, die ich neulich morgens verbraucht hatte.
»Marie ist die Beste!«, sagte ich in die leere Küche hinein und holte aus den Schränken, was ich brauchte. Mehl, Zucker, Eier, Vanille, Natron, Backpulver, Butter, Salz, Schokolade, Sahne und Kakaopulver. Ich heizte den Ofen vor und machte mich an den Teig für die Geburtstagstorte. Während meine Füße im Takt von Juanes auf den Boden klopften, goss ich den Teig in zwei Kuchenformen und schob sie in den Ofen. Als Nächstes war es Zeit für die Schokoladenglasur. Ich verrührte die geschmolzene Schokolade mit Milch und Zucker zu einer cremigen Mischung. Die Musik aus dem Wohnzimmer nahm an Fahrt auf, ich drehte mich mit der Schüssel in der Hand im Kreis und lachte über meine eigene Albernheit. Es war, als sei die Welt auf einmal wieder im Lot.
Die Kuchenböden für die Geburtstagstorte gelangen mir perfekt. Mit einem langen, scharfen Messer schnitt ich beide noch einmal waagrecht in der Mitte durch und stellte sie zum Abkühlen beiseite. Eine vierschichtige Schokoladen-Erdbeer-Sahnetorte schien mir genau das Richtige für einen Geburtstag zu sein. Die Uhr am Ofen zeigte, dass es halb sechs war. Marie würde bald nach Hause gehen.
Ich legte einen Zahn zu, fand das Glas mit Erdbeermarmelade, das Josh für sein Experiment gekauft hatte, verteilte die Marmelade auf zwei Schichten der Torte und strich Schlagsahne darüber. Auf die nächsten beiden Schichten trug ich die Schokoladencreme auf, und dann kam das Schwierigste von allem: das Aufschichten. Ich erinnerte mich an das erste Mal, als ich versucht hatte, Tortenschichten aufeinanderzustapeln; eine Schicht war in der Mitte durchgebrochen, und es hatte eine ziemliche Sauerei gegeben. Francesca war an diesem Tag sehr unzufrieden mit mir gewesen, und wir hatten unseren Kunden eine dreischichtige statt einer vierschichtigen Torte verkauft.
Aber das war lange her, und das Aufschichten stellte längst kein Problem mehr für mich dar. Ich erledigte es schnell und summte dabei das Lied mit, das gerade spielte, dann verteilte ich die übrig gebliebene Schokoladencreme auf der Torte.
» A Dios le pido …« Meine Schultern wippten im Takt der eingängigen Melodie.
Sobald die Schokoladencreme verteilt war, dekorierte ich den Schokoladenüberzug mit Schlagsahne und Puderzucker. Ich schrieb mit der Sahne »Alles Gute zum Geburtstag, Alain« und verzierte die Seiten der Torte mit Blumen und Luftballons. Sobald ich fertig war, ließ ich mich ganz von der Musik mitreißen. Mit dem schokoladenverschmierten Löffel in der Hand tanzte ich durch die Küche. Wieder und wieder begann der Refrain von neuem. Ich schnappte die fremden Worte auf und wirbelte im Kreis: » Que si me muero sea de amor. Y si me enamoro sea de vos .«
Ich fühlte mich so frei, all der Kummer des vergangenen Tages war wie weggeblasen. Ich tanzte um den Küchentisch herum und lachte vor Glück. Es war genau das, was ich bei den Kindern im Park gesehen hatte. Ich hatte gedacht, dass es das für mich nicht geben konnte, aber dem war nicht so. Jetzt gab es das auch für mich! » A Dios le pido …«, sang ich und wirbelte wieder herum und kicherte närrisch. Dann erstarrte ich.
Ein irritiert wirkender Josh und eine breit lächelnde Marie standen in der offenen Tür und sahen mir zu. Das Blut schoss mir ins Gesicht, und all die Glücksgefühle lösten sich in nichts auf. Ich ließ den Schokoladenlöffel sinken. Als sei das Ganze choreografiert, endete im gleichen Moment das
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