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Im Zeichen des Schicksals

Im Zeichen des Schicksals

Titel: Im Zeichen des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Hepsen
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bitte erklären, was hier los ist? Und wer sind Sie , wenn ich fragen darf?«
    Ich öffnete den Mund zu einer Erklärung, aber der Anblick des dunkelhaarigen Jungen hinter dem Lehrer verbannte alle Gedanken aus meinem Kopf, bis auf den einen: Er wäre verbrannt.
    Ian gab mir von hinten einen kleinen Schubs. »Neue Schülerin, hat sich verirrt. Philosophie ist ein Stockwerk tiefer, im Plato-Zimmer.«
    »Danke«, sagte ich und kam mir vor wie im Traum. Alles bewegte sich in Zeitlupe. Ich griff nach meiner Schultasche, die ich in der Eile neben der Tür hatte fallen lassen. Die Schüler vom Chemiekurs traten zur Seite, um mich vorbeizulassen. Ich konnte ihre Blicke spüren und sah einige von ihnen kichern. Es war mir egal. Josh stand zusammen mit Matt und Nick am Ende der Reihe. Als er mir entgegentrat, ging ich unvermindert einfach weiter. Mit gerunzelter Stirn schaute er mir nach.
    Mein nächster Kurs war tatsächlich Philosophie. Hatte Ian das gewusst, oder hatte er einfach geraten? Nicht, dass es eine Rolle gespielt hätte. Ich trat durch die Schwingtüren am Ende des Flures in das leere Treppenhaus hinaus und ließ mich auf die Stufen sinken. Jetzt würde alles gut werden. Ian hätte die Klasse nicht hereingelassen, wenn noch immer Brandgefahr bestanden hätte. Er war dort, er wusste von dem Leck. Er würde nicht zulassen, dass irgendjemand verletzt wurde.
    Ian. Er hatte mein Tun nicht hinterfragt, nicht für eine Sekunde. Stattdessen hatte er mir vertraut und schnell gehandelt. Während ich wie ein kleines Kind zitterte, hatte er die Situation in die Hand genommen und mich gerettet. Wieder einmal.
    Ich schloss die Augen, lehnte mich seitlich an die Wand und spürte, wie die Anspannung aus meinen Beinen wich. Es war vorüber. Der Junge war in Sicherheit. Josh war in Sicherheit, allen ging es gut. Nur mir nicht.
    Es war wieder passiert. Als ich diesen Jungen in der Aula berührte, hatte ich die ihm drohende Zukunft gesehen. Aber warum, wo ich doch das ganze Wochenende über keine Visionen gehabt hatte? Und nichts war geschehen, als mich Ian gerade eben am Arm gepackt hatte. Passierte es nach dem Zufallsprinzip? Nichts ergab mehr einen Sinn!
    Reiß dich zusammen, Celine! Finde dich damit ab. Was wäre der schlimmste Fall? Dass es wirklich völlig willkürlich passiert und du niemals wissen wirst, ob die Berührung eines anderen Menschen Bilder aus ihrer unmittelbaren Zukunft in dir aufsteigen lässt. Na und? Damit kommst du schon klar. Du wirst dich daran gewöhnen. Genau wie du dich auch an alles andere gewöhnt hast, mit dem dich das Leben je konfrontiert hat.
    Ich öffnete die Augen und griff nach den Karten. »Wisst ihr irgendeinen Rat?«, fragte ich und blickte auf das Kartendeck. Nicht, dass ich eine Antwort erwartet hätte – aber wer weiß? So vieles hatte sich verändert, seit ich nach East Wendell gekommen war, vielleicht würden sich da ja auch die Karten plötzlich entgegenkommender zeigen. »Was soll ich als Nächstes tun?« Ich mischte die Karten und hoffte auf ein leicht verständliches Zeichen.
    Was erschien, war Der Ritter der Kelche . Josh. Immer Josh.
    Ich blieb auf der Treppe sitzen, und die Karten gaben mir wieder und wieder dieselbe Antwort, bis das Läuten mir das Ende der Stunde anzeigte. Ich stand auf, als die erste Gruppe von Schülern durch die Schwingtüren ins Treppenhaus geströmt kam.
    Verwirrt trottete ich zu den Schließfächern, um meine Bücher für den nächsten Kurs zu holen. Geschichte, aber ich konnte mich nicht konzentrieren. Der Lehrer erging sich in einem endlosen Vortrag über die Schlacht an der Somme im Ersten Weltkrieg, während ich nur an das Feuer denken konnte. Dann war Essenszeit, und ich war dankbar für die Pause. Jedenfalls bis ich meinen ersten Schritt in die Mensa tat.
    Alle starrten mich an. Schüler, die ich nicht kannte, alle blickten sie zu mir und tuschelten hinter vorgehaltener Hand.
    Na wunderbar. Die Nummer im Chemiesaal musste bereits die Runde gemacht haben. Darauf bedacht, niemandem in die Augen zu schauen, schnappte ich mir ein Käsesandwich und wandte mich nach links, erleichtert, Melissa an ihrem gewohnten Platz zu entdecken. Als ich auf sie zuging, war sie gerade damit beschäftigt, Zahlen in ihr Heft zu kritzeln.
    »Du bist vorhin also schnell fortgelaufen, um im Chemiesaal mit Ian McAlpine herumzuturteln?«, fragte sie und legte ihren Stift beiseite.
    »Das also erzählt man sich?« Ich stöhnte und schlug mir die Hand über die Augen.
    Melissa

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