Im Zimmer wird es still
Hand, die Finger sind ein bisschen dreckig, wahrscheinlich vom Garten, die Haut um die Knöchel rau. Er fährt den Handrücken entlang, streicht über die Erhebung am Handgelenk hinweg. Die Härchen auf dem Unterarm kitzeln seine Fingerspitzen. Er streichelt den Arm, die Haut ist erwärmt von der Sonne, an der Unterseite ist sie ganz weich und empfindsam. Andreas nimmt seine Hand, hält sie und streicht dabei mit dem Daumen über die Finger.
Er genießt jede Sekunde. Wenn Mark ihn umarmt, spürt er, wie sehr er sich nach Berührung sehnt. Wenn Andreas ihn streichelt, unterdrückt er dieses Verlangen, weil er es sonst kaum aushalten könnte. Weil er sich nach mehr sehnt, nach größerer Intensität, nach Nähe und Zärtlichkeit. Doch Andreas’ Berührungen sind zu selten, hat zu viel zu tun, muss alles allein schaffen, hat keine Ruhe, um bei ihm zu sitzen. Manchmal spürt er seine Scheu. Eine gewisse Zurückhaltung, Unsicherheit. Vielleicht hat er aber auch einfach nur Angst vor der Heftigkeit der Sehnsucht, so wie er.
Andreas sagt etwas von Mittagessen kochen, ihre Hände lösen sich, verlieren den Kontakt. Andreas wendet sich um, entfernt sich. Er folgt ihm mit den Augen, während er in die Küche geht. Dann sieht er nur noch seinen Oberkörper, Gesicht und Beine von den Küchenmöbeln abgeschnitten. Zwiebelhaut raschelt trocken, ein Messer schneidet durch festes Gemüse, schlägt hart auf das Holzbrett.
Öl beginnt zu zischen, als die Zwiebeln hineingegeben werden. Ein würziger Duft zieht herüber, der Holzlöffel stößt am Rand des Topfes mit einem Klacken an. Das Bratgeräusch wird gedämpft, als weiteres Gemüse hinzukommt, der Duft wird milder. Wasser plätschert, die Geräusche verebben.
Er schließt die Augen.
4
Peter reißt noch ein Stück Weißbrot ab, wischt damit die Suppen schüssel aus. Ihm fällt auf, wie verkrampft seine Hände dabei sind.
»Lecker, was ist da dran?«
»Zwiebeln und Kürbisstücke, dann Brühe, Crème frâiche und Muskat. Ganz einfach.«
»Ja, aber sehr lecker.«
Er nickt zufrieden, löffelt den letzten Rest aus seiner Schüssel, lehnt sich zurück. Das Äpfel ernten war anstrengender als gedacht. Peter ist mit essen fertig, wirkt schon wieder müde. Er streckt sich, steht auf. Nimmt Peter die leere Schüssel ab, seine Hand ist warm von der Suppe und er berührt sie einen Moment länger als nötig. Peter bittet noch um etwas Tee, und er gießt welchen aus der Thermoskanne in die Schnabeltasse. Passt auf, während Peter daraus trinkt, weil er sich gelegentlich verschluckt, nimmt ihm die Tasse ab.
Dann räumt er das Geschirr weg, stellt es auf die Spülmaschine, die schon voll ist. Er müsste sie anstellen. Aber nicht jetzt, Peter will bestimmt schlafen, und die Maschine macht ziemlichen Krach. Er sagt zu Peter etwas darüber, bekommt aber keine Antwort. Er schaut hinüber, Peter ist eingenickt. Also geht er, zieht die Tür leise zu.
Im Gästezimmer legt er sich hin, schließt die Augen. Wartet auf die Entspannung, die sich sonst einstellt, aber heute fern bleibt. Peters Hände tauchen vor seinem Auge auf. Peters Hände, die ein Baguette auseinander reißen, in Olivenöl tunken, eine filigrane Kette reparieren. Seine Hände sind schön und sinnlich bei allem, was sie tun, essen, ein Weinglas umfassen, Goldschmieden, seine Haut mit sanftem Druck berühren.
Seine Haut berühren. Peters Hände fanden kleine Zärtlichkeiten. Strichen über seine Brust, berührten seinen Hals. Er saß an Peter gelehnt auf der Couch. Irgendetwas lief im Fernsehen. Er schaute auf den Bildschirm, nahm aber nur die Hälfte wahr. Die Finger an seinem Hals setzten ihn in Brand. Sie begannen, die Haut am Schlüsselbein zu streicheln, sich unter den Hemdkragen zu stehlen. Sie knöpften den obersten Knopf auf, wollten zu seiner Brust vordringen. Er hielt die Hand fest, küsste die Fingerspitzen. Dann beugte er den Kopf nach hinten und ließ sich seinen geöffneten Mund mit einem Kuss verschließen, ließ Peters Zunge tief eindringen.
Er drückte sich fester an Peter, legte eine Hand in seinen Nacken. Peter umfasste ihn leidenschaftlich, er spürte Peters Geschlecht an seinem Hintern. Seine Lust wurde von Angst überschwemmt. Er flüchtete auf die Toilette. Verabschiedete sich, obwohl er eigentlich hatte übernachten wollen. Zögerte es hinaus, das erste Mal mit Peter zu schlafen. Stieß ihn weg. Manchmal sehnte er sich nach Nähe, danach, sich fallen zu lassen, die Kontrolle abzugeben, und konnte es
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