Im Zimmer wird es still
zum Goldschmied begann. Er ließ das mit den Mädchen sein, als er seine erste Anstellung hatte. Aber er wusste nicht, wo er Männer treffen konnte und es gab niemanden, dem er sich anvertrauen wollte.
Schließlich sah er einen jungen Mann, der im Schaufenster eines Kaufhauses damit beschäftigt war, die Dekoration zu ändern. Sie lächelten sich an, er blieb stehen. Das Lächeln, der Blick waren eindeutig. Er ging hinein und schaffte es, mit dem Mann in Gespräch zu kommen.
Der Mann fragte ihn, ob er in der Mittagspause etwas mit ihm essen wolle. Von da an verabredeten sie sich oft zum Mittagessen, trafen sich auch nach Feierabend. Aus Bekanntschaft wurde Freundschaft, aber er war sich unsicher, ob Volker auch mehr empfand. Als sie sich das erste Mal angesehen hatten, war er sich sicher gewesen war, nun zweifelte er. Schließlich, nachdem er reichlich Bier getrunken hatte, nahm er seinen ganzen Mut zusammen und küsste Volker in der schützenden Dunkelheit eines kleinen Parks.
Er war glücklich, die Welt bekam einen leichten, heiteren Schimmer. Aber sie hatten kaum Möglichkeiten, allein zu sein. Volker war bei seinen Großeltern aufgewachsen und wohnte noch dort, sein Zimmer hatte eine Verbindungstür zum Wohnzimmer. Einmal, als die Großeltern Bekannte besuchten, trafen sie sich bei Volker. Er musste sich abends unauffällig ins Haus schleichen. Volker hatte darauf bestanden, dass er noch am späten Abend wieder ging, aber dann war er selbst so überwältigt, so gelöst von der Wärme ihrer Begegnung und ihren begierigen Körpern, dass er seine Angst für diese Nacht vergaß. Als er am Morgen ging, starrte ihn eine alte Frau im Treppenhaus an und er erschrak, argwöhnte, sie wisse alles. Aber der Schreck ließ nach, verging wieder.
Sie hatten nicht oft Gelegenheit, ungestört zu sein. Einmal schlug er vor, für ein Wochenende zusammen wegzufahren. Volker entsetzte der Gedanke, ein Doppelzimmer zu nehmen. Als er darüber nachdachte, war ihm die Vorstellung auch unangenehm. Aber er war Ende zwanzig, verdiente gut. Er war verliebt und wollte etwas vom Leben haben, so wie andere auch. Sie diskutierten darüber, kamen aber zu keinem Entschluss.
Schließlich nahmen sie im Sommer an einer Bildungsreise nach Rom teil. Unauffällig in einer großen Gruppe, mit getrennten Zimmern. Italien begeisterte ihn, gleichzeitig war er traurig. Er reiste mit seinem Freund, durfte ihn aber nicht küssen oder seine Hand halten. Eines Nachts schlich er sich in Volkers Hotelzimmer, fühlte sich danach aber nur schlimmer.
Doch Zuhause erschrak er nicht mehr, wenn die alte Nachbarin im Treppenhaus ihn anstarrte. Er zuckte nicht mehr zusammen, wenn sie auf der Straße unbewusst dicht nebeneinanderliefen. Wenn er meinte, dass Leute ihm gegenüber Andeutungen über seinen Lebenswandel machten, war er zwar noch unsicher, aber es machte ihn nicht mehr nervös.
Trotzdem konnte er sich nicht vorstellen, es seinen Eltern zu erzählen. Er suchte sich eine eigene Wohnung, er war erwachsen und er wollte sich keine Gedanken mehr über dünne Wände machen. Vor allem hatte er sich gewünscht, Volker würde jetzt öfter bei ihm übernachten, aber er tat es selten. Wenn ihn beim Kommen jemand im Treppenhaus gesehen hatte, achtete er darauf, noch am Abend unter lauten Verabschiedungen wieder zu gehen. Dann fiel Volker ein, dass die Leute ja auch hinter ihren Gardinen seine Ankunft sehen könnten, und es wurde noch schwieriger.
Er hatte mitbekommen, wo es eine schwule Kneipe gab. Er bat Volker, mal gemeinsam hinzugehen, aber den brachten keine zehn Pferde dort hinein. Volker hatte Angst, jemand könne ihn auf der Straße sehen, beim Reingehen beobachten, drinnen erkennen. Er versuchte ihn zu überreden, stritt mit ihm, dann gab er auf. Ging allein hin, mit klopfendem Herzen und feuchten Händen. Unsicher, was ihn dort erwarten würde. Die Kneipe machte einen rustikalen und etwas spießigen Eindruck. Alle waren freundlich zu ihm und er fühlte sich wohl. Als er ging, hatte er zwei eindeutige Angebote abgelehnt. Er kam wieder, lernte unterschiedliche Männer kennen, viele waren älter als er. Mochte die warmherzige Atmosphäre. Versuchte noch mehrmals, Volker zum Mitkommen zu überreden, aber ohne Erfolg.
Er sog die Erzählungen fremder Leben voller Stolpersteine, Klemmen und Ängste in sich auf. Lernte aber auch Männer kennen, die es leid waren zu lügen, sich zu verstecken, die es nicht kümmerte, dass die Nachbarn tuschelten. Ihm wurde klar, dass
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