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Im Zimmer wird es still

Im Zimmer wird es still

Titel: Im Zimmer wird es still Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Walther
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gut. Nachher gab er mir seine Handynummer. Ein paar Tage später rief ich ihn an. Er ließ mich total abfahren, wie ich überhaupt auf die Idee käme anzurufen, wie ich mir einbilden könnte …«, Andreas hob den Kopf, schaute ihn an, »Ich meine, warum gibt er mir seine Nummer, wenn er gar nicht will, dass ich anrufe.«
    Er sah den Jungen, der er vor drei Jahren gewesen war, in seinem Gesicht, den Jungen, der er immer noch war. Sah seine Verletztheit über diese Abfuhr, die immer noch groß zu sein schien. Er konnte es nicht ganz nachvollziehen, solche Dinge passierten nun mal. Er hatte selbst vor einiger Zeit etwas Ähnliches erlebt und nur die Schultern darüber gezuckt.
    Andreas erzählte weiter, von anderen Malen, von Jungen, die er in der Disko kennengelernt hatte. Mit denen er mitging. Vergrub sein Gesicht wieder: »Es war immer so. Und keiner wollte mich wiedersehen, natürlich nicht.«
    »Wolltest du sie denn wiedersehen? Warst du in einen verliebt?«
    »Eigentlich nicht. Die, in die ich verliebt gewesen bin, waren alle hetero.«
    Er streichelte Andreas’ Hals. Fühlte wieder Erregung in sich aufsteigen, als er über die weichen Härchen in seinem Nacken strich. Er sagte, dass sie einfach üben müssten. Überhörte lieber das leise Flüstern seines Freundes: »Ich weiß nicht, ob Üben hilft.« Dann schlief er ein.
    Das Meer glitzert, der Felsen in seinem Rücken ist heiß. Ein junger Mann kommt langsam aus dem Wasser, eine Welle bricht sich an ihm. Sein Körper ist schlank und kraftvoll. Er läuft durch das flache Wasser und über den Sand, kommt auf ihn zu. Dann erkennt er ihn, lächelt …
    Es ist dunkel und einen Moment weiß er nicht, wo er ist. Er dreht den Kopf vorsichtig, die Leuchtzeiger des Weckers stehen auf vier Uhr. Vier Uhr, noch über zwei Stunden allein. Er ist froh, dass Andreas nicht weiß, wie zeitig er jeden Morgen munter ist. Dass wenigstens er ausschlafen kann.
    Er schließt die Augen noch einmal, denkt sich zurück an diesen Strand, an irgendeinen Strand in irgendeinem Jahr. Es ist ganz egal. Sonne, rauschende Wellen, der schöne junge Körper an seiner Seite, sein Lächeln. Sein eigener Körper, gebräunt, warm in der Sonne. Nichts als zufriedenes, träges Glück.
    Eine kleine felsige Bucht, Andreas das erste Mal am Meer, ansteckend begeistert. Alles war leicht geworden, Belohnung seiner Geduld. Er fragte sich, woher er sie in ihrem ersten Winter genommen hatte. Die frustrierenden, fruchtlosen Versuche. Von Mal zu Mal verkrampfter und enttäuschender. Als der Frühling vorbei war, versuchten sie es oftmals gar nicht mehr. Sie entfernten sich immer mehr voneinander.
    Oft gingen sie nicht mehr unbefangen miteinander um. Andreas ängstlich, dass er mehr wollen könnte, er selbst lustlos, weil er nichts als Enttäuschung erwartete. An manchen Tagen machte es ihn wahnsinnig, Andreas wie ein rohes Ei behandeln zu müssen. Manchmal wollte er ihn einfach nur vögeln, so geil war er.
    Er arbeitete viel, lenkte sich ab. Dachte oft daran, Schluss zu machen. Was sollte das alles noch. Einmal ging er niedergedrückt durch die Stadt. Beschloss, ihn zu verlassen. Doch dann sah er Andreas unerwartet im Park an der Stadtmauer sitzen. Er trat schnell hinter einen blühenden Strauch. Sein Freund saß auf der vordersten Kante der Bank, hatte die Hände zwischen die Schenkel geklemmt und stierte auf den Boden vor sich. Dieser Anblick rührte ihn und plötzlich spürte er seine ganze Zuneigung wieder aufflammen, die schon fast erloschen war. Er drehte sich leise um und ging zurück. Beschloss, noch etwas Geduld zu haben. In der Stadt blieb er vor einem Reisebüro stehen, im Schaufenster ein Plakat mit einer Abtei, lavendelfarbenen Feldern und einem sonnigen Himmel darüber, und überlegte, einen gemeinsamen Urlaub zu planen. Eine letzte Frist. Er stürzte sich in die Vorbereitungen. Andreas’ mangelnde Begeisterung entging ihm nicht, aber er lebte nur noch auf diesen Urlaub hin.
    Zuvor wollte er noch Freunde am Rhein besuchen, ohne Andreas. Die fünf Männer bewirtschafteten zusammen ein Weingut. Mit allen hatte er schon mal geschlafen.
    Der ICE glitt durch eine reizvolle Landschaft. Er betrachtete einen gewundenen Flusslauf, Burgen an Berghängen, kleine Dörfer. Er dachte ständig an Sex. Ihm gegenüber saß ein junger Bundeswehrsoldat. Er stellte sich vor, wie er es ihm auf dem Klo besorgte. In allen Einzelheiten. Draußen begann es zu regnen, die Tropfen zogen in silbrigen Fäden schräg über die

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