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Im Zweifel suedwaerts

Im Zweifel suedwaerts

Titel: Im Zweifel suedwaerts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katarina Fischer
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Salzwasser verfilzte Haare ansah und die wunderbar braun gebrannte Haut, fragte ich mich, wie es sein konnte, dass ich selbst mich bereits seit zehn Tagen im Urlaub befand und nicht einmal im Ansatz so etwas wie einen Teint entwickelt hatte. Zu wenig Zeit am Strand, das musste es sein. Wobei in Bettys Fall ein Tag in der Sonne auf dem Berg der Wunder genügt hatte, um ihr Gesicht ganz golden aussehen zu lassen. Es war nicht fair.
    Plötzlich unsicher, zog ich meine Strickjacke aus dem Beutel und legte sie über meine viel zu weißen Beine.
    »Ist dir kalt?«, fragte Marco, der eigentlich viel zu aufmerksam war für einen Mann. Ein ganz rares Exemplar. Ich hätte wirklich gern gewusst, warum Betty ihm keine Chance geben wollte. Abgesehen von seinem Heavy-Metal-Teddybär-Look, der nicht wirklich attraktiv war, stimmte alles. Die Welt war einfach zu sehr auf Äußerlichkeiten bedacht. Wenn Marco nur etwas weniger so ausgesehen hätte wie, na ja … Marco … Ich hätte mir keine Frau vorstellen können, die ihm nicht auf der Stelle verfallen wäre. Betty. Und ich auch. Wobei ich natürlich schon an Richard vergeben war. Eigentlich. Aber wer wusste das schon so genau? Ich bestimmt nicht. Ich hatte Kopfschmerzen.
    »Nein, mir ist nicht kalt«, sagte ich und stand vom Tisch auf, bevor das Gedankenkarussell wieder volle Fahrt aufnehmen konnte. »Ich hol mir was zu trinken. Sonst noch jemand?«
    »Port«, antworteten Marco und Betty gleichzeitig.
    Lächelnd legte ich den Kopf schief. »Ihr beiden seid wirklich das perfekte Paar.« Ich ignorierte ihre verständnislosen Blicke, griff nach meinem Portemonnaie und spazierte in die Bar.
    Drinnen hielt sich außer der Bedienung kein Mensch auf. Alle Gäste saßen draußen, und es war auch ziemlich offensichtlich, warum. Die Luft stand in dem relativ kleinen Raum, obwohl ein klappernder Ventilator an der Decke sein Bestes tat, um die Hitze zumindest ein bisschen in Bewegung zu bringen – leider vergeblich. Die dürre, kleine Frau hinter dem Tresen war etwa um die vierzig und damit beschäftigt, Gläser zu polieren. Und zwar so schnell und so aggressiv, dass ich befürchtete, jeden Moment werde eines in ihrer Hand unter dem Druck zerbrechen. Allein der Gedanke an so eine Szene in Verbindung mit der unerträglichen Temperatur in der Bar verursachte bei mir einen kleineren Schweißausbruch. Mein Tanktop klebte mir am Rücken fest, und ich versuchte, es so unauffällig wie möglich von meiner Haut abzuziehen, während ich mich am Tresen positionierte. Und wartete. Und zusah, wie die Frau polierte. Und zuhörte, wie im Radio irgendein äußerst stressiger Party-Techno-Track lief. Der hektische Rhythmus, das gehetzte Tempo, der schrille Gesang, ich schwitzte gleich noch ein wenig mehr. Ich wurde eine ganze Weile ignoriert, aber das machte nichts, denn ich war sowieso damit beschäftigt, mich daran zu erinnern, wie man sich noch gleich auf Portugiesisch begrüßte. Anstatt einfach »Hi!« zu sagen, was ja meistens international funktionierte. Aber die Hitze lähmte mein Gehirn.
    Die Frau polierte, und das letzte Glas quietschte. Nachdem sie es zur Seite gestellt hatte, sah sie mich endlich direkt an. Ihr Gesicht war faltig und sonnenbankbraun. Ihre Mundwinkel zeigten nach unten, es war deutlich, dass sie irgendwie nicht so gut drauf war. Würde mir nicht anders gehen, wenn ich den ganzen Tag in dieser Hitze verbringen müsste, dachte ich, und beschloss, ihr die miese Laune nicht übel zu nehmen.
    Ein harsches »E?« kam aus ihrem Mund.
    Ich versuchte ein gewinnendes Lächeln (aber das war ja schon bei dem französischen Polizisten im Nichts verpufft), reckte mich über den Tresen und zeigte auf zwei Portweingläser. »Dois, por favor.« Daran erinnerte ich mich noch aus Lissabon.
    Die Reaktion darauf waren noch etwas tiefer hängende Mundwinkel und ein genervtes »Dois dos quais?«
    Klar, sie brauchte eine präzisere Bestellung. Also sagte ich: »Port.«
    »Porto. Dois, certo?«
    Ich nickte vorsichtshalber und hoffte das Beste, während der Portwein eingeschenkt und die Gläser auf den Tresen gestellt wurden. Dann nannte die Frau einen Preis, verfrüht natürlich, weil ich für mich selbst noch gar nichts bestellt hatte, aber das konnte sie ja nicht wissen. Das Problem war, dass ich auch so einiges nicht wusste. In erster Linie wie ich dieser Frau, die mich mit ihrer schlechten Laune ganz nervös machte, mithilfe meiner nicht vorhandenen Portugiesischkenntnisse erklären sollte, dass ich

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