Im Zweifel suedwaerts
das ist ja das Schöne. Weniger reden, mehr Zeit für Sex.«
Jetzt ging das wieder los, das war so typisch Betty. »Ich hab doch keine Beziehung bloß für Sex!«
»Aber natürlich hast du das. Reden kannst du doch auch mit mir.« Ich sah sie zweifelnd an. »Schätzelein, was soll das denn jetzt? Mit mir kannst du immer reden!«
»Ja«, antwortete ich düster. »Aber zu welchem Preis?«
Sie seufzte und tätschelte mir aufmunternd den Oberschenkel. »Keine Sorge. Ich weiß, wie ich dich aufheitern kann.«
»Na, da bin ich aber gespannt«, murmelte ich, während sie ihre Hände trichterförmig um den Mund legte, tief Luft holte und rief: »Ey, Marco! Schon mal was von der Sexfalle gehört?«
»Halt die Klappe!«, prustete ich und schlug ihr aufs Bein.
Marco schaute unter dem Bus hervor und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. »Sexfalle? Nee, aber ich glaub ich hab das Problem gefunden!« Er sah nicht so aus, als hätte er gute Neuigkeiten.
Wir erhoben uns von unseren Plätzen und gingen auf den Bus zu. »Damit ist dann ja wohl alles klar«, flüsterte Betty mir unterwegs zu. »Selbst wenn ich es wollte: Wie soll ich denn bitte mit jemandem Spaß haben, der so eine Steilvorlage nicht nutzt? Hm? Eben. Geht nicht.«
Von mir aus, dachte ich. Ein Blick in Marcos Gesicht sagte mir, dass wir im Moment ganz andere Sorgen hatten.
Er hatte lediglich eine Vermutung, was mit dem Bus nicht stimmte, die er in ein paar Sätzen für uns zusammenfasste. Ich verstand nur Bahnhof. Betty nickte nachdenklich. Marco erklärte uns, wie er das vermutete Problem beheben wollte. Ich tat so, als würde ich zuhören. Betty nickte wieder. Das Einzige, was ich wirklich verstand, war, dass er, wenn überhaupt, den Bus nur provisorisch reparieren konnte und dass wir bei nächster Gelegenheit eine Werkstatt ansteuern mussten. Betty dankte ihm. Dann setzten sie und ich uns wieder in die Sonne und schauten Marco stumpf bei der Arbeit zu.
Die Sonne brannte erbarmungslos auf uns herunter. Sie stand direkt über uns, der Camper warf nur noch einen sehr schmalen Schatten, es war unmöglich, ihr zu entkommen. Erschöpft stützte ich meinen Kopf auf meiner Hand ab und pustete mir die Haare aus dem Gesicht. »Es ist so heiß …«
»Das kommt vor, wenn man in den Süden fährt, Schätzelein.« Betty zog lange Blättchen und Filterpappe aus ihrem Tabakbeutel – »ich bau noch mal einen, nützt ja nix« – und machte sich an die Arbeit.
Ich sah ihr zu und dachte über unsere Situation nach. Der Bus fuhr nicht mehr, und wenn Marco ihn nicht reparieren konnte, würde er uns irgendwohin abschleppen müssen, was in diesem Terrain mit den kurvigen Straßen und den Steilhängen ganz sicher keine entspannte Angelegenheit werden würde. Bis es aber überhaupt so weit war, bis Marco einsehen musste, dass er keine Ahnung von VW -Bussen hatte und sich geschlagen gab, würde dieser Tag vorbei sein, so viel stand jetzt schon fest. Wir würden hier heute nicht mehr wegkommen. »Verdammt, jetzt hängen wir hier fest …«
»Wieso verdammt?«, fragte Betty, ohne von ihrer Bastelarbeit aufzusehen.
»Weil wir wohl oder übel hierbleiben müssen, es sei denn, wir laufen.«
»Aber das ist doch kein Problem. Dann hängen wir hier eben ein bisschen in der Sonne ab. Ist doch schließlich Urlaub.«
»Ja, aber so hab ich mir das irgendwie nicht vorgestellt.« Ich fächerte mir mit der Hand Luft zu, weil mich das auf die Dauer aber mehr anstrengte als erfrischte, ließ ich es schnell wieder sein. »Wir wollten an den Strand, und jetzt machen wir Urlaub auf einer Bergwiese …«
»Also, ich finde, das klingt alles sehr gut: Bergwiese, Strand, Autobahn, Hauptsache Urlaub.«
Offensichtlich redete ich mit der falschen Person über meine Unzufriedenheit. Aber es gab ja auch noch andere Themen wie zum Beispiel: »Und was ist jetzt mit Lucy?«
»Die ist spazieren. Sag ich doch.«
»Ja, aber so lange?«
»Wenn sie darauf Bock hat? Jetzt entspann dich doch mal. Die passt schon auf sich auf.«
»Ach ja?« Ich warf Betty einen zweifelnden Blick zu. »Und was war gestern …?«
»Sie hat sich im Gebüsch versteckt, und das war’s. Alles richtig gemacht.« Betty legte den fertig gerollten Filter auf das Blättchen und streute Tabak daneben.
Anscheinend fand sie es überhaupt nicht seltsam, dass ausgerechnet Lucy, der Bewegung ein Graus war, sich jetzt schon seit mehreren Stunden auf einem ausgedehnten Spaziergang befinden sollte, noch dazu bei dieser Hitze. Ich
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