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Im Zwiespalt der Gefuehle

Im Zwiespalt der Gefuehle

Titel: Im Zwiespalt der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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stets selbstverständlich.
    Sie rieb sich ihre nackten Arme, die aus den kurzen Ärmeln ihrer Tunika hervorschauten. »Ich gehe schwimmen«, sagte sie leise zu den Frauen.
    Eine von ihnen hielt beim Zerteilen des Bocks inne.
    »Möchtet Ihr, daß Euch jemand begleitet? Wir sind hier ziemlich weit weg von der Stadt. «
    Jura drehte sich nicht um. Diese Gardistinnen befanden sich noch in der Ausbildung. Keine von ihnen war über sechzehn. Im Vergleich zu ihnen fühlte sie sich alt und einsam. »Nein, ich gehe lieber allein«, sagte sie und schritt durch den Wald hinunter zum Ruß.
    Sie ging weiter, als sie es eigentlich vorgehabt hatte, weil sie endlich diese merkwürdige Unruhe loswerden wollte. Was war nur mit ihr los? Irgendwie fühlte sie sich angespannt, als läge ein Gewitter in der Luft.
    Von der Truppe, die den Engländer Rowan zu der Hauptstadt der Irial, Escalon, und zu seinem sterbenden Vater bringen sollte, war bisher nur eine Nachricht eingetroffen. Thal hielt sich nur noch durch den Wunsch am Leben, seinen Sohn zu sehen. Er wollte wissen, zu welch einem Mann er herangewachsen war. Wenn man den Nachrichten glaubte, die ihm bisher zugegangen waren, war dieser Rowan ein Dummkopf. Er verwickelte sich laufend in Streitgespräche; forderte allein die Zerna heraus, während Daire und Xante ihn beschützen mußten. Allgemein hieß es, daß Rowan ein nutzloser Tölpel sei, der besser über die neuesten Moden Bescheid wüßte als über ein Schwert.
    Die Nachricht über Rowan hatte sich wie ein Lauffeuer in Escalon verbreitet, und es gab schon Gerüchte über Aufstände und Revolten aus Protest gegen diesen dümmlichen Engländer, der anscheinend nicht fähig war zu herrschen. Geralt, Daire und Cilean würden all ihren Einfluß; geltend machen müssen, um diesen Hornochsen daran zu hindern, den zerbrechlichen Frieden, in dem die lankonischen Stämme lebten, zu gefährden.
    Auf einer abgelegenen Lichtung legte Jura ihre Kleidung ab und glitt schnell ins Wasser. Vielleicht würde das; Schwimmen sie ja beruhigen…
    Rowan jagte sein Pferd in vollem Galopp durch den Wald. Er mußte einfach weg, allein sein, fort von den verächtlichen Blicken der Lankonier… Vor zwei Tagen waren sie an der brennenden Hütte eines Landmannes vorbeigeritten. Als Rowan der lankonischen Armee befohlen hatte anzuhalten, um das Feuer zu löschen, hatten sie ihn nur verächtlich angesehen. Sie waren auf ihren Pferden sitzengeblieben und hatten zugesehen, wie Rowan und seine englischen Begleiter den Bauern geholfen hatten, den Brand zu bekämpfen.
    Als das Feuer schließlich gelöscht gewesen war, hatten ihm die Bauern eine verworrene Geschichte über die Fehde zweier Familien berichtet. Rowan hatte ihnen daraufhin empfohlen, nach Escalon zu reisen. Er würde sich dann persönlich ihren Fall anhören und als König eine Entscheidung treffen. Die Bauern hatten ihn ausgelacht. Der König war für sie nur der Befehlshaber der Soldaten, die ihre Felder verwüsteten. Gewöhnlich kümmerte sich der König in Escalon nicht um die arbeitende Bevölkerung.
    Rowan war zu den Soldaten zurückgeritten. Sie hatten ihn verächtlich angeschaut, weil er sich in die unbedeutenden Streitigkeiten der Bauern eingemischt hatte.
    Aber für Rowan bedeutete sein Königtum etwas anderes. Er wollte, wenn er König war, der Herrscher aller Lankonier sein. Der Zerna genausogut wie für die Ulten oder die Vatell — für alle Stämme. Und für alle Menschen vom kleinsten Bauern bis hin zu Brocain, der Hunderte von Soldaten befehligte.
    Heute war er der untergründig schwelenden Feindseligkeit, die zuweilen sogar ausbrach, überdrüssig gewesen. Er war weggeritten und hatte seinen Rittern befohlen, ihm die Lankonier vom Leib zu halten. In ihren Augen hatte er dieselbe Verwirrung gelesen, die auch ihn beunruhigte, Die zweifelnden Mienen seiner Ritter ließen seine eigene Unsicherheit an die Oberfläche kommen. Er mußte jetzt ei nfach allein sein, um nachzudenken und zu beten.
    Er wußte, daß er nur ein paar Meilen vor den Mauern von Escalon war, als er an einen Fluß kam. Dieser Ort strahlte Frieden aus, einen Frieden, den er bisher in Lankonien nicht kennengelernt hatte.
    Er stieg vom Pferd, band es an einen Baum, fiel auf die Knie und faltete die Hände zum Gebet.
    »O Herr«, betete er mit gepreßter Stimme, die die Tiefe seines Schmerzes verriet. »Ich habe versucht, mich auf die Pflichten vorzubereiten, die du und mein irdischer Vater auf mein Haupt geladen habt,

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