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Im Zwiespalt der Gefuehle

Im Zwiespalt der Gefuehle

Titel: Im Zwiespalt der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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eigener Tod bringt die Erinnerungen zurück. Ich bete, daß ich deine Mutter bald Wiedersehen kann. Nachdem meine liebe Anne gestorben war, hätte ich William ohne Kampf erlaubt, dich großzuziehen, wenn er mich darum gebeten hätte. Aber er griff meine Männer und mich an und versuchte dich zu rauben … «
    Thal fing wieder an zu husten, doch der krampfartige Anfall ging schnell vorüber.
    »Du hättest nach mir schicken können«, meinte Rowan sanft. »Ich wäre gekommen. «
    Thal schien sehr zufrieden mit dieser Aussage zu sein. Er lächelte wieder. »Ja. Aber ich wollte , daß du bei den Engländern aufwächst. Anne hat mich gelehrt, was Frieden bedeutet. « Er ergriff Rowans Hand. »Noch niemandem ist es gelungen, die Lankonier zu unterjochen, Junge. Wir haben die Hunnen, die Slawen, die Awaren, die Römer und Karl den Großen überlebt. « Er schmunzelte. »Nun ja, die Priester haben es dann doch geschafft. Sie machten uns zu Christen. Aber wir haben alle Eindringlinge zurückgeschlagen. Wir Lankonier wer-den mit allen fertig. Nur nicht mit uns selbst«, fügte er traurig hinzu.
    »Die Stämme reiben sich gegenseitig auf«, stimmte Rowan zu. »Ich habe es bereits gemerkt. «
    Thal drückte Rowans Hand. »Mir wurde berichtet, daß du allein gegen die Zerna geritten bist. Ja, du hast sogar Brocain gesehen! «
    »Die Zerna sind Lankonier. «
    »Ja«, stimmte ihm Thal entschieden zu. Rowan wartete den nächsten Hustenanfall ab. »Als ich in England war, habe ich gesehen, daß ein Land nur einen Herrscher haben kann. Ich werde König von Lankonien genannt, aber in Wirklichkeit regiere ich nur die Irial. Kein Zerna und auch kein Vatell wird mich je König nennen. Wir werden immer eine Nation sein, die in Stämme aufgesplittert ist. Aber Lankonien wird untergehen, wenn wir uns nicht zusammenschließen. «
    Rowan begriff allmählich, was sein Vater von ihm forderte. »Du möchtest, daß ich die Lankonier vereinige? « In seiner Stimme schwang Entsetzen mit. Ehe er nach Lankonien kam, hatte er nicht gewußt, wie tief die Kluft zwischen den einzelnen Stämmen war. Er konnte doch nicht ein ganzes Land so ohne weiteres erobern, nur weil er es mit drei jungen Burschen und einem alten Mann aufgenommen hatte!
    »Ich habe dich aus diesem Grund im Ausland erziehen lassen«, fuhr Thal fort. »Du bist kein Irial, und vielleicht werden dich die anderen Stämme akzeptieren, weil du zur Hälfte Engländer bist. «
    »Ich verstehe«, erwiderte Rowan und schloß einen Moment lang die Augen. Er wußte seit Tagen, daß Lankonien endlich Frieden finden mußte. Er hatte gehofft, daß er als König den Krieg zwischen den Stämmen beenden könnte. Aber sie vereinigen? Es wurde nichts Geringeres von ihm verlangt, als den alten Brocain und den arroganten Xante zu Freunden zu machen! Konnte ein Mann das allein schaffen? Jetzt glaubten natürlich alle, daß er zum König bestimmt war — nur weil er so ein verrostetes Eisentor geöffnet hatte! Aber würde dieser Glaube anhalten? Rowan bezweifelte das sehr. Er mußte nur etwas tun, was sie an seine englische Herkunft erinnerte — schon würde er wie der der Ausländer, der Außenseiter sein… »Ich wurde Geralt vorgezogen, weil ich Engländer bin«, wandte er mit leiser Stimme ein. »Die Lankonier sind aber der Meinung, daß mein Halbbruder König werden sollte. «
    Thals Gesicht wurde ärgerlich. »Geralt ist ein Irial. Er haßt alles, was nicht Irial ist. Ich habe gehört, daß du Brocains Sohn bei dir hast. Beschütze ihn gut. Denn Geralt versucht ihn bestimmt zu töten, wenn er die Gelegenheit dazu hat. Geralt träumt von einem Lankonien, das nur von Irial bevölkert ist. «
    »Und — träumen die anderen Stämme auch davon, Lankonien zu beherrschen? « fragte Rowan müde.
    »Ja«, erwiderte Thal. »Zu der Zeit meines Großvaters mußten wir Invasoren Zurückschlagen. Damals waren wir glücklicher. Aber jetzt gibt es keine Eindringlinge mehr, und da uns Krieg im Blut liegt, kämpfen wir gegeneinander. « Er hielt seine vernarbten Hände hoch. »Mit diesen Händen habe ich viel zu viele Menschen meines Volkes getötet. Ich konnte dem Streit keinen Einhalt gebieten, weil ich ein Irial bin. «
    Er umfaßte Rowans Hand und sah ihn flehend an. »Ich hinterlasse dir Lankonien. Du mußt es retten. Nur du kannst es! Denn du hast das heilige Helenentor geöffnet. « Rowan lächelte seinem sterbenden Vater zu. Tief in seinem Innern erinnerte er sich an den Tag, als ihm die Hand einer reichen Erbin

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