Im Zwiespalt der Gefuehle
erwiderte Thal lächelnd. »Ja, schicke sie nur herein. Ich hoffe nur, daß sich Lora nicht auch noch einen unpassenden Mann in den Kopf gesetzt hat. «
Rowan lachte: »Das glaube ich nicht. Obwohl sie Xante sehr zu mögen scheint. «
Thal lachte so herzlich, daß er wieder anfing zu husten. »Dieses alte Schlachtroß? Ach, das gäbe ein herrliches Paar! Er war noch nie verheiratet, und nur eine sehr temperamentvolle Frau könnte sein Herz zum Schmelzen bringen. «
»Wenn es eine schafft, dann Lora. « Rowan erhob sich. Impulsiv küßte er die Hand seines Vaters. »Ich bedaure sehr… Ich bedaure, daß —«
»Nein! « rief Thal scharf. »Bedaure nichts. Du bist ge nauso, wie ich es mir erträumt habe: Du gehörst keinem Stamm an. Du bist ein lankonischer König! Nur du bist imstande, das Land zu einen. Ich hoffe nur, daß die Frau an deiner Seite… Nein. Bedaure nichts! Schicke meine Tochter und den Jungen herein. «
»Ja, mein Vater«, sagte Rowan und wollte den Raum verlassen.
»Sohn«, rief Thal. »Sage Siomun auch, daß man dir anständige Kleidung bringen soll, damit du nicht länger wie ein Engländer aussiehst. «
Rowan nickte und verließ den Raum.
Vor Thals Gemächern lehnte sich Rowan gegen die dunkle Steinmauer und schloß die Augen. Das enorme Vertrauen, das sein Vater in ihn setzte, lastete auf seinen Schultern. Er hatte immer geglaubt, er würde der König eines Landes sein. Und jetzt sollte er sechs Stämme, die einander haßten, sich bestahlen und ohne Grund gegenseitig töteten, einen! Er nahm sich einen Augenblick Zeit für ein Gebet. Er würde alles tun, was er konnte, und ansonsten auf Gott vertrauen. Und auf Jura, dachte er und öffnete die Augen. Jura würde ihn bestimmt unterstützen. Er schritt durch den dunklen Flur. Rowan blieb stehen, als er Loras ärgerliche Stimme und Xantes leises Lachen vernahm.
»Wenn ich kurz stören dürfte«, sagte Rowan. »Lora, unser Vater möchte Philip und dich sehen. Xante, könntet ihr mir jemanden namens Siomun suchen? «
»Ja, Mylord«, erwiderte Xante respektvoll und ging davon.
»Zuerst Siomun«, flüsterte Rowan. »Dann Jura. « Pfeifend folgte er Xante.
Voller Bedauern verließ Jura den Übungsplatz, aber der junge Bote hatte ihr gemeldet, daß sie dringend gebraucht würde. Es war etwas seltsam, daß sie in die Ställe kommen sollte
— aber in letzter Zeit hatte sich ja alles geändert. Seitdem Thal seinen englischen Sohn zu sich befohlen hatte, war ihre Welt vollkommen durcheinander geraten. Sie würde jetzt gehen und sehen, wer sie brauchte. Dann würde sie Geralt suchen und ihm all ihre Unterstützung anbieten.
In den Ställen war es dunkel. Niemand war zu sehen.
»Hallo? « rief sie, aber es antwortete ihr kein Mensch. Ihr Mißtrauen wuchs, und sie zog ihr Messer, während sie den Boxengang entlangschlich.
Obwohl sie so vorsichtig war, war sie doch überrascht, als eine Hand hervorschoß und sich auf ihren Mund preßte. Das Messer wurde ihr aus der Hand geschlagen, und sie wurde in eine dunkle Pferdebox hineingezerrt.
Sie wehrte sich, aber der Mann drehte sie mühelos in seinen Armen herum und preßte sie an sich. Obwohl sie ihn in der Dunkelheit nicht sehen konnte, erkannte ihr Körper ihn. Er war es.
Als sich sein Mund auf ihren preßte, erwiderte sie den Kuß mit ganzer Leidenschaft. Seit dem gestrigen Ereignis hatte sie sich immer wieder gesagt, daß ihre Reaktion auf den gutaussehenden Fremden ein einmaliger Zufall gewesen wäre. Etwas, das nie wieder geschehen würde. Sie hatte Sehnsucht nach Daire gehabt, und außerdem waren der Mann und sie halbnackt gewesen, als sie sich trafen. Kein Wunder, daß sie so reagiert hatte! Ebenso hatte sie die Leidenschaft, die sie gefühlt hatte, abgewertet. Es war nur natürlich, wenn eine Frau durch den Kuß eines so gutaussehenden Mannes erregt wurde.
Doch Jura hatte sich nicht bewußt gemacht, wie sie sich in den Armen dieses Mannes gefühlt hatte. Daß ihr Körper weich und anschmiegsam geworden war. Wie sie bei jeder seiner Berührungen gezittert hatte.
Als er seinen Kopf hob, lagen ihre Arme um seinen Nacken und ihre Finger liebkosten sein Haar — und sie verlangte nach mehr.
»Jura«, flüsterte er. Der Klang seiner Stimme schien sie ganz zu durchdringen. »Wir werden jetzt Zusammensein«, murmelte er an ihren Lippen.
Sie öffnete ihren Mund, so wie eine Blüte sich der Biene öffnet. Zusammensein — das hieß, daß sie sich lieben würden. Jura war dazu bereit. Sie dachte
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