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Imagica

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Titel: Imagica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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unschuldigen Fragen bekamen Gentle und Pie viele Informationen, die sie unter anderen Umständen nicht so leicht erhalten hätten. Unweit der Stadt unterhielt sich das Mädchen mit einer Frau, die verschiedene Kesparate nannte und dabei auf jene hinwies, die vom Damm aus zu sehen waren.
    Zacharias hörte zu viele Namen und sonstige Angaben, um alles im Kopf zu behalten, doch ein Blick zu Pie bestätigte ihm, daß der Mystif aufmerksam zuhörte und sich alle wichtigen Einzelheiten einprägte.
    »Ausgezeichnet«, sagte Pie zu Huzzah, als die Frau allein weitergegangen war. »Ich hatte schon befürchtet, nicht den Weg zum Kesparat meines Volkes zu finden.«
    »Durchs Oke T'Noon zum Caramess, wo das Konfekt für den Autokraten hergestellt wird...« Huzzahs Stimme klang so, als läse sie von einer Tafel ab. »An der Mauer des Caramess entlang bis zur Smooke-Straße, dann zum Viatikum. Von dort sehen wir die Tore.«
    »Wie kannst du dich an all das erinnern?« fragte Gentle, und Huzzah antwortete mit einer Gegenfrage: Wieso hatte er es sich erlaubt, einen Teil der Informationen zu vergessen?
    »Wir dürfen uns nicht verirren«, fügte sie hinzu.
    »Da besteht keine Gefahr«, sagte Pie. »Im Kesparat meines Volkes gibt es bestimmt Leute, die uns dabei helfen, deine Großeltern zu finden.«
    »Und wenn nicht...« Huzzah zuckte mit den Schultern.
    »Dann begleite ich euch zur Ersten Domäne. Es ist sicher eine interessante Reise. Und ich würde gern den Unerblickten sehen.«
    »Woher weißt du, wohin wir unterwegs sind?« erkundigte 558

    sich Gentle.
    »Ihr habt mehrmals darüber gesprochen«, erklärte Huzzah.
    »Die Erste Domäne ist doch euer Ziel, nicht wahr? Und dort wollt ihr dem Unerblickten gegenübertreten, oder? Oh, ich fürchte mich nicht. Wir haben eine Göttin gesehen, stimmt's?
    Sicher ist Hapexamendios genauso, nur nicht so schön.«
    Diese wenig schmeichelhafte Bemerkung amüsierte Gentle.
    »Du bist ein Schatz, weißt du das?« Er ging in die Hocke und umarmte das Mädchen. Es hatte inzwischen einige Pfund zugenommen und war kräftiger geworden, was Zacharias merkte, als es die Arme um ihn schlang.
    »Ich habe ziemlichen Appetit«, flüsterte ihm Huzzah ins Ohr.
    »Dann besorgen wir uns etwas zu essen«, entgegnete er.
    »Wir können schließlich nicht riskieren, daß du verhungerst.«
    Sie schritten - beziehungsweise kletterten - durch die steilen Straßen des Oke T'Noon, bis sie das Gros der anderen Wanderer, die ebenfalls über den Damm gekommen waren, ein ganzes Stück hinter sich gelassen hatten. In diesem Viertel der Stadt gab es viele Läden und kleine Restaurants, die Frühstück anboten. Einige Buden, in denen man gegrillten Fisch verkaufte, wirkten eher schäbig, doch Gentle bemerkte auch Cafes, die ihn an Paris erinnerten - allerdings saßen dort Leute, die in der Stadt an der Seine sofort aufgefallen wären. Die meisten von ihnen stammten aus Völkern, an deren besondere Merkmale sich Zacharias bereits gewöhnt hatte: Oethacs und Heratea; entfernte Verwandte von Mutter Splendid und Hammeryock; selbst einige Personen, die dem einäugigen Croupier aus Attaboy ähnelten. Aber auf jeden Kaffee trinkenden Gast, der Gentle vertraut erschien, kamen zwei oder drei andere, die ihn erstaunten oder gar verblüfften. Pie warnte ihn ebenso wie in Vanaeph: Zu auffälliges Starren mochte sie in Schwierigkeiten bringen. Daraufhin versuchte er, die atemberaubende Vielfalt in den Straßen möglichst unauffällig 559

    zu bewundern. Nach einer Weile fanden sie ein kleines Cafe, von dem ein besonders verlockender Duft ausging. Gentle nahm an einem der Fenster Platz, von dem aus er die Passanten beobachten konnte, ohne dabei Aufmerksamkeit zu erregen.
    »In der Fünften Domäne habe ich einen Freund namens Klein«, sagte er während des Essens. »Er fragte die Leute immer wieder, was sie tun würden, wenn sie nur noch drei Tage zu leben hätten.«
    Huzzah sah von ihrem Teller auf. »Warum ausgerechnet drei?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht ist drei eine magische Zahl.«
    »Bei jedem Theaterstück gibt es nur drei Protagonisten«, sagte Pie. »Alle anderen Darsteller...«, der Mystif unterbrach sich mitten im Zitat, »...sind nur Statisten oder so. Eine Weisheit von Pluthero Quexos.«
    »Quexos?« wiederholte Gentle verwirrt.
    »Schon gut.« Pie winkte ab.
    Zacharias wandte sich an das Mädchen. »Worüber haben wir gerade gesprochen?«
    »Über Klein«, sagte Huzzah.
    »Als er mir seine Lieblingsfrage stellte,

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