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Imagon

Imagon

Titel: Imagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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zweite Treibstofftank in die Luft flog. Die Druckwelle warf mich über Broberg, doch selbst jetzt gab dieser nur ein leises Stöhnen von sich. Aus dem Wrack des Chinook stieg ein mächtiger Feuerball in den Himmel und verwandelte sich in einen giftigen schwarzen Rauchpilz. Das Wasser unter dem brennenden Wrack zischte und dampfte, als sich das glühende Metall ins Eis zu schmelzen begann. Falls im Inneren des Helikopters noch irgendjemand am Leben gewesen sein sollte, war er nun von seinen Qualen erlöst.
    Der Rauch und die brennende Maschine verwehrten uns die Sicht auf das, was im Zentrum des Kraters vor sich ging, und ich betete, dass er uns auch vor dem Shoggothen verbergen möge. Ich zog meinen Anorak aus und bettete vorsichtig Brobergs Kopf darauf. DeFries kam herangekrochen und deckte Brobergs zitternden Körper mit seinem eigenen Parka zu. Sein Gesicht war rot verfärbt, Schweiß stand auf seiner Stirn. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass hier, in unmittelbarer Nähe des brennenden Wracks, noch immer eine enorme Hitze herrschen musste, die seinem Kreislauf gewaltig zu schaffen machte. Gemeinsam schleiften wir Broberg vom Helikopter fort. Während DeFries begann, Brobergs Gesicht mit einem feuchten Taschentuch zu kühlen, versuchte ich, einen Blick auf das Geschehen jenseits des Hubschrauberwracks zu werfen.
    Der Shoggothe gebärdete sich noch immer wie im Vernichtungsrausch. Fast einhundert Meter hoch aufgerichtet, glich er einer riesigen, zerstörerischen Monster-Anemone. Über ein Dutzend mächtiger Tentakel waren aus seinem Leib gewachsen und droschen wahllos auf die Wracks brennender, zertrümmerter Helikopter und Kettenraupen ein. Der Sockelkran war von ihm bis zur gegenüberliegenden Kraterklippe geschleudert worden. Eis und Trümmerteile wirbelten Dutzende von Metern hoch durch die Luft. Keiner der Hubschrauber hatte es geschafft zu starten. Die niederfahrenden Fangarme zerschmetterten die wenigen Überlebenden, die sich aus den Maschinen gerettet hatten und nun in panischer Angst um ihr Leben rannten oder krochen. Der gesamte Kraterboden erzitterte unter der Wucht der Tentakelhiebe.
    Aufbrandender Rotorenlärm lenkte meinen Blick hinauf zur Station. Im dem Moment, als ich den über dem Kraterrand schwebenden Helikopter sah, löste sich auch schon ein schlanker Schatten von der Maschine.
    Die Rakete schoss – einen Feuerschweif hinter sich herziehend – auf den Shoggothen zu und traf mitten in die schillernde Plasmamasse hinein. Für eine Sekunde geschah überhaupt nichts, dann folgte eine Entladung, die in dem transparenten Körper wirkte wie die Explosion einer Unterwasserbombe. Die Kreatur blähte sich einen Atemzug lang ballonförmig auf, um sofort wieder zu normalen Proportionen zusammenzuschrumpfen. Mehr geschah nicht. Der Shoggothe hatte die Explosion der Rakete einfach ›verdaut‹. Während er sich sofort auf den neuen Feind zu bewegte, steuerte der Helikopterpilot seine Maschine in einem tollkühnen Manöver in den Krater hinab.
    »Dieser Wahnsinnige hat keine Chance«, entsetzte sich DeFries. »Man kann ihn nicht mit konventionellen Waffen töten. Das macht ihn nur noch rasender.«
    Ich kniff die Augen zusammen, als der Helikopter eine zweite Rakete abfeuerte und ihre Explosion aufzuckte. Gleichzeitig fiel mir auf, dass der Körper des Shoggothen an manchen Stellen nicht mehr schillerte, sondern das Plasma seltsam dunkel verfärbt war.
    »Aber er scheint verletzt zu sein«, bemerkte ich.
    DeFries wischte sich das Blut aus dem Gesicht und sah zu dem Shoggothen hinüber, der über das Eis kroch und versuchte, den Helikopter mit seinen mächtigen Fangarmen vom Himmel zu pflücken.
    »Sollten das tatsächlich Verletzungen sein, so stammen sie nicht von den Explosionen«, urteilte DeFries. »Selbst wenn man ihn in hunderttausend Stücke zerfetzte, würde jedes einzelne von ihnen weiterexistieren, um sich wieder mit dem Übrigen zu vereinigen.«
    »Es ist – das Gas …«
    Brobergs Stimme war kaum mehr als ein schmerzerfülltes Röcheln. Er hatte seinen Kopf zur Seite gedreht und sah an uns vorbei auf den ungleichen Kampf zwischen Monster und Flugmaschine. Obwohl er offenbar wieder Herr seiner Sinne war und das Geschehen verfolgen konnte, blieb sein Blick teilnahmslos leer. Als wir uns neben ihn gekniet hatten, sah uns sein heiles Auge klagend an.
    »Verzeihen Sie mir, Poul«, krächzte er. »Verzeihen Sie meine Engstirnigkeit … Ich habe Ihnen nicht geglaubt … Wir waren zu …« Ein

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