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Imagon

Imagon

Titel: Imagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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hätte für Wochen kunterbunte Sonnenuntergänge produziert. Doch trotz der Ausmaße dieses Kraters scheint er sich regelrecht ins Eis geschlichen zu haben. Daher verfolge ich eine andere Theorie.«
    »Ich bin gespannt.«
    »Es ist reine Spekulation, und ich werde keine Behauptungen aufstellen, ehe die Analyse aus Kopenhagen nicht vorliegt.« Ich trat unruhig auf der Stelle. Irgendetwas machte mich nervös. Mein Herz hämmerte, und obwohl ich das Gefühl hatte, die Luft sei hier unten spürbar wärmer als oben im Lager, fror ich zunehmend. Womöglich lag es an dem starken Kaffee, den ich getrunken hatte, um meine Lebensgeister zu wecken.
    »Hmm …«, machte DeFries. »Hansen wird gegen 21 Uhr zurückkommen und den Container zur Station hinauf fliegen. Dann können Sie sich Ihr Eigenheim einrichten.«
    »Darf ich einen Blick hineinwerfen?«
    DeFries wirkte irritiert. »Hinein? Wo hinein?«
    »In das Gebäude.«
    »Nein, auf keinen Fall. Nicht jetzt. Noch nicht. Es ist zu …« Der Professor sah zu dem Bauwerk hinüber. »Sie könnten sich dort unten verletzen, Poul.«
    »Verletzen? Woran?«
    DeFries schüttelte entschieden den Kopf. »Für den Fall, dass Sie schwereres Equipment transportieren wollen, steht Ihnen leider nur ein Lastschlitten zur Verfügung«, übersprang er meine Frage. Kein Zweifel, mein Wunsch bereitete ihm Unbehagen. Dennoch wirkte er entspannter als noch vor Sekunden, beinahe, als habe er die ganze Zeit auf meine Frage gewartet und sei nun erleichtert, mit einem klaren ›Nein‹ die Kompetenzen festgelegt zu haben. »Ziehen müssen Sie ihn jedoch heute allein, da sich keiner unserer Hunde zu diesem Zweck Schneeketten anlegen lässt.« DeFries lächelte, wurde jedoch sofort wieder ernst. »Ehrlich gesagt: Hier unten geht Ihnen jeder Hund durch. Die Viecher gebärden sich wie toll. Morgen werden wir einen der Skidoos herunterbefördern. Vielleicht macht Hansen das auch schon heute Abend, falls Rijnhard rechtzeitig mit der Elektrik fertig wird.« Er wirkte für einen Augenblick desorientiert, dann fragte er: »Wann soll der Ami kommen?«
    »Morgen.«
    DeFries atmete tief durch. »Geben Sie auf das Schluckloch Acht, wenn Sie aufs Eis gehen«, warnte er. »Man sieht es erst, wenn man direkt davor steht, und da kann es bereits zu spät sein. Ich halte es sogar für klüger, den Motorschlitten morgen zu benutzen und heute zuerst eine sichere Route durch den Krater zu suchen.«
    Ich legte den Kopf schräg. »Was für ein Schluckloch?«
    »Eine etwa drei Meter große Öffnung im Eis, die einer Gletschermühle ähnelt. Dort draußen«, sagte DeFries. »Sehen Sie den Dampf?«
    Mein Blick folgte seiner ausgestreckten Hand. Das warme, aus dem Bauwerk abgepumpte Wasser verdunstete inzwischen nicht mehr allein an einer zentralen Austrittsstelle am Ende des Schlauches. Ein dampfender Ausläufer hatte sich gebildet, der sich Richtung Kratermitte schlängelte. Etwa dreihundert Meter jenseits der Schlauchmündung endeten die Dunstschwaden, nachdem sie immer spärlicher geworden waren. »Das Schluckloch befindet sich etwa zweieinhalb Kilometer entfernt«, erklärte DeFries. »Dort, wo die Dampfschwaden aufhören, ist das Wasser bereits auf wenige Grad über Null abgekühlt.«
    »Es fließt über das Eis?«
    »Das Schmelzwasser hat einen Kanal in die Kruste geschmolzen.«
    »Aber wie kann es so weit fließen?«, wunderte ich mich. »Der Eissee ist doch bretteben. Wieso fließt es in dieser Entfernung überhaupt noch und ist nicht längst gefroren?«
    DeFries hob in einer ratlosen Geste die Arme. »Wahrscheinlich aus demselben Grund, aus dem der Großteil der beim Auftreffen des Himmelskörpers geschmolzenen Eisdecke in flüssigem Zustand im Krater verblieben ist und nicht kilometerweit über das Eis versprengt wurde. Unser Schmelzwasser bleibt flüssig und wird von dem Schluckloch angezogen.«
    »Angezogen?«, echote ich. »Wasser?«
    »Von etwas am Grund des Schlucklochs – von einem Objekt unter dem Eis.« DeFries zog einen Kompass aus seiner Jackentasche. »Sehen Sie her.« Er hob das Instrument leicht schräg, so dass die Achse der Kompassnadel auf ein imaginäres Zentrum unterhalb des Kratersees wies. Die Nadel rotierte, als liege das Gerät auf einen Magneten. Dann neigte DeFries den Kompass zur Kratermitte hin, und die Nadel schlug sofort aus. Sie wies auf einen magnetischen Pol diagonal unter uns. »Das Inlandeis ist an dieser Stelle etwa acht- oder neunhundert Meter dick«, erklärte DeFries. »Erst in

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