Imagon
stand halb ins Cockpit gebeugt und wechselte mit dem Piloten noch einige Worte, während Rijnhard mit einer Checkliste neben einer Holzpalette stand und die Ausrüstung aufnahm. Auf der Palette stapelten sich vier oder fünf schwarzgraue Kunststoffboxen. Niemand schenkte mir Beachtung, und so entschied ich, den Amerikaner später zu begrüßen und zuerst meinen eigenen Frachtcontainer zu entladen, um mit dem Einrichten des Feldlabors zu beginnen.
Ich fand das Rolltor nicht ganz geschlossen vor und vermutete zuerst, dass es üblich sei, den Geräteschuppen geöffnet zu lassen, damit sich sein Inneres durch die umliegenden Wohncontainer nicht zu sehr erwärmte. Als ich mich bückte, um das Rolltor hochzuziehen, hörte ich aus dem Schuppen eine heisere, leiernde Stimme, begleitet von einem Rasseln. Verdutzt zog ich das Tor auf – und war einen Moment lang perplex.
Der alte, untersetzte Inuit, der um meinen Ausrüstungs-Container herumscharwenzelte und sich von meinem Erscheinen nicht im Geringsten gestört zu fühlen schien, musste Talalinqua sein. Eine Pelzkappe aus dem Schädel eines Eisbären auf seinem Kopf tragend, schritt der Schamane mit halbgeschlossenen Augen um den Behälter und gab dabei Laute von sich, die zwischen rhythmischem Hecheln, Gezischel und monotonem Gesang wechselten. In seiner rechten Faust hielt er etwas, das aussah wie ein Staubwedel aus Fell und Knochenstückchen. Diese schlugen bei jeder Handbewegung gegeneinander und verursachten so das von mir gehörte Rasseln. Mittelpunkt des seltsamen Rituals war zweifellos mein Container.
»Hey!«, fuhr ich ihn an. »Verschwinden Sie!« Talalinqua warf mir einen kurzen Blick zu, ohne innezuhalten.
Aus dem Augenwinkel sah ich Rijnhard zu mir herüberschauen.
Der Mechaniker rief etwas, das jedoch von meiner eigenen Stimme übertönt wurde. »Verschwinden Sie, verdammt noch mal!«, wiederholte ich. »Raus hier!«
Ich hatte nicht die geringste Ahnung, ob der Schamane von DeFries die Erlaubnis besaß, sich frei im Lager zu bewegen. Es war mir in diesem Augenblick auch herzlich egal. Der Kauz beschäftigte sich – wenn auch nur mit abstrusem magischem Firlefanz – mit meinem Equipment! Mit Geräten, die Millionen von Dollar kosteten. Und das war Grund genug, zuerst zu schießen und danach die Fragen zu stellen.
Ich ging auf Talalinqua zu, packte ihn am Ärmel und zog ihn halb aus dem Schuppen. Der Alte stieß einen überraschten, entrüsteten Laut aus, der mich an das Quaken eines Ochsenfrosches erinnerte, und riss seinen Arm aus meinem Griff. Seine Augen sprühten Funken, als er seinen Fell-Wirbelwisch wie einen Bannkeil zwischen uns hielt. Wahrscheinlich war es unter seinesgleichen ungebührlich, einen Zauberpriester bei der Arbeit zu stören, und erst recht, ihn zu berühren und durch die Gegend zu zerren. Wie auch immer, Talalinqua sah ziemlich aufgebracht aus.
»Uppisiriittuq allaniq!«, zischte er. »Makkiituq!«
Erst jetzt bemerkte ich, wie sehr der Kerl stank; nicht direkt unhygienisch, mehr penetrant rituell. Ich wusste nicht, mit welchen Sekret-Pasten und Tierfetten sich Inuit-Schamanen einrieben, ehe sie einen derartigen Ritus vollzogen. Falls es Brauch war, die Körpergeruchsintensität dem Wert des zu beschwörenden Objekts anzupassen, dann hatte Talalinqua ganze Arbeit geleistet. Vielleicht war der Gestank der Grund, weshalb er und sein Gefolge in ihren Iglus neben dem Lager hausten.
»Was soll das hier?«, fuhr ich ihn an, ohne viel Hoffnung, dass er mich verstand. »Gibt’s irgendein Problem mit meiner Ausrüstung?«
»Uttaq!«, erhielt ich als Antwort. Talalinqua spuckte trocken auf den Boden und machte mit seinem Fetisch eine wütende Bewegung, als wolle er ihn nach mir werfen, behielt ihn jedoch in der Hand. »Uttaq!«, knurrte er noch einmal, drehte sich um und stapfte aus dem Schuppen.
Verärgert zündete ich mir eine Zigarette an und umrundete prüfend den Container. Kurz darauf tauchten Rijnhard und Chapmann auf. Der Mechaniker hielt noch die Checkliste in der Hand.
»Was war denn das gerade?«, wollte der Mechaniker wissen, nachdem ich leicht verstimmt Chapmann begrüßt hatte. Mit einem raschen Rundblick durchsuchte Rijnhard den Schuppen. »War der Kerl hier drin?«
»Allerdings.«
»Hat er etwas beschädigt?«
»Nein, ich glaube nicht. Nur irgendwelchen Unsinn gebrabbelt und mit seinem Fetisch gewedelt.«
»Hm … Ich werde DeFries bitten, dass er den Kerl ins Gebet nimmt«, entschied Rijnhard. »Sie sehen
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