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Imagon

Imagon

Titel: Imagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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der Eisdecke oben abschließen wird, sobald der unterirdische See vollständig gefroren und der Expansionsprozess abgeschlossen ist.«
    Er machte eine Pause, ließ seine Worte auf mich wirken. »Sie sind doch kein Anfänger, Poul. Stellen Sie sich mir gegenüber nicht so naiv. Es gibt keinen Kraterwall aus Auswurfsmaterial, und kein Seismograph der Welt hat eine Erschütterung aufgezeichnet, die diesen Impakt rechtfertigt. Dieser … Tempel, in den DeFries so vernarrt ist, besteht aller Logik zum Trotz noch aus einem Stück, und die Kondenswolke, die nach dem Einschlag über Ostgrönland gezogen ist, war ein Treppenwitz. Hier ist keine kosmische Bombe eingeschlagen, sondern etwas muss ganz sanft vom Himmel geschwebt und sich ins Eis geschmolzen haben, bis es auf Felsgrund getroffen ist. Und vielleicht sogar noch tiefer …«
    Ich sah zu Chapmann, dann hinauf zum Kraterrand und schließlich hinüber zu dem Gebäude an der Flanke des Mount Breva, während der Amerikaner selbstzufrieden mit der Videokamera erste Aufnahmen vom Schluckloch machte. In mir hatte ein Gedanke zu keimen begonnen, den zur Sprache zu bringen mein Verstand sich noch wehrte. Aber falls die Eisplatte, auf der wir nach Chapmanns Theorie standen, tatsächlich nach oben stieg, musste sie das Bauwerk am Mount Breva über kurz oder lang begraben … oder sogar zermalmen. War es das, was DeFries so antrieb? Kämpfte er mit Heißwasserpumpen gegen die unaufhaltsame Macht des Eises an, um seinen Tempel zu retten?
    Ich blickte zu dem Bauwerk hinüber. Eine dicke, verloren wirkende Dampfsäule quoll in den Himmel wie ein Flaschengeist.
    DeFries hatte die Arbeit wieder aufgenommen. Keine Stunde mehr, und der Schmelzwasserstrom würde sich erneut in den Abgrund ergießen.
    Ich befestigte die Rauchpatrone mit Isolierband auf dem Stativkopf und postierte das Gestell etwa zehn Meter vom Schluckloch entfernt auf dem Eis.
    »Was haben Sie eigentlich vor?«, wollte Chapmann wissen. Er hatte den rechten Handschuh ausgezogen und seine Hand durch die Halteschlaufe der Videokamera geführt. Mit dem Gerät vor der Brust beobachtete er mein Tun.
    »Stellen Sie sich so hin, dass Sie mit dem Sucher ein etwa zwanzig Meter weites Umfeld um das Loch einfangen, und hoffen Sie, dass uns der Wind keinen Strich durch die Rechnung macht. Stellen Sie das Gerät auf Autofokus.«
    Chapmann zuckte die Schultern und lief ein paar Schritte rückwärts. Er schwenkte die Kamera mal nach hier und mal nach da. »Ich bin nicht sicher, ob das funktioniert«, meinte er. »Zu wenig Kontrast, alles zu hell.«
    »Konzentrieren Sie sich auf mich und das Stativ«, wies ich ihn an und betätigte den Reißzünder. Gebannt beobachtete ich den Rauch, während ich hastig ein paar Schritte rückwärts lief. Die orangerote Wolke stieg zuerst sechs, sieben Meter in die Höhe, und ich sah mein Experiment bereits der Lächerlichkeit anheimfallen. Als ich auf das Stativ zuging, um es näher ans Schluckloch zu tragen, bildete sich an der Spitze der Wolke zögernd ein Ausläufer, der sich in Richtung des Mount Umos bewegte, als würde ihn ein zarter Lufthauch dorthin treiben. Ich verharrte im Schritt, mein Herz klopfte aufgeregt.
    »Jetzt!«, rief ich. »Halten Sie das fest!«
    Chapmann machte mit der freien Hand eine beschwichtigende Geste. Die Wolke trieb nicht geradlinig über den Eissee. Sie zog sich in die Länge, begann unmerklich langsam einen weiten Bogen zu beschreiben, trieb bald Richtung Westen und verlor ein wenig an Höhe.
    »Heiliger Strohsack«, bemerkte Chapmann, der es ebenfalls erkannte. »Der Rauch bewegt sich im Uhrzeigersinn um das Schluckloch!«
    Ich hatte die behandschuhten Hände zu Fäusten geballt und presste sie hoffend gegeneinander. »Komm schon!«, murmelte ich. »Komm schon …«
    Der Ausläufer hatte bereits eine fast vollständige Kreisbahn beschrieben und dabei fast zwei Meter an Höhe verloren. Zudem hatte sich der Radius verringert, und die Geschwindigkeit, mit der sich die Wolkenspitze bewegte, betrug jetzt mehr als Schritttempo. Chapmann plapperte irgendwelche unverständlichen Äußerungen des Staunens vor sich hin, und ich stellte mir bereits Brobergs Gesicht vor, nachdem ich ihm diese Aufnahmen übertragen hatte. Die abwärtsführende Wolkenspirale gewann mehr und mehr an Geschwindigkeit, je näher ihr Ausläufer dem Schluckloch kam, und schließlich stürzte der Rauch in einer engen Spirale hinab in die Tiefe.
    Chapmann lief langsam rückwärts, um das Phänomen in der

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