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Immer diese Gespenster

Immer diese Gespenster

Titel: Immer diese Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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nächtlichen Dunkel schimmern, brennende Zigarren wie Leuchtkäfer aufglühen und vernahm leises Geplauder — und doch lag Mord in der Luft.
    Lord und Lady Paradine saßen mit Sir Richard und Isobel zusammen. Die jungen Leute, Beth, Susan, Mark und Freddie bildeten eine Gruppe. Die Wilsons saßen allein und völlig abseits. Dr. Paulson, Mr. Jellicot und Dean Ellison waren an einem Männertisch beisammen. Hero, der sich zu seiner Stiefschwester und Mrs. Geraldine Taylor gesellt hatte, stellte fest, daß nur die Spendley-Carters fehlten.
    Es schien ihm, als wäre der Druck, der seit kurzem auf allen Bewohnern von Paradine Hall lastete, auch hier draußen spürbar, und Hero hatte den Eindruck, daß jedermann froh sei, den Kaffee draußen und nicht im Schloß einzunehmen.
    Mrs. Taylor fröstelte plötzlich und sagte: «Merkwürdig, obwohl es warm ist, friere ich.»
    Hero fragte zuvorkommend: «Darf ich Ihnen einen Schal holen?»
    «Wollen Sie das wirklich tun?» antwortete Mrs. Taylor. «Sie sind ein Engel. Sie wissen ja, wo mein Zimmer ist. Über einer Stuhllehne hängt ein weißer Schal. Ich habe ihn ganz vergessen.»
    «Ich bin gleich wieder da», erwiderte Hero und erhob sich. In diesem Augenblick traten der Butler und seine Frau mit dem Kaffee aus der Tür, gefolgt von Spendley-Carter. Sie überquerten den Graben auf der behelfsmäßigen Brücke, und Hero beschloß, den anderen Weg zu nehmen.
    Er ging um die Sitzenden herum in die Dunkelheit und betrat den Ostflügel durch den eigenen Eingang, außer Sicht- und Hörweite der auf dem Rasen versammelten Gesellschaft.
    Mrs. Taylor wandte sich plötzlich an Meg und sagte: «Warum ist er gegangen. Er hätte nicht gehen sollen.»
    Ohne zu verstehen, was Mrs. Taylor damit sagen wollte, antwortete Meg: «Er will nur Ihren Schal holen.»
    Mrs. Taylor flüsterte: «Wir hätten ihn nicht gehen lassen dürfen.»
    Sie erhob sich halb vom Tisch, als wolle sie Hero zurückrufen, doch als sie sah, daß er bereits verschwunden war, setzte sie sich wieder.
    Meg war es unheimlich zumute. «Warum? Was ist geschehen? Ist etwas nicht in Ordnung?»
    Der gespannte Ausdruck verschwand von Mrs. Taylors Gesicht, und ! sie sagte: «Wie? Ein sympathischer junger Mann. Zu dumm von mir, meinen Schal zu vergessen. Ja, ich nehme gern Kaffee — mit Sahne bitte.»
    Niemand konnte sich nachher genau erinnern, wann es begann, wann es zuerst gesehen wurde und was nachher geschah; manche saßen mit dem Rücken zum Gebäude oder waren in ein Gespräch vertieft, aber das Zeichen wurde von Mrs. Wilson gegeben, die plötzlich einen durchdringenden Schrei ausstieß und rief: «Oh, mein Gott! Da!» Dann schrie sie i ein zweites Mal und stöhnte: «Alexander!» Ein Tisch wurde umgeworfen, und Porzellan und Silber klirrten.
    Einen Augenblick lang herrschte völliges Durcheinander. Niemand wußte, was geschah. Die Leute sprangen von den Stühlen auf und entdeckten endlich, daß die blonde, schlanke Frau, schreckensblaß und die Augen vor Entsetzen weit geöffnet, auf den Wintergarten zeigte, wo Alexander Hero in den Klauen eines schuppigen Ungeheuers gefangen schien, das sich aus dem Graben erhoben hatte.
    Die Erscheinung konnte unmöglich auf Einbildung oder einer Sinnestäuschung beruhen, denn alle sahen es genau: ein unförmiger Kopf mit zwei kalten, vorstehenden Augen, einem gefurchten Rüssel und einem langen, glitzernden, totenbleichen Schlangenkörper.
    Schreckensschreie folgten. Meg rief verzweifelt: «Sandro! Sandro!» Sie war aufgestanden und wollte auf ihn zu eilen, war aber von dem, was sie sah, derart gelähmt, daß sie sich nicht rühren konnte. Das Ungeheuer hielt ihren Stiefbruder in seinen Fängen, wand den schuppigen Leib um seinen Arm und glotzte ihn aus bösen Augen an. In das Geschrei der Frauen und die Rufe der Männer mischte sich das Geklapper des Silbers und der Tassen, als noch ein Tisch umgeworfen wurde.
    Die lähmende Starre wurde gebrochen, als Major Wilson einen dunklen Gegenstand aus der Innentasche seines Smokings zog, die Hand hob und auf die Gestalten im Wintergarten zielte. Meg rief angstvoll: «Sandro! Sandro! Paß auf!» Sie rannte über den Rasen auf den Major zu, kam aber zu spät. Ein ohrenbetäubender Knall zerriß die Luft, als der Schuß sich löste, Glas zersplitterte klirrend in tausend Stücke, und Alexander Hero lag, das Gesicht nach unten, am Boden.

    Hero fand Mrs. Taylors Schal ohne Mühe, denn er hing über der Lehne eines Stuhles in ihrem Zimmer. Es war eine

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