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Immer diese Gespenster

Immer diese Gespenster

Titel: Immer diese Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Auftritten neigte, wußte Hero nicht, was er tun sollte. Er stand gewissermaßen im Mittelpunkt der Bühne — heil und gesund, nachdem ein guter Schütze mit einer Webley-Dienstpistole auf ihn geschossen hatte, und hielt ein weinendes Mädchen in den Armen, das seine Stiefschwester war. Ihre Hände streichelten sein Gesicht und Haar, betasteten seine Kleider, während sie immerfort fragte: «Sandro, bist du nicht verletzt? Hat er dich nicht getroffen?»
    «Beruhige dich, Liebes. Mir fehlt nichts. Er hat danebengeschossen», sagte er.
    Meg zitterte am ganzen Körper und konnte nur mit Mühe sprechen. ‘ «Aber das Ungeheuer, Sandro. Wir sahen alle, wie es dich an der Kehle packte...» Sie begann wieder hysterisch zu weinen und hielt sich an Hero fest, als wolle sie ihn nie mehr loslassen.
    Er beugte sich zu ihr und flüsterte ihr ins Ohr: «Nimm dich zusammen, Hexe.» Das beruhigte sie und half ihr, das Gleichgewicht wiederzufinden. Sie holte tief Atem und wischte sich die Tränen vom Gesicht. Aber sie ließ seinen Arm nicht los, als sie den Graben überquerten und sich zu den anderen begaben.
    Sir Richard und Lord Paradine eilten ihnen entgegen. «Mein Gott, Hero, ist alles in Ordnung?» rief Sir Richard. «Das grausige Gespenst — wir haben es deutlich gesehen!» Lord Paradine fügte hinzu: «Wir hatten schon alle Hoffnung aufgegeben, Hero.» Inzwischen hatte sich die ganze Gesellschaft um ihn versammelt und redete lärmend durcheinander. Doch Hero hörte nicht hin, sondern ging auf Major Wilson zu, der unbeweglich dastand, die schwere Dienstpistole in der herabhängenden Hand. Vivyan Wilson neben ihm preßte die Fäuste an die Schläfen, starrte auf die Pistole und dann auf Hero und flüsterte: «Alexander — oh, Alexander!»
    Hero trat mit Meg vor den Major hin, blickte ihn an und sagte kein Wort. Major Wilson verzog den Mund zu einem Haifischlächeln und sagte: «Tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe. Das erste Mal, daß ich ein richtiges Gespenst gesehen habe. Hat mich ganz aus der Fassung gebracht. Ein richtiges Ungeheuer mit glasigen Augen und einem Elefantenrüssel. War gar nicht darauf gefaßt.»
    Hero blickte ihn nur schweigend an.
    Es blieb dem Major nichts anderes übrig, als weiterzureden. «Sah aus, als hätte es Sie an der Kehle gepackt. Ich glaube zwar nicht an Gespenster, aber beim Zeus, da gab es nichts mehr zu zweifeln. Ich dachte, Ihr letztes Stündlein habe geschlagen — und unseres auch.» Er hielt inne.
    Hero sagte: «Ich habe Sie doch davor gewarnt, auf Gespenster zu schießen. Geben Sie her.» Er streckte die Hand aus.
    Ohne ein Wort reichte ihm der Major die Waffe. Hero nahm das Magazin heraus, schüttete die vier scharfen Patronen und die leere Hülse in die offene Hand und betrachtete sie mit Abscheu. Er fragte: «Verwenden Sie immer Sprengmunition?» Jetzt war ihm klar, warum die Glasscheibe, ganz abgesehen von der Neigung, in tausend Stücke gesprungen war. Er konnte sich auch gut vorstellen, was aus ihm geworden wäre, wenn er sich nicht rechtzeitig auf den Boden geworfen hätte.
    Major Wilson antwortete: «Natürlich», aber seine Stimme klang unsicher. «In Afrika, wo ich herkomme, braucht man eine wirksame Waffe, um sich gegen Angreifer zu schützen.»
    Hero erwiderte nichts darauf. Er schob die Patronen in die Seitentasche seines Smokings und steckte die Pistole in den Hosenbund. Dann drehte er dem Major den Rücken und sagte: «Und nun möchte ich gern hören, was Sie im Wintergarten zu sehen glaubten.»
    Paradine protestierte: «Nicht glaubten — wir sahen es. Ich kann einen Eid darauf ablegen.»
    «Daran ist nicht zu zweifeln», sagte Sir Richard.
    «Gut, aber was?» sagte Hero. «Susan, was war es? Sie behalten doch bei allem einen klaren Kopf.»
    Die junge Amerikanerin war kreideweiß und flüsterte: «Ich habe Angst. Ich kann nicht. Ich habe Angst, ich — ich hab noch nie solche Angst gehabt.» Und dann tonlos: «Ich habe nie geglaubt, daß ich...»
    Dr. Paulson fiel ein: «Ich habe den Kopf nicht verloren, obgleich ich gestehen muß, daß mir die Sache schwer zugesetzt hat. Aber ich bin ja auf Grund meines Berufes gewöhnt, genau zu beobachten.»
    Hero sagte: «Gut, Dr. Paulson. Ich wäre Ihnen sehr verbunden.»
    Dr. Paulson schilderte, was sich von dem Augenblick an zugetragen hatte, als Mrs. Wilson den ersten Schrei ausstieß. Sein Bericht wurde von den anderen unterstützt und ergänzt, wobei Lord Paradine darauf beharrte, daß das Gespenst nicht nur einen

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