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Immer diese Gespenster

Immer diese Gespenster

Titel: Immer diese Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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fänden?»
    Hero dachte über diese etwas atemlose und unzusammenhängende Rede nach und antwortete dann ernst: «Es kommt ganz darauf an, was für ein Mensch man ist und wieviel einem am Bleiben liegt. Möglicherweise hat Miss Marshall ihre guten Gründe, hier auszuharren — gerade weil ihre Anwesenheit nicht überall gern gesehen wird. Sie ist ein ungewöhnlich tapferes Mädchen und läßt sich nicht so leicht beirren, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat.»
    Lady Paradines Stimme klang etwas kühler, als sie sagte: «Ja, gewiß. Es ist sehr peinlich, daß einem Gast so etwas zustoßen mußte.» Sie blickte auf den angefangenen Brief auf dem Schreibtisch und dann wieder zu Hero hinüber und fuhr fort: «Mark ist noch so jung — kaum erwachsen —, und Susan ist sehr schön und so anders als unsere Mädchen. Amerikanerinnen sind so unabhängig und selbständig. Geradezu beängstigend, finden Sie nicht? Tüchtigkeit ist mir ein Greuel.» Dann fügte sie nachdenklich hinzu: «Wahrscheinlich, weil ich selber so wenig tüchtig bin.»
    Hero dachte: Laut aber sagte er: «Ja, das kann sicher beunruhigend sein. Doch ich wollte Sie nicht mit Fragen belästigen, sondern Ihnen ein Anliegen vortragen. Falls es Ihnen nicht zuviel Mühe macht, wäre ich sehr dankbar, wenn Sie meine Schwester Meg einladen wollten.»
    Lady Paradine sagte frostig: «Ihre Schwester, Mr. Hero? Ich verstehe nicht ganz. Vielleicht, daß mein Mann...»
    Mit einem unterdrückten Seufzer entschloß sich Hero, an ihren Snobismus zu appellieren. «Lady Margaret Callandar», sagte er, «die Tochter des Grafen von Heth. Sie ist, genaugenommen, meine Stiefschwester und unterstützt mich gelegentlich bei meiner Arbeit.»
    «Ach so!» sagte Lady Paradine in einem Tonfall, der verriet, daß sie beeindruckt war. «Lady Margaret! Sie ist ja eine Berühmtheit. Und ihre Mutter ist die Gräfin Heth — das habe ich gar nicht gewußt... Ich werde sie selbstverständlich sofort einladen.» Sie nahm ein Blatt Schreibpapier, zögerte dann aber mit einem unmutigen Gesichtsausdruck, der sie alt und verfallen erscheinen ließ. «Ach, ich muß zuerst Isobel fragen, sie ist die einzige, die im Schloß Bescheid weiß und sagen kann, welche Zimmer bereit sind. Sie ist unerhört tüchtig, und ich weiß nicht, was wir ohne sie machen würden. Alle gehen zu Isobel, wenn sie etwas brauchen. Nun, sie hat ja auch keinen anderen Lebensinhalt; sie ist ohne eigene Familie und tut seit undenklichen Zeiten nichts anderes — oder klingt das boshaft?»
    In diesem Augenblick trat Isobel ins Zimmer, ohne vorher anzuklopfen. Ihr silberweißes Haar war straff zurückgekämmt und mit einem schwarzen Band im Nacken zusammengehalten, doch einige Strähnen hingen ihr unordentlich ins Gesicht, und auf der Wange hatte sie einen Schmutzfleck. Auch ihre Hände waren schmutzig. Sie trug ein Paar alte Reithosen, eine blaue Leinenbluse mit offenem Kragen und Schuhe mit flachen Absätzen. Von einem Karabinerhaken hing ein mächtiges Schlüsselbund. «Oh!» sagte Isobel. «Ich wußte nicht, daß du Besuch hast. Ich bin so schmutzig. Ich habe in der Werkstatt gearbeitet.»
    Hero konnte seine Neugier nicht länger bezwingen. «In der Werkstatt?» sagte er.
    Isobel lächelte liebenswürdig, und Hero stellte fest, daß sie trotz der schmutzigen Arbeitskleider viel vornehmer aussah als Lady Paradine in ihrem zartgrünen Morgenkleid. «Liebhaberei einer alten Jungfer», sagte sie. «Manche halten sich Wellensittiche, und ich bevorzuge das Schreinerhandwerk. Ganz nützlich übrigens, denn in einem solchen Hause gibt es immer etwas zu reparieren.»
    «Ich habe Mr. Hero, um seine Sympathie zu gewinnen, eben erzählt, wie tüchtig du bist und wie hilflos ich dagegen bin», sagte Lady Paradine. «Niederträchtig von mir, nicht wahr?»
    Isobel sagte: «Ach, sind wir das nicht alle, meine liebe Enid? Warte nur, bis ich Mr. Hero unter vier Augen spreche. Es tut mir leid, daß ich so hereingeplatzt bin, aber das Fenster im Wintergarten macht mir zu schaffen. Die Arbeiter haben die neue Scheibe zwar gebracht, behaupten aber, sie nicht vor nächster Woche einsetzen zu können — das Einfügen bereite Schwierigkeiten. Sie haben das Glas vor die Öffnung gelehnt, aber es wäre vielleicht richtiger, wenn wir den Wintergarten vorsichtshalber bis auf weiteres abschlössen. Was meinst du dazu?»
    Lady Paradine antwortete gleichgültig: «Ja, wahrscheinlich», und setzte dann in

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