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Immer diese Gespenster

Immer diese Gespenster

Titel: Immer diese Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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plötzlich aufwallendem Zorn hinzu: «Wozu dieses Theater, Isobel? Willst du Mr. Hero Sand in die Augen streuen? Ich habe mich längst damit abgefunden, daß du im Schloß das Zepter schwingst und daß kein Mensch nach meiner Meinung fragt.»
    Isobel sagte ruhig: «Findest du nicht, Enid...?»
    «Daß wir unseren Familienstreit nicht vor Fremden austragen sollten», fuhr Lady Paradine mit einer Bitterkeit fort, die Hero überraschte und ihn an das treffsichere Urteil erinnerte, das seine Stiefschwester über die Familie Paradine abgegeben hatte. «Natürlich sollte ich es nicht tun, aber ich habe es satt, ständig Theater zu spielen. Mach, was du willst!»
    Isobel erwiderte mit sanfter Stimme: «Gut, Enid, es ist ja nicht so wichtig.»
    Lady Paradine beruhigte sich ein wenig und fuhr beherrschter fort: «Ich werde Mr. Heros Stiefschwester, Lady Margaret Callandar, einladen, doch ich habe ihm gesagt, daß du besser Bescheid weißt als ich, welche Zimmer in Ordnung sind.»
    Isobel, die durch Lady Paradines Wutausbruch nicht im geringsten aufgeregt schien, sagte beinahe herzlich: «Oh, Meg Callandar — ich wußte nicht, daß sie Ihre Schwester ist. Sie besuchte uns einmal mit ihrem Vater, als mein Vater noch lebte. Ich würde mich sehr freuen, sie wiederzusehen. Damals war sie ein mageres, langbeiniges Schuldmädchen, doch jetzt ist sie eine Schönheit.»
    Hero war erstaunt über dieses Urteil. Für ihn war Meg ganz einfach Meg und in zärtlicheren Augenblicken .
    Isobel fuhr fort: «Ich finde es ganz reizend, daß sie kommt. Die Stuart-Suite kann sofort bereitgemacht werden.»
    Lady Paradine bedeutete mit einer Handbewegung:     «Möchten Sie die Zimmer Ihrer Schwester sehen?» begann Isobel.
    Hero sagte: «Nein, danke. Aber Ihres würde ich gern besichtigen, wenn es Ihnen nichts ausmacht, und vielleicht auch das Musikzimmer, wo die Harfe spielt.»
    Sie betraten zusammen das freundliche, sonnige Zimmer, wo die goldene Konzertharfe auf ihrem angestammten Platz am Fenster stand, das den Stoke-Fluß überblickte.
    Hero sagte: «Ich bin bereits einmal mit Miss Marshall hier gewesen, doch möchte ich Sie gern einiges fragen.»
    Das Zimmer schien unverändert, seit er es mit Susan besichtigt hatte. Isobel nahm seine Erklärung schweigend auf, stützte sich mit dem Ellbogen auf die polierte Ebenholzfläche des Flügels und schaute Hero zu, während er die Harfe untersuchte. Er schaukelte das Instrument auf dem Fuß, setzte sich auf den Stuhl davor und zog es nach Art eines Harfenisten zu sich heran, prüfte die Wirbel, Saiten, Pedale, beklopfte den Rahmen und betrachtete es schließlich grüblerisch, indem er an der Unterlippe zupfte und den Kopf schüttelte. Er konnte beim besten Willen nichts Ungewöhnliches an der Harfe entdecken.
    Isobel sagte: «Wir haben offenbar ganz verschiedene Ansichten, Mr. Hero; Sie glauben, daß die Harfe von Menschenhand gespielt wurde, und ich, daß da andere Kräfte am Werk waren.» •
    «Sie irren sich, Miss Paradine», sagte Hero. «Wenn ich eine Untersuchung durchführe, habe ich keinerlei vorgefaßte Meinungen, sondern stütze mich ausschließlich auf das Beweismaterial. Ich diesem Fall steht eindeutig fest, daß es sich um eine erstklassige Harfe handelt, die richtig gestimmt und sehr gut instand gehalten ist. Ich finde nichts, was darauf hindeutet, daß daran herumgepfuscht worden ist. Infolgedessen hätte sie nicht erklingen dürfen, es sei denn, daß es jemand gelungen wäre, in dieses Zimmer einzudringen und an den Saiten zu zupfen.»
    Isobel seufzte, nickte und sagte ernst: «Und doch hat sie gespielt.»
    «Wollen Sie mir davon erzählen?» bat Hero.
    Isobel sagte: «Ich glaube, mein Bruder wüßte da besser Bescheid, denn er war in jener Nacht als erster zur Stelle.»
    «Lord Paradine ist bereits so freundlich gewesen, mir seine Darstellung der Ereignisse zu geben. Nun würde ich gern die Ihre hören.»
    Isobels Lächeln enthielt etwas von der sanftmütigen Geduld der Hochgeborenen und Beschützten, wenn sie mit Zynismus und Argwohn in Berührung kommen. Sie sagte: «Es war in der Nacht — ich hörte die Harfe spielen ich konnte mir nicht vorstellen...»
    «Wo befanden Sie sich, als Sie sie hörten?» fragte Hero.
    «In meinem Zimmer.»
    «Waren Sie wach, oder schliefen Sie? Das heißt, wurden Sie von der Musik geweckt?»
    «Ich war bereits wach — ich schlafe

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