seit jener Nacht nicht sehr gut...»
«Ja», meinte Hero verständnisvoll. «Das kann man verstehen. War Ihre Tür offen oder verschlossen?»
Isobel runzelte leicht die Stirn, und Hero war nicht sicher, ob die Anstrengung der Erinnerung oder der beginnende Ärger über seine zudringlichen Fragen die Ursache war. Isobel sagte: «Verschlossen — nein, offen — nein; es tut mir leid, aber ich weiß es nicht mehr.»
«Doch Sie hörten die Musik deutlich?»
«Ja.»
«Erkannten Sie die Melodie?»
«Ja. Es war Greves
.»
«Aha! Sie kennen sie wohl sehr gut?»
«Meine Mutter spielte sie oft.»
«War Ihr erster Gedanke, es könnte vielleicht — Ihre Frau Mutter sein, die zurückgekehrt war?»
«Nein. Ich lag starr vor Entsetzen da und dachte an die Nonne, die Harfe und das Unheil, das den Paradines droht, wenn beides zusammentrifft.»
Hero war überrascht: Die prosaische, tüchtige Herrin von Paradine Hall hatte sich mit einemmal in eine unheilverkündende Norne verwandelt. Nicht nur ihr Gesicht, der ganze Ausdruck ihrer schlanken Gestalt war verändert.
«Unglück verfolgt jene, denen die Nonne erscheint», fuhr Isobel fort. «Unglück droht diesem Haus.»
Hero dachte für sich: War dies ihre aufrichtige Überzeugung, oder tat sie nur so? Laut sagte er: «Sie glauben daran, nicht wahr?»
Isobels Blick war offen und ohne Falsch. «Ja», sagte sie mit schlichter Würde, «ich bin eine Paradine.»
Hero nahm den Faden ihres Berichtes wieder auf. «Sie lagen also da und lauschten. Was geschah dann?»
«Ich hörte meinen Bruder rufen: «Ist das Zimmer für gewöhnlich zugeschlossen?»
«Manchmal, besonders wenn Kinder im Hause sind. Wir sehen es nicht gern, wenn sie es betreten. Doch bin ich fest überzeugt, daß es in jener Nacht nicht zugeschlossen war. Der Stimmer war eben dagewesen. Als ich John nach dem Schlüssel rufen hörte, erhob ich mich, ging zur Tür und lauschte. Die Harfe spielte immer noch. Dann begab ich mich in den Anrichteraum hinunter und holte meinen Schlüssel für den Fall, daß Enid den ihren nicht finden sollte. Sie hat von allen Schlüsseln ein Doppel.»
«Wie kam es, daß der Schlüssel im Anrichteraum war?» fragte Hero.
«Ich hatte am Abend zuvor mein ganzes Bund dort liegenlassen.»
Hero nickte. «Aber Lady Paradine war vor Ihnen da?»
«Ja. Als ich hinkam, war die Tür bereits offen. Enid und mein Bruder befanden sich im Zimmer, und alle Lampen brannten. John stand neben der Harfe und starrte sie an. Er war ganz aufgeregt. Als ich eintrat, sagte er: So ähnlich drückte er sich aus.»
Hero fragte: «Und was sagte Lady Paradine dazu?»
Isobel antwortete: «Enid sagte: »
Als sie ihren Bericht beendet hatte, schwieg Hero in Gedanken verloren. Dann sagte er: «Ich danke Ihnen.»
Isobel blickte ihn eindringlich an und sagte: «Mein Bruder hat Sie beauftragt, die Sache zu untersuchen, und ich habe seinen Entschluß gutgeheißen; aber ich möchte Ihnen doch sagen, daß Sie keinen Erfolg haben werden und Ihre Arbeit umsonst sein wird. In Schloß Paradine Hall spukt es seit der Zeit des dritten Lord Paradine. Die Nonne hat sich seither in jedem Jahrhundert gezeigt.»
«Ich würde meinen rechten Arm hergeben, um die Harfe spielen zu hören oder die Nonne zu sehen.»
Isobel erwiderte düster: «Das möchte ich Ihnen nicht wünschen.»
Hero nickte flüchtig und sagte: «Dürfte ich jetzt Ihr Zimmer sehen? Soviel ich gehört habe, nahmen die Erscheinungen dort ihren Anfang.»
«Selbstverständlich», sagte Isobel. «Kommen Sie, ich führe Sie hin.» Sie war wieder ganz sie selbst, und es haftete ihr nichts Nornenähnliches mehr an.
Sie gingen hinaus, und Isobel schloß die Tür nicht ab. Hero fragte sich, wie lange sie wohl unverschlossen bleiben würde.
Als er über die Schwelle in Isobels Zimmer trat, hatte Hero das Gefühl, daß Fremde selten oder nie in dieses Heiligtum hineindurften, und fragte sie, warum sie es ihm gestattete, besonders da sie nicht an einen Erfolg seiner Mission glaubte. Dann dachte er:
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